Kretschmer über Asylbewerber Falsche Zahl zu Ausreisepflichtigen
Sachsens Ministerpräsident Kretschmer hat eine Aussage über ausreisepflichtige Asylbewerber korrigieren müssen. Im Netz verbreiten sich die falschen Zahlen dennoch.
Von Patrick Gensing, ARD-faktenfinder
Im "Tagesspiegel" hat Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer eine falsche Zahl über ausreisepflichtige Asylbewerber genannt, um eine härtere Gangart in der Flüchtlingspolitik zu fordern. Der CDU-Politiker hatte behauptet, in Sachsen lebten derzeit rund 24.000 Asylbewerber, davon sei jeder zweite (11.700) ausreisepflichtig. Diese Zahl ist nicht korrekt.
Kretschmer selbst korrigierte seine Angaben noch am Sonntag. Zwar stimme es, dass es "derzeit insgesamt 11.750 vollziehbar ausreisepflichtige Personen" gebe, die in Sachsen leben, erklärte die Dresdner Staatskanzlei. "Allerdings bezieht sich diese Zahl nicht ausschließlich auf Asylbewerber."
Zu den Ausreisepflichtigen gehörten "auch andere Ausländer ohne Aufenthaltstitel", die das Bundesgebiet verlassen müssten. Dazu zählt man etwa Erwerbstätige oder Studenten mit abgelaufenen Visa oder Ausländer, die keine Aufenthaltstitel haben und keinen Asylantrag stellen oder Familienmitglieder von Asylbewerbern.
Die meisten mit Duldung
Allerdings muss noch weiter differenziert werden: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bestätigte auf Anfrage des ARD-faktenfinder, dass in Sachsen zum Stichtag 30. Juni insgesamt 11.770 Personen ausreisepflichtig gewesen seien. Davon hätten aber fast 9000 Personen eine Duldung. Ausreisepflichtig ohne Duldung waren demnach 2857.
Duldung bedeutet nach § 60a des Aufenthaltsgesetztes eine "Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung", die Ausreisepflicht bleibt jedoch bestehen.
Zudem fragt die Linkspartei im Bundestag regelmäßig, wie viele Asylbewerber in Deutschland leben. Laut Antwort der Bundesregierung gab es zum Stichtag 30. Juni in Sachsen 1294 ausreisepflichtige Personen, deren Asylantrag abgelehnt wurden und die nicht geduldet werden. Bundesweit waren es 27.373 Personen.
Zahlen werden weiterverbreitet
Im Netz wurde Kretschmers falsche Aussage über ausreisepflichtige Asylbewerber weiterverbreitet - ohne Korrektur. Diese Zahlen erklärten vielleicht, warum immer mehr Bürger in Sachsen wütend seien, heißt es auf einer bekannten rechtsradikalen Internet-Seite. Viele Kommentatoren zeigen sich empört.
Kretschmer korrigierte zwar seine Aussage, bekräftigte aber gleichzeitig seine Forderung nach mehr Abschiebungen. "Die Zahl der Duldungen ist viel zu hoch", sagte der Ministerpräsident dem "Tagesspiegel". Und weiter: "Dafür gibt es keine Akzeptanz in der Bevölkerung."
Asylbewerber selten ausreisepflichtig
Dass die von Kretschmer zunächst genannte Zahl von 11.700 ausreisepflichtigen Asylbewerbern allein in Sachsen sehr hoch erscheint, zeigt ein Blick auf eine Antwort der Bundesregierung aus dem Mai.
Demnach waren Ende März von den rund 1,68 Millionen Ausländern, die seit 2013 eingereist waren und Asylantrag gestellt hatten, genau 24.212 "vollziehbar ausreisepflichtig". Die meisten von ihnen stammen aus Albanien, Serbien, dem Kosovo, Mazedonien, Russland und Bosnien-Herzegowina.