Indien und Pakistan Propagandaschlacht um Kaschmir
In dem Konflikt zwischen Indien und Pakistan kursieren zahlreiche falsche Videos und Bilder. Beide Seiten behaupten, erfolgreiche militärische Operationen durchgeführt zu haben. Doch viele vermeintliche Belege sind falsch.
Von Patrick Gensing, ARD-faktenfinder
Kaschmir liegt im Norden des indischen Subkontinents im nordwestlichen Himalaya und südlichen Karakorum. Die Region ist seit mehr als 70 Jahren geteilt. Mehrere Kriege haben die verfeindeten Atommächte Indien und Pakistan um Kaschmir geführt. Nun droht ein weiterer bewaffneter Konflikt.
Indien meldete einen Luftangriff auf ein mutmaßliches Terrorcamp in Pakistan, als Reaktion auf einen Selbstmordanschlag in Kaschmir vor knapp zwei Wochen, bei dem mehr als 40 indische Sicherheitskräfte getötet worden waren. Die Regierung in Islamabad behauptet nun ihrerseits, zwei Kampfjets der indischen Luftwaffe abgeschossen zu haben.
Was tatsächlich in den vergangenen Tagen passiert ist, geht in einer Flut von Falschmeldungen und gegenseitigen Vorwürfen unter.
Indiens Angriff
Am Dienstag hatten indische MiG-21-Kampfjets ein mutmaßliches Trainingscamp der Terrororganisation Jaish-e-Mohammed nahe der Stadt Balakot im pakistanischen Teil Kaschmirs angegriffen. Dabei sollen zahlreiche Kämpfer getötet worden sein, teilte Indien mit. Einige Quellen sprachen von 350 getöteten Kämpfern.
Pakistan bestritt jegliche Schäden. Ein Armeesprecher veröffentlichte Fotos, die dies belegen sollten. Ob diese allerdings wirklich den Ort des Angriffs zeigen, lässt sich nicht überprüfen.
In sozialen Netzwerken werden zudem Videos verbreitet, die den Einsatz der Kampfjets zeigen sollen. Dabei handelt es sich allerdings um Aufnahmen, die aus dem Jahr 2014 stammen, wie die Nachrichtenagentur AFP recherchierte.
Pakistans angeblicher Abschuss
Pakistan meldete am Mittwoch den Abschuss von zwei indischen Kampfjets in seinem Luftraum. Armeesprecher Asif Ghafoor erklärte zudem, zwei indische Piloten seien festgenommen worden. "Die heutige Aktion war ein Akt der Selbstverteidigung. Wir wollen keinerlei Sieg deklarieren."
Indien bestritt zunächst den Verlust von Kampfjets. Nach indischen Medienberichten wurden vielmehr pakistanische Kampfflieger zurückgedrängt, die in den indischen Luftraum eingedrungen seien. Ein F-16-Jet sei abgeschossen worden und wenige Kilometer von der Grenze entfernt auf pakistanischem Gebiet abgestürzt. Auch dafür liegen keine Belege vor. Mittlerweile räumte Indien ein, dass ein Kampfjet vermisst werde.
Helikopter, kein Kampfjet
International wurden in Medien Bilder gezeigt, die einen abgeschossenen Kampfjet zeigen sollen. Tatsächlich handelt es sich aber offenkundig um einen Helikopter. So sind zerstörte Rotorblätter zu erkennen sowie auf dem Rumpf die Beschriftung ZP, was mit Aufnahmen von dem Mi-17-Helikopter der indischen Luftwaffe zusammenpasst. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete ebenfalls, es habe sich laut einem Augenzeuge um einen Mi-17-Helikopter gehandelt.
Auf dem Wrack sind die Buchstaben ZP zu lesen.
Screenshot von einem Video, das den Helikopter zeigt. (Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=E97INKBDhE8 )
Indien räumte auch den Absturz eines Helikopters ein, die Ursache werde nun untersucht.
Tanzende Soldaten und ein Videospiel
Zudem kursieren viele weitere Bilder und Videos in dem Propagandakrieg zwischen Indien und Pakistan. So wurde ein altes Video in sozialen Netzwerken verbreitet, das tanzende Soldaten zeigt. Es wird behauptet, diese feierten den Angriff auf Pakistan. Tatsächlich ist das Video aber bereits mindestens seit März 2018 online.
Ebenfalls eine Fälschung ist eine Aufnahme, die angeblich den indischen Angriff auf das Terrocamp zeigt. Tatsächlich handelt es sich um Material aus einem Videospiel aus dem Jahr 2015.
Indien hat ohnehin massive Probleme mit Fake News, WhatsApp schränkte auf Drängen der Regierung die Funktion zur Weiterleitung ein. Doch die Wirkung sei begrenzt, sagt Pratik Sinha, der Gründer der indischen Faktenchecker-Webseite "altnews". Er wirft der Politik vor, Teil des Problems zu sein: "Selbst Parlamentsmitglieder verbreiten falsche Informationen. Und das kann WhatsApp nicht lösen, indem es ein paar Anwendungen ändert."