Letzter Tag für das 9-Euro-Ticket Schluss mit günstigem Nahverkehr
Nach drei Monaten läuft das 9-Euro-Ticket für den Nahverkehr aus. Angesichts steigender Energiepreise wollen Verkehrsbetriebe zudem die Preise erhöhen. Verkehrsminister Wissing kündigte nun ein Nachfolgeangebot an - bleibt aber vage.
Die Nachfrage war groß und nun endet es dennoch: Nach rund 52 Millionen verkauften 9-Euro-Tickets läuft das Angebot in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag aus. Die Bundesregierung hatte die preiswerte Fahrkarte für drei Monate eingeführt, um Bürgerinnen und Bürger angesichts hoher Energiepreise vorübergehend zu entlasten. Der Bund hatte die Aktion mit 2,5 Milliarden Euro finanziert.
Vom 1. September an werden damit für Abo- und Monatskarten wieder die alten, meist deutlich höheren Preise fällig. In naher Zukunft drohen zudem weitere Erhöhungen: Hohe Kosten für Strom und Diesel belasten auch viele Verkehrsunternehmen - und dürften in vielen Fällen auf die Fahrpreise durchschlagen. In manchen Regionen sind Aufschläge von drei, vier oder knapp fünf Prozent bereits beschlossene Sache.
Knackpunkt Finanzierung
Derweil ist die Diskussion über eine Nachfolgeregelung für das günstige Ticket in vollem Gange. Die meisten Ideen beziehen sich auf die Höhe des Preises eines künftigen Monatstickets: Von 9 bis 69 Euro sind inzwischen zahlreiche Vorschläge gemacht worden. Die Bundes-SPD etwa hat ein bundesweites 49-Euro-Ticket ins Spiel gebracht, die Grünen wollen das um ein regionales Monatsticket für 29 Euro ergänzen. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) wiederum hatte sich für ein 69-Euro-Ticket ausgesprochen.
Knackpunkt ist aber weniger der Preis als die Finanzierung: Denn die Länder fordern vor allem eine Verbesserung des Grundangebots im Nahverkehr: mehr Infrastruktur, mehr Personal, mehr Fahrzeuge. Und dafür braucht es: mehr Geld.
Länder fordern mehr Geld
Bei der Finanzierungsfrage schieben sich Bund und Länder seit Wochen die Verantwortung zu. Aus Sicht der Länder ist klar: Einfach ein weiteres billiges ÖPNV-Ticket darf es nicht geben. Auch das Grundangebot im Nahverkehr muss verbessert werden: Mehr Infrastruktur, mehr Personal, mehr Fahrzeuge. Sie fordern deshalb, dass die Regierung die sogenannten Regionalisierungsmittel deutlich aufstockt, mit der der Bund den ÖPNV in den Ländern und Kommunen mitfinanziert.
Zusätzlich zu der bislang schon geforderten Erhöhung um 1,5 Milliarden Euro pro Jahr wollen die Verkehrsministerinnen und -minister mit Verweis auf die hohen Energiepreise für die Jahre 2022 und 2023 jeweils weitere 1,65 Milliarden Euro. Andernfalls müssten die Unternehmen die Preise im ÖPNV bald erhöhen - anstatt eines günstigeren Angebots für Busse und Bahnen würden die Fahrten teurer.
Wissing kündigt Nachfolgemodell an
Bundesverkehrsminister Volker Wissing kündigte nun eine Nachfolgeregelung für das 9-Euro-Ticket angekündigt. Er habe Finanzminister Christian Lindner (FDP) davon überzeugt, dass es ein weiteres, moderneres Ticket geben müsse "und deswegen werden wir uns dafür einsetzen, dass es nicht wieder zum Rückfall in die alten Tarifstrukturen kommt, so wie jetzt kurzfristig zum 1. September", sagt der FDP-Politiker im Deutschlandfunk.
Er sei sich mit Lindner einig, dass es keinen kostenlosen ÖPNV geben könne, da dieser permanent weiterentwickelt werden müsse. "Aber natürlich muss die Preisgestaltung am Ende attraktiv sein", betonte Wissing. Dafür werde der Finanzminister auch nochmal in die Kasse greifen. Allerdings müssten auch die Länder ihren Beitrag leisten. Wissing machte keine Angaben zum Zeitpunkt der Einführung einer neuen Ticketstruktur.
Verbraucherschützer fordern schnelle Nachfolge
Die Verbraucherzentralen haben das vorerst ersatzlose Ende des 9-Euro-Tickets für Busse und Bahnen kritisiert. Die Chefin des Bundesverbands (vzbv), Ramona Pop, sagte der Nachrichtenagentur dpa, es nun sang- und klanglos auslaufen zu lassen, sei für Verbraucherinnen und Verbraucher die denkbar schlechteste Nachricht. "Das Ticket hat laut Untersuchungen die Inflation gedämpft, Energie eingespart, Geldbeutel und Klima entlastet und einen Impuls für die dringend nötige Verkehrswende gegeben."
Verbraucherschützerin Pop warnte, das Ende des 9-Euro-Tickets führe jetzt zu einer absurden Situation: "Erst hat die Politik die Leute mit einem günstigen ÖPNV-Ticket angelockt. Nun werden sie mit Preiserhöhungen abgeschreckt - schließlich haben einige Verkehrsbetriebe bereits deutliche Preiserhöhungen angekündigt."
Die vzbv-Chefin forderte: "Die Bundesregierung muss aufhören zu streiten und ein dauerhaft günstiges ÖPNV-Ticket auf den Weg bringen." Sie warb für den Vorschlag eines 29-Euro-Monatstickets, das eine wichtige Entlastungsmaßnahme wäre. Schon jetzt könnten sich viele Menschen mit geringem Einkommen keinen eigenen Pkw leisten, für manche sei selbst der ÖPNV zu teuer. Die Zahlen dürften sich angesichts der aktuellen Energiepreiskrise noch verschärfen.