Medienagentur sorgte für Aufsehen Die umstrittenen AfD-Wahlkampfhelfer
Die AfD wird im Wahlkampf auch mit einer umstrittenen Medienagentur zusammenarbeiten. Die sorgte mit einem rassistischen KI-Video für Aufsehen. Für Spitzenkandidatin Weidel könnte das zum Problem werden.
Es war der "Sommerhit" in extrem rechten Kreisen: der Atzen-Party-Hit "Hey, was geht ab, wir feiern die ganze Nacht" mit neuem Text - "Hey, das geht ab, wir schieben sie alle ab." Im Video dazu tanzen KI-generierte blonde Stewardessen, schneidige Kapitäne lachen, Menschen mit Migrationshintergrund besteigen ein Abschiebeflugzeug. Verbreitet wurden diese Szenen in einem rassistischen Video der AfD-Jugendorganisation.
Auch bei der Wahlparty der AfD nach der Landtagswahl in Brandenburg wurde der Song gegrölt. Verantwortlich dafür: die Medienagentur Tannwald, deren Gründer und Geschäftsführer der Rechtsextremist Alexander Kleine ist.
In den sozialen Netzwerken prahlt die Agentur mit ihren AfD-Aufträgen: Es sei "ganz besonders wild" gewesen. Und frohlockt: "Die nächsten Herzensprojekte liegen schon vor uns." Ein solches Projekt könnte die AfD-Kampagne zur Bundestagswahl sein. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios hat sich der Bundesvorstand der AfD darauf geeinigt, Tannwald den Zuschlag für Social-Media-Aktionen der Partei zu erteilen.
Abschieben als Online-Spiel
Was die Agentur konkret plant, ist noch nicht bekannt. Allerdings sorgte Tannwald nicht nur mit dem KI-generierten Video für Aufsehen, sondern auch mit einem Online-Spiel. Darin soll der Nutzer "Gleichgesinnte" rekrutieren, Migranten abschieben und Regenbogenflaggen durch Deutschlandflaggen ersetzen. Man kann sich also ausmalen, was zu erwarten ist von der Agentur.
Die Hauptkampagne soll von der Agentur "Republic Relations" entwickelt werden, die bereits Erfahrung mit dem Bundeswahlkampf 2021 hat. Damals lautete der Slogan: "Deutschland. Aber normal." Wie man hört, steht der Slogan für den Bundeswahlkampf 2024 bereits fest. Er soll Anfang Dezember zusammen mit der Vorstellung der Kanzlerkandidatin Alice Weidel präsentiert werden.
Wirtschaft, Energie und Migration sollen die zentralen Themen des Wahlkampfs sein. Der Begriff "Remigration" dürfte zumindest bei einigen Landesverbänden und einzelnen Mitgliedern immer wieder eine Rolle spielen, wie sich am Wochenende zeigte. Auf ihrem Landesparteitag in Greding beschloss die bayerische AfD mit großer Mehrheit eine "Bayerische Resolution für Remigration", die massenhafte Abschiebungen von Ausländern in ihre Herkunftsländer fordert.
Maximilian Krah plant Comeback
Auch Maximilian Krah, bekannt für seine Alleingänge, lancierte vergangene Woche ein "Remigrationsvideo" in einem Barbershop. Darin diskutiert er mit einem Barbier mit Migrationshintergrund. Auf die Frage, ob Krah wolle, dass alle verschwinden, antwortet er: "Es gibt Leute, die müssen raus." Das Video wurde bei TikTok bereits über eine Million Mal geklickt.
Sollte die Parteispitze gehofft haben, Krah werde an Bedeutung verlieren, nachdem sie ihn zur Seite geräumt hatte, hat sie sich getäuscht. Krah war bei der Parteiführung in Ungnade gefallen, nachdem er im Europawahlkampf früher im Jahr in einer italienischen Zeitung als relativierend wahrgenommene Äußerungen zur nationalsozialistischen SS gemacht hatte. Zusätzlich gibt es Ermittlungen gegen einen Ex-Mitarbeiter wegen mutmaßlicher Spionage für China. In Folge dessen wurde Krah nicht Teil der AfD-Delegation im Europaparlament.
Nun aber plant er offenbar ein Comeback. Er will in den Bundestag. Das Gerücht gibt es schon seit Wochen. Aktuell gebe es Gespräche mit verschiedenen AfD-Kreisvorsitzenden, bestätigte Krah dem ARD-Hauptstadtstudio.
Probleme für Weidels Strategie
Für Parteichefin Alice Weidel käme Krahs Rückkehr ungelegen. Die künftige Kanzlerkandidatin der Partei möchte im Wahlkampf ein gemäßigteres Bild der AfD zeichnen, um Wähler im bürgerlichen Spektrum zu erreichen. In einem kürzlich im neurechten Magazin CATO veröffentlichten Interview erklärte Weidel: "Das AfD-Programm ist nicht rechts." Diese Aussage stieß jedoch nicht überall in der Partei auf Zustimmung. Viele betrachten den Kurs skeptisch.
Krah beispielsweise betont immer wieder bewusst: "Echte Männer sind rechts." Er dürfte sich wenig um Weidels strategische Bemühungen scheren, die Partei ähnlich auszurichten, wie Giorgia Meloni das in Italien und Marine Le Pen in Frankreich mit ihren Parteien getan haben.
Kommt auch Höcke in den Bundestag?
Im Bundestag könnte Krah zudem Gesellschaft von Björn Höcke bekommen. Denn auch der thüringische AfD-Chef erwägt offenbar eine Kandidatur. Zwar hat er bereits bei vergangenen Wahlen damit kokettiert, bisher aber immer wieder zurückgezogen. Doch inzwischen mehren sich in der AfD Stimmen, die gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio sagen: "Dieses Mal sei es ernster." Offiziell möchte allerdings niemand zitiert werden.
Eine endgültige Entscheidung über die Höcke-Frage ist noch nicht gefallen. Trotzdem wächst die Nervosität. Wenn Höcke nämlich tatsächlich Teil der Bundestagsfraktion würde, könnte er viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen und die Fraktion spalten. Und ob er angesichts der großen Konkurrenz in der Fraktion an Bedeutung verlöre - wie das manche in der Partei vermuten, vielleicht hoffen - ist keineswegs ausgemacht.
Tino Chrupalla und Alice Weidel dürften sich jedenfalls kaum freuen. Sie könnten das Gefühl bekommen, dass jemand an ihrem Stuhl sägt.
Anmerkung der Redaktion: Eine von der AfD beauftragte Anwaltskanzlei hat sich inzwischen zu dem Artikel gemeldet. Dass die Medienagentur Tannwald eine Rolle im Bundestagswahlkampf spielen soll, wird in dem Schreiben nicht bestritten. Tannwald solle aber, so die Kanzlei, lediglich die von der Agentur Republic Relations entwickelten Konzepte umsetzen und für den Bereich "soziale Medien ergänzend eingespannt werden".