Aiwanger-Berichterstattung Presserat weist Beschwerden gegen SZ zurück
Ein antisemitisches Flugblatt aus der Jugend von Freie-Wähler-Chef Aiwanger sorgte im August für Schlagzeilen. Nun hat der Presserat entschieden: Die Artikel der "Süddeutschen Zeitung" waren gerechtfertigt - es bestand öffentliches Interesse.
Der Deutsche Presserat hat nach einer Reihe von Beschwerden gegen die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) wegen deren Berichterstattung über die Flugblattaffäre des stellvertretenden bayrischen Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger der Redaktion den Rücken gestärkt. Das Selbstkontrollorgan der Presse teilte mit, man habe die Beschwerden zur Verdachtsberichterstattung als unbegründet zurückgewiesen.
Die "Süddeutsche Zeitung" hatte im August und damit wenige Wochen vor der Landtagswahl in Bayern die Flugblattaffäre ins Rollen gebracht. Dabei geht es um ein antisemitisches und menschenverachtendes Flugblatt, das bei Freie-Wähler-Chef Aiwanger zu Schulzeiten gefunden worden war. Aiwanger geriet in der Affäre massiv unter Druck. Er selbst sprach von einer gezielten Kampagne gegen sich. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) entschied sich damals gegen Aiwangers Entlassung aus dem Kabinett. Die "Süddeutsche Zeitung" trat der Kampagnen-Kritik Aiwangers mehrmals entgegen.
18 Beschwerden an den Presserat
Den Presserat erreichten Einzelbeschwerden und er schob eine Prüfung an. Es ging bei den 18 Beschwerden unter anderem um die Frage, ob die Redaktion die Regeln der journalistischen Sorgfalt einhielt. Das Gremium teilte nun zu seiner Entscheidung mit: "An dem veröffentlichten Verdacht, Aiwanger habe in seiner Jugend ein antisemitisches Flugblatt verfasst, bestand ein erhebliches öffentliches Interesse. Die Vorwürfe standen in eklatantem Widerspruch zu Aiwangers Ämtern als Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident Bayerns."
Zwar habe der geschilderte Vorgang bereits 35 Jahre zurückgelegen und Aiwanger sei damals noch nicht volljährig gewesen. Die Vorwürfe seien jedoch so gravierend gewesen, dass darüber berichtet werden durfte, ohne seinen Persönlichkeitsschutz zu verletzen.
Der Rat ist die freiwillige Selbstkontrolle der deutschen Printmedien und ihrer Online-Auftritte. Anhand von Beschwerden überprüft er die Einhaltung von ethischen Regeln im Journalismus - der Pressekodex des Rats bildet diese ab. Der Rat kann zum Beispiel Rügen aussprechen. Die betroffenen Medien sind dann angehalten, diese in ihren Zeitungen zu veröffentlichen.
Vorverurteilung habe nicht stattgefunden
Der Presserat sah auch keinen Handlungsbedarf in der Frage, ob die Redaktion die Sorgfaltspflicht verletzt haben könnte, weil sie den Sachverhalt schrittweise in aufeinanderfolgenden Artikeln offenlegte. "Dieses Vorgehen war unter presseethischen Gesichtspunkten jedoch nicht zu beanstanden, weil der Redaktion von Anfang an hinreichende Anhaltspunkte für den geäußerten Verdacht vorlagen", hieß es vom Presserat.
Auch eine Vorverurteilung habe nicht vorgelegen. Die Vorwürfe seien korrekt als solche und nicht als Tatsachen bezeichnet worden. Zudem sei dem Betroffenen ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Auch seien entlastende Stimmen zu Wort gekommen.