Urteil des Bundesgerichtshofs Antisemitisches Relief darf bleiben
Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Das als "Judensau" bekannte Relief an der Wittenberger Stadtkirche darf bleiben. Die Kirche habe sich durch einen Aufsteller und einen Erklärtext an der Plastik erfolgreich von deren Inhalt distanziert.
Die als "Judensau" bekannte Schmähplastik an der Wittenberger Stadtkirche darf an ihrem Standort bleiben. Der Bundesgerichtshof wies die Klage gegen das vorinstanzliche Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg ab. Der Kläger - ein Mitglied der jüdischen Gemeinde, das sich und das Judentum durch das Relief diffamiert sieht - könne nicht die Entfernung verlangen, weil es an einer "gegenwärtigen Rechtsverletzung" fehle. Das sagte der Vorsitzende Richter Stephan Seiters des VI. Zivilsenats zur Begründung.
Die beklagte Kirche habe den ursprünglich rechtsverletzenden Zustand der Plastik durch eine Bodenplatte und einen Aufsteller mit einem Erklärtext beseitigt. Damit habe sie sich bei der Gesamtbetrachtung des Reliefs erfolgreich von dessen Inhalt distanziert.
Kläger hätte Relief lieber in Museum gesehen
Das Sandsteinrelief von 1290 zeigt in vier Metern Höhe eine Sau, an deren Zitzen zwei Menschen trinken, die Juden darstellen sollen. Ein Rabbiner blickt dem Tier unter den Schwanz und in den After. Im Judentum gilt ein Schwein als unrein. Die "Judensau" gehört deshalb nach Ansicht des Klägers in ein Museum.
Zuvor hatten bereits die Richter in Naumburg entschieden, dass das Relief nicht beseitigt werden muss, weil es seit 1988 in ein Gedenkensemble eingebunden sei. Auf einem Mahnmal befindet sich unter anderem ein Erklärtext, in dem sich die Gemeinde von der Skulptur distanziert.