Ein Davidstern in einem Fenster der Synagoge in Schwerin.

Kriminalstatistik Antisemitische Straftaten auch 2024 auf hohem Niveau

Stand: 05.02.2025 16:39 Uhr

Mehr als 5.000 antisemitische Straftaten haben die Behörden 2024 laut einer vorläufigen Statistik registriert. Der Antisemitismusbeauftragte warnt vor einer Normalisierung von Judenhass "in allen Teilen unserer Gesellschaft".

Die Zahl antisemitischer Straftaten ist nach einer vorläufigen Statistik auch 2024 auf einem hohen Niveau geblieben. Das ist das Ergebnis einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Petra Pau im Bundestag.  

Demnach registrierte die Polizei im Jahr 2024 bislang 5.177 Straftaten, bei denen ein antisemitisches Motiv vermutet wird. Die vorläufigen Zahlen dürften aufgrund von Nachmeldungen im vierten Quartal noch etwas steigen. Vorerst liegt die Zahl für die Monate Oktober, November und Dezember bei 671.

Mehr Antisemitismus seit Hamas-Überfall

Die Linken-Politikerin und Bundestagsvizepräsidentin Pau bezeichnete die Zahlen als alarmierend. "Sie zeigen, dass sich das hohe Niveau antisemitischer Vorfälle aus dem Jahr 2023 fortgesetzt hat." Pau fragt die Zahlen seit Jahren regelmäßig ab. 

Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 und dem Krieg im palästinensischen Gazastreifen nahm der Hass gegen Jüdinnen und Juden deutlich zu. 2022 lag die Zahl der erfassten antisemitischen Delikte noch bei 2.641 Straftaten. 2023 waren es mit Nachmeldungen bundesweit 5.671 - und damit mehr als doppelt so viele. 

Taten meist aus dem rechtem Spektrum

Nach den vorläufigen Zahlen ohne Nachmeldungen aus dem vierten Quartal gehören die meisten der registrierten Straftaten zur Sparte "politisch motivierte Kriminalität rechts". Insgesamt 1.165 werden hier zugeordnet - darunter 29 Gewalttaten. "Dies zeigt deutlich, dass antisemitische Ideologien weiterhin tief in rechtsextremen Strukturen verankert sind und in bedrohlicher Weise zunehmen", mahnte Pau. 

Weitere 926 Straftaten gehören nach Angaben des Ministeriums zur Sparte "ausländische Ideologie", davon ebenfalls 29 Gewalttaten. Darunter fallen etwa Islamisten. Für das linke Spektrum weist die Statistik 43 Straftaten aus, davon vier Gewalttaten.

Viele Propagandadelikte

Weitere Kategorien der Motivation sind "religiöse Ideologie" (337 Fälle) und "nicht zuzuordnen" (210 Fälle). Die Zuordnungen beziehen die Nachmeldungen aus den einzelnen Quartalen bisher nicht mit ein. Deshalb ist die Summe der bestimmten Kategorien zugeordneten Straftaten vorläufig noch geringer als die Gesamtzahl der registrierten Straftaten. Das bedeutet gleichzeitig, dass ein großer Teil der registrierten Taten zum jetzigen Zeitpunkt keiner Kategorie zugeordnet ist.

Den größten Teil der Taten machen Propagandadelikte aus: Mindestens 882 Taten wurden in diesem Bereich registriert. Es gab 148 Gewalttaten. Die Statistik weist 1.499 Tatverdächtige aus, jedoch nur 22 Festnahmen und keinen einzigen Haftbefehl.

Klein: Judenhass werde zur Normalität

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte der Rheinischen Post, Judenhass werde in Deutschland zunehmend zur Normalität. "Jüdisches Leben in Deutschland ist heute so gefährdet wie seit der Schoah nicht mehr", so Klein.

Dabei zeige sich Antisemitismus in allen Teilen der Gesellschaft. "Diese Normalisierung dürfen wir nicht hinnehmen. Antisemitismus wendet sich nicht nur gegen Jüdinnen und Juden." Er sei Ausdruck einer zutiefst demokratiefeindlichen Haltung und lehne "die Errungenschaften unserer modernen, freiheitlichen Gesellschaft ab".

In einer früheren Version war von 4.506 antisemitischen Straftaten die Rede gewesen. Diese Zahl fand sich auch in den der Meldung zugrunde liegenden Agenturen, die sich auf die Antwort an Petra Pau bezogen haben. Auf Nachfrage wurden diese Zahlen jedoch von Paus Büro korrigiert. Zudem mussten die Zahlen zur Einordnung nach Phänomenbereichen korrigiert werden.

Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 05. Februar 2025 um 18:00 Uhr.