Atomausstieg Keine Lösung im Streit um Zwischenlager Asse
Wohin mit Tausenden Fässern Atommüll, solange kein Endlager da ist? Diese Frage beschäftigt den Bund und die Anwohner der Asse. Das ehemalige Bergwerk ist marode und muss geräumt werden. Umweltministerin Lemke machte sich vor Ort ein Bild.
Im Streit um den niedersächsischen Standort Asse als Atommüll-Zwischenlager bleiben die Fronten verhärtet. Der ehemalige Salzstock ist marode und soll in etwa zehn Jahre geräumt werden. Dort lagern derzeit rund 126.000 Fässer mit schwach- und mittelradioaktivem Atommüll. Solange es in Deutschland noch kein Enlager gibt, müssen sie zwischengelagert werden. Die Pläne der zuständigen Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), dafür einen Standort in der Nähe der Asse zu suchen, stoßen auf Widerstand.
Beim Besuch von Bundesumweltministerin Steffi Lemke vor Ort forderten mehrere Bürgerinitiativen ein Machtwort der Grünen-Politikerin. Lemke müsse die BGE als Betreiber anweisen, endlich den von Umweltgruppen und Anwohnern verlangten Standortvergleich für ein Zwischenlager zu veranlassen, erklärte der Asse-II-Koordinationskreis. Die BGE handele seit Jahren entgegen der Interessen der Menschen und der Umwelt im Umfeld des maroden Salzstocks.
BGE will Zwischentransporte vermeiden
"Wir sagen, das Zwischenlager muss nah an dem Ort sein, wo wir die Abfälle zurückholen und behandeln", entgegnete BGE-Geschäftsführer Stefan Studt. Es gelte, Zwischentransporte zu vermeiden. Der Standort ist aus Sicht der Betreibergellschaft geeignet und vor allem auch genehmigungsfähig, was Studt als "relevanten Maßstab" bezeichnete.
In dem ehemaligen Bergwerk im Landkreis Wolfenbüttel liegen etwa 47.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle. Durch Risse dringt immer wieder salzhaltiges Wasser ein. "Wir wissen nicht, wo die Risse sind - wir wissen nicht, wie sie sich bewegen", berichtet Lautsch, technischer Geschäftsführer der BGE.
Würde nichts unternommen, könnte das Wasser an die radioaktiven Abfälle gelangen und radioaktive Stoffe auf diese Weise wieder die Tagesoberfläche erreichen. Um das zu verhindern, werden in dem Bergwerk aktuell täglich rund 12,5 Kubikmeter Grundwasser aufgefangen. Doch das kann keine dauerhafte Lösung sein.
Steffi Lemke (Grüne), Bundesumweltministerin, und Thomas Lautsch, technischer Geschäftsführer der BGE, stehen unter Tage im Atommüllager Asse. Lemke hat sich über den Zustand und die weitere Planung zum maroden Lager informiert.
Lemke: Bedingungen "absolut inakzeptabel"
Eine schnelle Lösung sieht auch Umweltministerin Lemke nicht. "Ich habe kein alternatives Zwischenlager im Gepäck", sagte sie den Vertretern der Bürgerinitiativen. Aber man müsse dafür Sorge tragen, dass dieser Atommüll so verantwortlich wie nur irgendwie möglich wieder herausgeholt und gelagert werde - solange bis er in ein Endlager könne. "Wir werden diese Diskussion sicherlich fortführen", erklärte sie. Der Atommüll im ehemaligen Bergwerk Asse sei unter Bedingungen untergebracht, die "absolut inakzeptabel" seien.
Daher hat der Deutsche Bundestag beschlossen, den radioaktiven Abfall aus der Asse möglichst schnell zu bergen. Eine Rückholung der Abfälle ist in Planung und soll ungefähr ab 2033 beginnen. Der Plan sorgt in der betroffenen Region seit Langem für starke Kritik und führte zuletzt sogar dazu, dass ein kritischer Begleitprozess beendet wurde.
Probleme durch fehlendes Endlager
"Ich bin wirklich sehr froh, dass wir am 15. April die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland abgeschaltet haben und damit verhindern konnten, dass noch mehr hochradioaktiver Müll anfällt", sagte die Grünen-Politikerin. "Ich kann Ihnen sagen, dass das keine Selbstverständlichkeit ist, sondern dass mich das in den letzten Monaten massiv beschäftigt hat." Teilweise seien mit großer Leichtfertigkeit der Weiterbetrieb gefordert und die Probleme mit dem nicht vorhandenen Endlager komplett ignoriert worden.
Insgesamt befinden sich derzeit mehr als 120.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktive Abfälle in Zwischenlagern in ganz Deutschland. Bei dem Müll handelt es sich beispielsweise um Teile von Anlagen, die kontaminiert wurden, Schutzkleidung, Werkzeuge und Geräte aus Atomkraftwerken. Diese bringen nach Angaben des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) zwar nur ein Prozent der Aktivität mit sich, machen aber 95 Prozent des gesamten Volumens der radioaktiven Abfälle aus.
Milliardenkosten nach Atomausstieg
Hinzu kommen die Kosten: Eine Kommission hat die Gesamtkosten unter anderem für Stilllegung und Rückbau der Meiler sowie die Transporte und die Lagerung der Abfälle auf 48,8 Milliarden Euro geschätzt. Daraufhin wurde ein Fonds eingerichtet, in den die Betreiber der Atomkraftwerke einzahlen mussten. Aus diesem Betrag soll die Zwischen- und Endlagerung bezahlt werden - ob die Summe reichen wird, ist jedoch noch ungewiss.
Kritiker und auch einige Experten sehen in den Lagern ein Sicherheitsrisiko. Mit dem ehemaligen Eisenerzbergwerk Schacht Konrad in Salzgitter ist ein Endlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle ausgemacht, das 2027 in Betrieb gehen soll. Díe Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle war bisher erfolglos.