Biertrinker
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BGH-Urteil Darum darf Bier nicht "bekömmlich" sein

Stand: 17.05.2018 17:37 Uhr

Bier darf nicht mit dem Wort "bekömmlich" beworben werden - das hat der BGH entschieden. Die ARD-Rechtsredaktion erklärt, warum gesundheitsbezogene Angaben für Alkohol verboten sind.

Von Michael-Matthias Nordhardt und Andor Schmitz, ARD-Rechtsredaktion, Karlsruhe

Was haben die Richter entschieden?

Nach dem Karlsruher Urteil darf Bier nicht als "bekömmlich" beworben werden. Und zwar weder auf der Flasche noch in Werbeanzeigen, etwa im Internet oder in Zeitschriften. Der Begriff "bekömmlich" sei im Zusammenhang mit Bierwerbung nämlich eine gesundheitsbezogene Angabe, urteilten die Richter. Solche Angaben sind nach der EU-Health-Claims-Verordnung für alkoholische Getränke mit mehr als 1,2 Volumenprozent verboten.

Nach der Entscheidung hat eine Angabe Gesundheitsbezug, wenn sie eine Verbesserung des Gesundheitszustands verspricht. Aber auch dann, wenn mit ihr zum Ausdruck gebracht wird, dass das Lebensmittel sich nicht negativ auf die Gesundheit auswirkt. "Bekömmlich" verstünden Verbraucher aber wie "gesund", "zuträglich" oder "leicht verdaulich". Bei bekömmlichen Lebensmitteln gingen Verbraucher davon aus, dass diese vom Verdauungssystem gut aufgenommen und auch bei dauerhaftem Konsum gut vertragen würden. Dabei komme es auf das Verständnis durchschnittlicher Verbraucher an und nicht etwa auf das Verständnis von Bierkennern aus Oberschwaben.    

Wie hatte die Brauerei in dem Fall ihr Bier beworben?

"Bekömmlich, süffig - aber nicht schwer" oder " … feinwürzig und herzhaft im Geschmack, erfrischend bekömmlich für den großen und kleinen Durst": Mit solchen Slogans hatte eine Privatbrauerei aus dem Allgäu für verschiedene Biersorten geworben. Ein Wettbewerbsverband aus Berlin sah darin einen Verstoß gegen EU-Recht und gewann vor Gericht in den ersten beiden Instanzen. Doch die Brauerei sah in dem Wort "bekömmlich" keinen Gesundheitsbezug und legte Revision zum Bundesgerichtshof ein. Sie argumentierte, der Begriff treffe lediglich eine "Aussage zum allgemeinen Wohlbefinden" und beschreibe nur den Geschmack des Bieres.  

Was sagt die Brauerei zu der Entscheidung?

"Ich bin natürlich enttäuscht über das Urteil" sagte Gottfried Härle, Chef der Allgäuer Brauerei, nach der Urteilsverkündung. "Weil damit ein ganz wichtiger, beinahe selbstverständlicher und vor allem traditioneller Begriff für die Bezeichnung und Beschreibung deutscher Biere verloren geht." Mit Blick auf die Zukunft sagte Härle: "Wir haben natürlich andere Bezeichnungen wie 'geschmackvoll', wie 'süffig', die unsere Biere ebenfalls beschreiben. Aber es gibt wohl ganz wenige Begriffe, die so genau und so deutlich den Charakter von Bieren beschreiben, wie das bei 'bekömmlich' der Fall ist." Die Brauerei hatte das Wort bekömmlich bereits seit drei Jahren nicht mehr verwendet. Damals war ihr der Gebrauch des Begriffs in der ersten Instanz verboten worden.   

Gab es in der Vergangenheit ähnliche Streitfälle?

Ja. Im Jahr 2011 ging es vor dem BGH um einen Kräuterlikör, der laut Werbung "wohltuend" und "bekömmlich" sein sollte. Die Richter in Karlsruhe legten das Rechtsproblem zur allgemeinen Klärung dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg vor. Weder Luxemburg noch Karlsruhe konnten aber am Ende über den Fall entscheiden, denn der Kläger nahm seine Klage während des laufenden Verfahrens zurück.

Im September 2012 entschied der Europäische Gerichtshof in einem anderen Fall - diesmal auf Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts -dass Wein nicht als "bekömmlich" beworben werden darf. Auf diese Entscheidung stützt sich der Berliner Wettbewerbsverband jetzt auch in seiner Klage zum Bier-Fall. Allerdings hatte die Winzergenossenschaft im Wein-Fall das Wort "bekömmlich" zusammen mit einem Hinweis auf den vergleichsweise niedrigen Säure-Gehalt ihres Weins verwendet. Diese Kombination - so die Richter - drücke aus, dass der Wein eine nachhaltig positive Wirkung für die Gesundheit habe, auch bei wiederholtem, langfristigem Verzehr in größeren Mengen. Anderen Weinen hingegen würden negative Wirkungen auf die Gesundheit zugeschrieben.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichteten am 17. Mai 2018 MDR aktuell (Hörfunk) um 16:39 Uhr und die tagesschau um 17:00 Uhr.