Tödliche Autofahrt in Berlin Beschuldigter kommt in Psychiatrie
Der Todesfahrer von Berlin kommt in eine psychiatrische Klinik. Es gebe Anhaltspunkte für eine paranoide Schizophrenie, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Dem Mann wird Mord in einem Fall und versuchter Mord in 17 Fällen vorgeworfen.
Die Berliner Staatsanwaltschaft lässt nach der Todesfahrt vom Kurfürstendamm den festgenommenen 29-Jährigen vorläufig in einer Psychiatrie unterbringen. Einem entsprechenden Antrag gab das Amtsgericht Tiergarten statt. Es spreche "relativ viel" für eine paranoide Schizophrenie des Mannes, sagte Oberstaatsanwalt Sebastian Büchner. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung seien Medikamente gefunden worden. Zudem habe er seine behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbunden. Ob die Erkrankung wirklich ursächlich für die Tat war, sollen laut Büchner die weiteren Ermittlungen zeigen. Ein Terrorakt werde jedoch derzeit ausgeschlossen, ein Unfall ebenfalls.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann Mord in einem Fall und versuchten Mord in 17 Fällen vor und will, dass er bis zum Prozess in dem psychiatrischen Krankenhaus bleibt.
Schon öfter polizeilich aufgefallen
Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) sagte, der Mann habe in der Vergangenheit psychische Probleme gehabt. Polizeilich sei er öfter aufgefallen, es habe Ermittlungen gegeben wegen Körperverletzung, Hausfriedensbruchs und Beleidigung.
Über politische und extremistische Taten sei aber nichts bekannt. Auch im Zusammenhang mit verfassungsfeindlichen Bestrebungen sei der Mann bisher nicht aufgefallen. Im Tatfahrzeug wurden Plakate mit Äußerungen zur Türkei gefunden. "Ob und inwieweit diese im Zusammenhang mit der Tat stehen, ist auch Gegenstand der Ermittlungen", sagte Spranger. "Deshalb bewerte ich nach derzeitigem Stand das gestrige Geschehen als einen Amoklauf einer psychisch beeinträchtigten Person." Der Polizei zufolge stehen die gefundenen Plakate "inhaltlich nicht im Zusammenhang mit der Tat". Unklar ist auch, wem die Plakate gehören. Besitzerin des Autos ist die Schwester des Fahrers. Es würden zudem derzeit der Computer und das Mobiltelefon des Mannes ausgewertet, sagte Spranger.
Faeser spricht von "furchtbarer Tat"
Bundesinnenministerin Nancy Faeser sprach bei einem Besuch am Tatort von einer "furchtbaren Tat". Sie sei "zutiefst erschüttert" und wolle die "tief empfundene Anteilnahme der Bundesregierung" vor allem mit den Angehörigen der Toten und Verletzten ausdrücken. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Mittwoch auf Twitter geschrieben: "Die grausame Amoktat an der Tauentzienstraße macht mich tief betroffen." Auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey sprach von "einer Amokfahrt eines psychisch gestörten Menschen".
Die Polizei nutzte den Begriff "Amoktat" bislang allerdings bewusst nicht. "Es gibt Tendenzen in diese Richtung, wir legen uns da aber noch nicht fest", teilten die Ermittler mit. Die Polizei bat Zeugen, sich zu melden und auch mögliche Videos und Fotos der Tat an eine Internetseite der Polizei zu schicken.
Der Deutsch-Armenier war am Mittwochvormittag an der Gedächtniskirche über Gehwege des Ku'damms und der Tauentzienstraße gerast. Wie die Staatsanwaltschaft mitteilte, fuhr er dabei in zwei Menschengruppen - zunächst in eine erste Gruppe an der Ecke Ku'damm und Rankestraße, dann auf der Tauentzienstraße in eine Gruppe von Schülern und Lehrern. Eine Lehrerin aus Hessen kam dabei ums Leben, 32 Menschen wurden verletzt, sechs von ihnen lebensgefährlich und drei schwer. Unter den Verletzten sind viele Schüler einer 10. Klasse aus Hessen, mit der die Lehrerin unterwegs gewesen war.