Regierung will Rechtssicherheit Kabinett billigt Beschneidungsgesetz
Grünes Licht für das Beschneidungsgesetz: Das Bundeskabinett hat den Entwurf des Justizministeriums gebilligt. Beschneidungen bleiben demnach unter Bedingungen straffrei. Hintergrund ist ein Kölner Urteil, das die Eingriffe als Körperverletzung eingestuft hatte.
Die Bundesregierung hat die geplante Neuregelung zur Beschneidung von Jungen gebilligt. Das Kabinett beschloss auf seiner Sitzung den Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.
Nach Protesten von Juden und Muslimen gegen das Kölner Urteil zur Strafbarkeit der Beschneidung soll der Eingriff unter bestimmten Voraussetzungen künftig straffrei bleiben. Die Beschneidungen müssen dem Gesetzentwurf zufolge nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgen. In den ersten sechs Lebensmonaten dürfen Säuglinge auch von religiösen Beschneidern beschnitten werden, die zwar keine Ärzte, aber - so der Entwurf - "dafür besonders ausgebildet" sind.
Die Neuregelung soll die Verunsicherung nach dem Kölner Gerichtsurteil beseitigen, das Beschneidungen aus religiösen Gründen als strafbare Körperverletzung eingestuft hatte. Das Urteil hatte bei Muslimen wie Juden Empörung und Proteste ausgelöst. Bei beiden gilt die Beschneidung als wichtiger Bestandteil der religiösen und kulturellen Identität.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) begrüßte den Beschluss zum Beschneidungsgesetz. "Es ist ein guter Tag, der dazu beiträgt, dass wieder mehr Rechtssicherheit eintreten wird", sagte sie in Berlin. Künftig könnten Eltern im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht über eine Beschneidung ihres Kindes frei entscheiden. Jahrzehntelang sei dies unstreitig möglich gewesen, fügte sie hinzu.
Lob vom Zentralrat der Juden
Auch der Zentralrat der Juden äußerte sich zufrieden. "Der Gesetzentwurf ist sehr gelungen und geglückt", sagte Zentralratspräsident Dieter Graumann dem Fernsehsender Phoenix. Die Politik in Deutschland habe zügig, verantwortungsbewusst und sensibel gehandelt. "In diesem Fall haben unsere Politiker viel Lob und Respekt verdient", hob Graumann hervor.
Zur geplanten Qualifikation von Beschneidern sagte Graumann, es müsse überlegt werden, wie eine solche Zertifizierung vorgenommen werde. Dabei gehe es um die Frage der Schmerzlinderung und der Schmerzbehandlung. "Diese Dinge gab es bisher nicht. Hier müssen wir auch selbst unsere Hausaufgaben machen", sagte er. Zugleich verwies er auf eine jahrtausendelange Erfahrung mit der Beschneidung: "Wir sind doch keine Gruppe von Sadisten und Masochisten."
"Unmissverständliches Signal von Deutschland"
Der Zentralrat der Muslime zeigte sich ebenfalls zufrieden, forderte aber kleine Nachbesserungen. Dessen Vorsitzender, Aiman Mazyek, stellte im Bayerischen Rundfunk den Begriff des "Kindeswohlvorbehalts" in Frage. Dieser Punkt sollte noch diskutiert werden. Insgesamt gehe der Gesetzentwurf aber in die völlig richtige Richtung, sagte Mazyek. Damit werde das "unmissverständliche Signal von Deutschland" ausgehen, dass Juden und Muslime nicht kriminalisiert würden.