Fragen und Antworten Wem Betreuungsgeld nützt - und was es kostet

Stand: 14.04.2015 13:06 Uhr

Das Betreuungsgeld ist die am heftigsten umstrittene Familienleistung der vergangenen Jahre in Deutschland. Eltern können es seit dem 1. August 2013 beantragen, wenn sie ihre Kinder zu Hause betreuen. Doch wer hat Anspruch darauf, wie hoch ist die Leistung und wie lange wird sie gezahlt? tagesschau.de beantwortet die Fragen.

Wer hat Anspruch auf das Betreuungsgeld?

Das Betreuungsgeld erhalten Eltern, deren Kinder ab dem 1. August 2012 geboren wurden und für die sie keine staatlich geförderte Betreuung in Anspruch nehmen. Dazu gehören zum Beispiel öffentliche Kindertagesstätten oder von den Kommunen bezuschusste Tagesmütter.

Auch wenn beide Eltern berufstätig sind, können sie Anspruch auf Betreuungsgeld haben, nämlich dann, wenn sie ihre Kinder privat - von den Großeltern oder einem Au Pair - betreuen lassen. Auch private Einrichtungen - nicht öffentlich verantwortet und finanziert - kommen infrage. Werden mehrere Kinder in diesem Sinne betreut - Zwillinge, Geschwisterkinder - besteht auch ein mehrfacher Anspruch auf das Betreuungsgeld.

Das Betreuungsgeld wird maximal vom 15. Lebensmonat bis zum dritten Geburtstag des Kindes gezahlt - und auch nur dann, wenn kein Anspruch mehr auf Elterngeld besteht. D.h., die Elterngeld-Monate müssen "verbraucht" sein.

Keinen Anspruch auf das Betreuungsgeld haben Elternpaare, die im Kalenderjahr vor der Geburt ihres Kindes gemeinsam über ein zu versteuerndes Einkommen von mehr als 500.000 Euro verfügten, Alleinerziehende mehr als 250.000 Euro.

Wie hoch ist das Betreuungsgeld?

Das Betreuungsgeld kann seit dem 1. August 2013 beantragt werden. Zunächst wurden monatlich 100 Euro gezahlt. Seit August 2014 sind es 150 Euro pro Monat. Das Betreuungsgeld wird als Geldleistung ausgezahlt und ist steuerfrei.

Elterngeld und/oder Betreuungsgeld - wie wird was gezahlt?

Im Regelfall wird das Betreuungsgeld im Anschluss an den 14-monatigen Bezug des Elterngelds gezahlt - längstens für 22 Monate pro Kind. Sollten Eltern ihre Elternzeit schon vollständig in Anspruch genommen und "verbraucht" haben, kann das Betreuungsgeld schon vor dem 15. Lebensmonat des Kindes bezogen werden. Doch auch in diesem Fall wird es höchstens 22 Monate lang gezahlt und endet somit vor dem dritten Geburtstag des Kindes.

Wenn Eltern beschließen, den Auszahlungszeitraum beim Elterngeld zu verlängern, wird der jeweils zustehende Monatsbeitrag Elterngeld halbiert und in zwei Raten ausgezahlt. In diesem Fall kann parallel zur Auszahlung der zweiten Rate Elterngeld bereits Betreuungsgeld gezahlt werden.

Gibt es Härtefallregelungen?

Ja, wenn beispielsweise die Eltern erkrankt sind und Verwandte die Kinderbetreuung übernehmen. Betreuungsgeld kann in einem solchen Fall auch dann gezahlt werden, wenn das Kind für maximal 20 Stunden pro Woche eine staatlich geförderte Betreuung in Anspruch nimmt.

Wird das Betreuungsgeld auf Arbeitslosengeld II sowie Sozialhilfe angerechnet?

Ja. Das Betreuungsgeld wird als vorrangige Leistung zwar zunächst ausgezahlt, aber bei Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe und Kinderzuschlag angerechnet. Auch bei sogenannten Aufstockern, also sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die wegen ihres geringen Einkommens zusätzlich Hartz IV bekommen, wird das Betreuungsgeld erst überwiesen, dann aber wieder abgezogen.

Bei Empfängern von Arbeitslosengeld I und BAföG werden das Betreuungsgeld wie auch das Elterngeld bis zu insgesamt 300 Euro monatlich nicht als Einkommen berücksichtigt.

Wer zahlt das Betreuungsgeld aus?

Zuständig sind die Länder, die wiederum festlegen, welche Behörde für das Betreuungsgeld verantwortlich ist. Auf der Homepage des Bundesfamilienministeriums ist eine Liste der Betreuungsgeldstellen abrufbar.

Wie viel kostet das Betreuungsgeld den Bundeshaushalt?

Für das Betreuungsgeld waren laut Angabe des Bundesfamilienministeriums im Bundeshaushalt 2013 55 Millionen veranschlagt - 16,9 Millionen Euro sind abgeflossen. 2014 waren 515 Millionen Euro vorgesehen, erneut wurde nur ein Teil der Mittel, 403 Millionen Euro, abgerufen. Für 2015 beschlossen die Fraktionen von CDU/CSU und SPD, den Haushaltsansatz Betreuungsgeld von einer Milliarde Euro auf 900 Millionen Euro abzusenken.

Wie kam es zur Einführung des Betreuungsgeldes?

Das Betreuungsgeld war Teil des Koalitionsvertrags von 2009 zwischen CDU, CSU und FDP. Vor allem die CSU um Parteichef Horst Seehofer drängte auf das Betreuungsgeld, um eine "Wahlfreiheit zu anderen öffentlichen Angeboten und Leistungen zu ermöglichen". Auch Gerechtigkeit diente als Argument. So würden Kitas staatlich gefördert, doch Eltern, die ihr Kind zu Hause betreuten, hätten davon nichts.

Teile der Union und vor allem der Koalitionspartner FDP waren jedoch gegen das Betreuungsgeld. Im Juni 2012 eskalierte der regierungsinterne Streit: Seehofer drohte offen mit einem Bruch der Koalition. Auch die Opposition war gegen das Betreuungsgeld.

Welche Kritik gibt es?

Während Befürworter des Betreuungsgeldes die Wahl- und Gestaltungsmöglichkeit für die Eltern bei der Betreuung ihrer Kinder loben, sprechen Kritiker von der "Herdprämie". Sie sind davon überzeugt, dass diese Familienleistung falsche Anreize schafft und Frauen zu lange vom Arbeitsplatz fernhält. Sie empfehlen, das Geld für den Ausbau staatlich geförderter Kitas zu nutzen.

Argumente finden die Gegner unter anderem in einer Studie, die sogar von der schwarz-gelben Vorgängerregierung in Auftrag gegeben worden war. Danach kosten die meisten familienpolitischen Leistungen, darunter auch das Betreuungsgeld, zwar viel Geld, zeigen aber wenig Wirkung.

Zudem untersuchten Wissenschaftler der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung das Betreuungsgeld in den drei skandinavischen Ländern Finnland, Norwegen und Schweden. Es zeigte sich, dass unter den Leistungsempfängern Frauen mit geringer Bildung, niedrigem Einkommen und Migrationshintergrund in allen Ländern überrepräsentiert sind.

Wir wird das Betreuungsgeld angenommen?

Das Betreuungsgeld wird von immer mehr Familien in Anspruch genommen. Nach einer Erhebung des Statistisches Bundesamtes bezogen im ersten Quartal 2015 455.321 Eltern Betreuungsgeld - Tendenz steigend. Im vierten Quartal 2014 waren es bundesweit 386.483 Eltern, im dritten Quartal 2014 bekamen 317.219 Eltern die Leistung, im zweiten waren es noch rund 224.400.

Dem Amt zufolge sind es vor allem Mütter, die die Leistung beziehen: 94,6 Prozent waren es zwischen Januar und März 2015. Die meisten männlichen Bezieher lebten demnahc in Berlin (9,3 Prozent), Bremen (8,3 Prozent) und Hamburg (8,2 Prozent).

Insgesamt bezogen wesentlich mehr Eltern aus Westdeutschland Betreuungsgeld als solche aus den ostdeutschen Bundesländern: Hier waren es nur knapp 29.500.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 14. April 2015 um 12:00 Uhr.