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Interview

Schnellere Termine beim Kassenarzt "Auf die Patienten wurde nicht gehört"

Stand: 25.01.2016 15:33 Uhr

Ein Anruf bei der Servicestelle, und schon gibt es einen Facharzttermin? So einfach sei das nicht, sagt Eugen Brysch von der Stiftung Patientenschutz, der tagesschau. Es gebe weder eine einheitliche Servicenummer noch einen einheitlichen Service.

tagesschau: Stundenlanges Herumtelefonieren und monatelanges Warten sollen nun ein Ende haben - ist das ein guter Tag für die Patienten?

Eugen Brysch: Vom Ansatz her schon, es ist nur leider schlecht realisiert. Es beginnen Chaostage: In jedem Bundesland gibt es eine andere Regelung. Das kann für die Patienten nicht gut sein.

tagesschau: Was genau ist bei der Umsetzung schief gelaufen?

Brysch: In Brandenburg beispielsweise sind die Terminservicestellen nur zwei Stunden am Tag erreichbar. In Niedersachsen etwa sind sie zehn Stunden pro Tag verfügbar. Hinzu kommt, dass jede Servicestelle eine andere Telefonnummer hat. Teilweise sind die Nummern im Internet nicht verfügbar. Und selbst wenn sie bei der Auskunft anrufen und um die Nummer einer Terminservicestelle bitten, herrscht Achselzucken.

tagesschau: Sie haben im Rahmen der Stiftung Patientenschutz eine Analyse gestartet - wurden da denn auch die Patienten befragt?

Brysch: Uns ging es darum herauszufinden, wie Pflegebedürftige diesen Terminservice erreichen. Und da stellen wir fest, dass alle 17 Kassenärztlichen Vereinigungen darauf keine Antwort wussten. Das ist bedauerlich. So kommt es dazu, dass pflegebedürftige Menschen, die beispielsweise zusätzlich eine Demenz haben, am Ende auf eigene Kosten mit einem Taxi oder begleitet zu einem Facharzt fahren müssen.

tagesschau: Wurde sie mit ihren Vorschlägen im Vorfeld nicht von den Kassenärztlichen Vereinigungen gehört?

Brysch: Nein, auf die Patienten wurde nicht gehört, und deswegen hat jedes Land eine eigene Lösung. In Nordrhein-Westfalen gibt es sogar zwei Regelungen, weil es dort zwei Kassenärztliche Vereinigungen gibt.

Die Vereinigungen versuchen alles, um sinnvolle Lösungen zu torpedieren. Sie argumentieren, nur bei zehn Prozent aller Patienten dauere es länger als zwei Monate, bis sie einen Termin beim Facharzt haben. Wenn sie aber selbst betroffen sind - beispielsweise als Schmerzpatient - dann reicht es nicht, wenn ein Kassenfunktionär sagt, du kannst auch länger als zwei Monate warten.

Das Interview führte Ina Böttcher, tagesschau24