Hintergrund

Suche nach dem Wulff-Nachfolger Wer könnte ins Schloss Bellevue einziehen?

Stand: 18.02.2012 11:12 Uhr

Nach dem Rücktritt von Bundespräsident Wulff stellt sich die Frage: Wer wird Nachfolger oder Nachfolgerin? Anders als 2010 will die Kanzlerin diesmal gemeinsam mit der Opposition einen Kandidaten finden. Im Gespräch sind viele Namen. tagesschau.de stellt einige davon vor und erklärt, was für und gegen sie spricht.

Joachim Gauck (parteilos)

Der 72-jährige Theologe war von 1990 bis 2000 Chef der Stasi-Unterlagen-Behörde. Durch sein Engagement als DDR-Bürgerrechtler hat er sich einen bleibenden Namen gemacht. Bei der Entscheidung um das Präsidentenamt 2010 war er Wulff nur knapp unterlegen.

Für ihn spricht: Gauck hat großen Rückhalt in der Bevölkerung und wird weitgehend parteiübergreifend respektiert. Auch die Kanzlerin schätzt ihn persönlich. Im Falle seiner Kandidatur würden SPD und Grüne wohl kaum einen Gegenkandidaten nominieren - eine breite Mehrheit wäre Gauck wohl schon im ersten Wahlgang sicher.

Gegen ihn spricht: Für Merkel wäre es wie das Eingeständnis eines Fehlers, würde sie sich nun für Wulffs Gegenkandidaten aussprechen. Gauck gilt als Querkopf, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Im politischen Alltag könnte sich das als unbequeme Eigenschaft erweisen. Außerdem ist es nicht ausgeschlossen, dass Gauck eine erneute Kandidatur ablehnt. Gründe könnten sein Alter und die Querelen um Wulff sein.

Klaus Töpfer (CDU)

Der Name des ehemaligen Bundesumweltministers ist international bekannt. Der gebürtige Schlesier hatte für die CDU bereits zahlreiche Partei- und Regierungsämter inne. 1998 tauschte er das Bundestagsmandat gegen den Posten als Chef des UN-Umweltprogramms UNEP. Im vergangenen Jahr leitete er die Ethikkommission für sichere Energieversorgung, die die Bundesregierung nach dem Super-GAU von Fukushima eingesetzt hatte.

Für ihn spricht: Spätestens seit seinem Engagement für die Vereinten Nationen und die Welthungerhilfe gilt Töpfer nicht mehr als ausgesprochener Parteimensch. Er könnte auf breite Zustimmung in der Union und bei den Grünen hoffen. Auch die SPD-Parteispitze soll ihm offen gegenüber stehen. Durch seinen Einsatz für globale Klimathemen hat Töpfer an Ansehen in der Bevölkerung und in der Politik gewonnen.

Gegen ihn spricht: Schon 2010 war er von Rot-Grün als möglicher Kandidat angefragt worden, hatte aber aus Rücksicht auf seine Partei abgewinkt. Mit 73 Jahren wäre er der Älteste im Kandidatenkreis.

Katrin Göring-Eckardt (Grüne)

Die 45-jährige Bundestagsvizepräsidentin und Grünen-Politikerin stammt aus Thüringen. Während des Umbruchs in der DDR war sie als Bürgerrechtlerin aktiv. Ihre Schwerpunkte sind die Sozial- und Familienpolitik. 2009 wurde sie zur Präses der Synode der Evangelischen Kirche gewählt.

Für sie spricht: Als langjährige Bundestagsvizepräsidentin genießt sie parteiübergreifend Respekt. Da sie in ihrer Funktion als Präses der EKD beste Kontakte zur CDU-Spitze pflegt, könnte sie nicht nur auf die Stimmen von Rot-Grün, sondern auch die der Union hoffen. Sie wäre die erste Frau im Amt des Bundespräsidenten.

Gegen sie spricht: Mit 45 Jahren ist Göring-Eckardt noch verhältnismäßig jung. Ihre Wahl könnte als Signal für eine schwarz-grüne Bundesregierung nach 2013 verstanden und auch missverstanden werden.

Andreas Voßkuhle (parteilos)

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts war zuvor Rektor der Universität Freiburg. Der 48-jährige Parteilose fühlt sich nach eigenen Angaben der Sozialdemokratie nahe. Besonders zu Beginn seiner Amtszeit mischte er sich in gesellschaftlich-politische Debatten ein und engagierte sich unter anderem für die Föderalismusreform.

Für ihn spricht: Mit Roman Herzog hatte Deutschland schon einmal einen ehemaligen Bundesverfassungsrichter als Staatsoberhaupt und machte damit gute Erfahrungen. Für Voßkuhle spricht vor allem, dass er trotz seiner Parteilosigkeit in der Politik gut vernetzt ist.

Gegen ihn spricht: Voßkuhle könnte nachhängen, dass er von der SPD als Verfassungsrichter vorgeschlagen wurde. Außerdem gilt das Verhältnis Berlin-Karlsruhe als belastet. So erklärten die Karlsruher Richter unter anderem das Luftsicherheitsgesetz und die Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig. 

Norbert Lammert (CDU)

Der Bochumer Christdemokrat ist seit 2005 Bundestagspräsident und somit nach dem Bundespräsidenten der zweite Mann im Staat. Der 63-Jährige galt schon nach dem Rücktritt Horst Köhlers als möglicher Kandidat für das Amt des Staatsoberhaupts. Lammert ist CDU-Präsidiumsmitglied.

Für ihn spricht: Sein Name fällt immer wieder, wenn es um das Amt des Staatsoberhauptes geht. Als Bundestagspräsident genießt er hohes Ansehen. Lammert gilt als eigener Kopf.

Gegen ihn spricht: Wegen seiner autonomen Amtsführung hat sich der Parlamentschef in der Unions-Fraktion viele Feinde gemacht. Denn: Lammert gilt als eigensinniger Kopf.