Bundesverfassungsschutz Datenweitergabe teils rechtswidrig
Wenn Geheimdienste Daten an die Polizei weitergeben, verletzt das teils das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das entschieden die Richter in Karlsruhe. Dabei spielen vor allem die Befugnisse der Instanzen eine Rolle.
Der Bundesverfassungsschutz verstößt mit der Weitergabe von persönlichen Daten teilweise gegen das Grundgesetz. Zu dieser Entscheidung kamen die Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in Karlsruhe bereits Ende September. Nun wurde der Beschluss des Gerichts schriftlich veröffentlicht.
Im Kern befasste sich das Gericht mit der Frage, in welchem Umfang der Verfassungsschutz personenbezogene Daten an beispielsweise die Polizei oder Staatsanwaltschaften weiterleiten darf. Zwar diene dieser Austausch dem legitimen Zweck, die Sicherheit des Staats und der Bevölkerung zu schützen, heißt es in der Entscheidung.
Doch einige Regelungen des Verfassungsschutzgesetzes seien nicht klar genug und unverhältnismäßig. Durch die Datenweitergabe werde teilweise "das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts" verletzt, heißt es in dem schriftlichen Beschluss aus Karlsruhe.
Klage bereits 2013 eingereicht
Die Frage nach der Zulässigkeit der Datenweitergabe beschäftigt das Bundesverfassungsgericht bereits seit Langem. Die zugrunde liegende Klage stammt bereits aus dem Jahr 2013. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet, wurde sie von Carsten S. eingereicht, der später als als Helfer der rechtsextremistischen Zelle Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) verurteilt wurde. In dem Beschluss aus Karlsruhe selbst wird die Identität des Klägers nicht genannt.
Die Klage bezog sich auf das Rechtsextremismus-Datei-Gesetz. Die Datei diene der Bekämpfung des gewaltbezogenen Rechtsextremismus, heißt es in dem Beschluss des BVerfG. In dieser "Verbunddatei" von Polizeibehörden und Nachrichtendiensten des Bundes werden demnach "spezifische personenbezogene Daten gespeichert, wenn ihre Kenntnis für die Aufklärung oder Bekämpfung des gewaltbezogenen Rechtsextremismus erforderlich ist". Genau gegen diesen Austausch von Daten ging der Kläger vor.
Datenaustausch nur "ausnahmsweise zulässig"
Das Bundesverfassungsgericht folgte dem Kläger jedoch nur in Bezug auf die "Übermittlung mit nachrichtendienstlichen Mitteln heimlich erhobener personenbezogener Daten". Hintergrund ist dabei das sogenannte Trennungsprinzip, was auf den unterschiedlichen Befugnissen der Instanzen gründet.
Geheimdienste sind für ihre Tätigkeit mit umfangreichen Befugnissen ausgestattet. Ihre Aufgabe muss sich allerdings auf Beobachtung und Aufklärung beschränken. Für das direkte Eingreifen bei Strafdelikten ist die Polizei zuständig, die sich an viel genauere Regeln zu halten hat. Einige Daten und Informationen gewinnen Geheimdienste also durch Befugnisse, welche die Polizei nicht besitzt. Die Weitergabe solcher Daten prangert Karlsruhe mit seinem Beschluss an und stellt klar: "Einschränkungen der Datentrennung sind nur ausnahmsweise zulässig." Der Austausch von Daten "für ein mögliches operatives Tätigwerden muss deshalb grundsätzlich einem herausragenden öffentlichen Interesse dienen".
Die von Karlsruhe beanstandeten Regelungen müssen nun reformiert werden. Dafür hat das Gericht eine Frist bis Ende des kommenden Jahres eingeräumt. Bis dahin sollen die Regelungen trotz Verstoßes gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung mit Einschränkungen in Kraft bleiben.
Az. 1 BvR 2354/13