Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Karlsruhe erlaubt Bundeswehreinsatz im Inland
Das Bundesverfassungsgericht hat seine Rechtsprechung geändert und lässt Kampfeinsätze der Bundeswehr gegen Terrorangriffe im Inland doch zu. Das Plenum aus beiden Senaten schränkte aber ein, dass das Militär nur in "Situationen katastrophischen Ausmaßes" einschreiten dürfe.
Die Bundeswehr darf auch bei Einsätzen im Inland militärische Kampfmittel zur Abwehr von Gefahren einsetzen. Das entschied das Bundesverfassungsgericht in einem nun veröffentlichten Beschluss.
Allerdings sei der Einsatz zur Gefahrenabwehr nur bei "Ausnahmesituationen katastrophischen Ausmaßes" zulässig, verfügten die Karlsruher Richter.
Eine solche Situation bestehe keinesfalls, wenn Gefahren "aus oder von einer demonstrierenden Menschenmenge drohen". Auch von Terroristen gekaperte Flugzeuge mit Zivilisten an Bord dürfen weiterhin nicht abgeschossen, sondern allenfalls von Kampfflugzeugen mit Warnschüssen zur Landung gezwungen oder abgedrängt werden.
Der Einsatz der Streitkräfte wie auch der Einsatz spezifisch militärischer Abwehrmittel sei stets nur als letztes Mittel zulässig. Wann ein solcher Katastrophenzustand besteht, muss auch in Eilfällen die Bundesregierung insgesamt entscheiden. Sie darf diese Aufgabe nicht an den Verteidigungsminister delegieren.
Korrektur der Entscheidung aus 2006
Mit dem Beschluss korrigierte das Plenum aller Richter des Bundesverfassungsgerichts eine Entscheidung des Ersten Senats aus dem Jahr 2006 über das Luftsicherheitsgesetz, das der frühere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) auf den Weg gebracht hatte. Damals hatte der Erste Senat einen Einsatz der Streitkräfte im Inland "mit spezifisch militärischen Waffen" generell ausgeschlossen.
Der Zweite Senat, der für von den Bundesländer Bayern und Hessen angestrengten Normenkontrollverfahren zuständig war, hatte das Plenum angerufen, weil er beabsichtigte, von der Rechtsauffassung des Ersten Senats abzuweichen und den Einsatz der Bundeswehr mit Kampfmitteln zur Unterstützung der Länder bei Katastrophen zu erlauben. Es ist erst die fünfte Plenarentscheidung des Verfassungsgerichts seit seiner Gründung.
Aktenzeichen: 2 PBvU 1/11