Betrugsverdacht NRW stoppt Auszahlung von Soforthilfe
Nordrhein-Westfalen hat die Zahlung der Corona-Soforthilfe vorerst gestoppt. Das Land reagiert damit auf gefälschte Webseiten. Ermittler versuchen nun, betrügerische Anträge zu identifizieren.
Das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium stoppt vorübergehend die Soforthilfe-Auszahlungen für Selbstständige und Unternehmen in der Corona-Krise. Grund sind gefälschte Webseiten, über die vermutlich Daten für betrügerische Anträge abgegriffen wurden. Die Entscheidung sei in Abstimmung mit dem Landeskriminalamt (LKA) gefallen, teilte das Ministerium mit.
Laut den Ermittlern haben Betreiber von Fake-Seiten "mit gefälschten Antragsformularen Daten abgefischt und diese mutmaßlich für kriminelle Machenschaften genutzt", hieß es. Offenbar haben die Täter demnach dann selbst betrügerische Anträge gestellt. Von dem Auszahlungsstopp seien mehrere tausend Antragsteller betroffen, sagte ein Sprecher des NRW-Wirtschaftsministeriums. Wann die Zahlungen wieder aufgenommen werden könnten, sei noch nicht abzusehen.
Täuschend echte Fake-Seiten
Antragsteller, die über eine Suchmaschine die Formulare gesucht hatten, wurden auf Fake-Seiten gelockt. Auf diese Weise hätten die Daten für mutmaßlich kriminelle Machenschaften abgefischt werden sollen, sagte ein Sprecher. Ob bereits ein finanzieller Schaden entstanden ist, konnte er nicht sagen. Die Ermittlungsbehörden arbeiten mit Hochdruck daran, die gefälschten Internetseiten zu beschlagnahmen und abschalten zu lassen.
Das LKA hat eine Ermittlungskommission für Subventionsbetrug eingerichtet. "In den kommenden Tagen wird die Ermittlergruppe ihre Recherchen fortsetzen, um betrügerische Anträge zu identifizieren", teilte das Wirtschaftsministerium mit.
Die Seiten sind täuschend echt und haben auch eine ".de"-Endung. Auf den Homepages sieht man tatsächlich das Antragsformular. Wie beim Original läuft oben rechts ein Countdown von 15 Minuten ab. Und wer auf "Impressum" klickt, sieht die Adresse des NRW-Wirtschaftsministeriums. Doch hinter den Seiten steht keine staatliche Stelle.
Das LKA warnt nun öffentlich vor gefälschten Soforthilfe-Internetseiten. Damit versuchten "skrupellose Betrüger von der Corona-Krise zu profitieren", teilte das LKA mit. Die Täter würden die Fake-Internetseiten unter anderem prominent über Werbeanzeigen in Suchmaschinen platzieren. Soforthilfe könnten Unternehmer nur über die offizielle Seite beantragen.
Betroffener aus NRW
Christian Ulrich ist ein Betroffener der möglichen Betrugsmasche. Der Webdesigner aus NRW suchte am 27. März über Google nach dem passenden Antragsformular. Er gab auf einer vertrauenswürdig aussehenden Webseite seine Daten ein. "In dem Moment ist mir gar nichts aufgefallen. Das ärgert mich im Nachgang auch", sagt Ulrich. Kurze Zeit später hatte er eine vermeintlich offizielle Bestätigung im Postfach. Das Geld schien bewilligt. Nur: Die Finanzspritze war auch nach Tagen nicht auf seinem Konto.
Ulrich befürchtet Identitätsdiebstahl im großen Stil, um unter falschen Vorgaben an das Staatsgeld zu kommen. Denn er gab Personalausweis- und Steuernummern an. "Die haben im Prinzip alles, was uns für die Behörden eindeutig identifizierbar macht", sagt er. "Meine große Befürchtung ist, dass da schon Fördergelder abgeflossen sind. Man muss ja nur eine andere Bankverbindung angeben im korrekten Formular."
Hunderttausende Anträge in NRW bewilligt
Sowohl der Bund als auch das Land hatten Ende März direkte Zuschüsse für Unternehmen beschlossen, deren Geschäft angesichts der Corona-Pandemie leidet oder ganz ausfällt. Betriebe mit bis zu fünf Angestellten können 9000 Euro beantragen, Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten 15.000 Euro. Mittelgroße Betriebe mit bis zu 50 Mitarbeitern können 25.000 Euro bekommen.
In den vergangenen Wochen wurden bereits Hunderttausende Anträge in NRW bewilligt. Anträge könnten weiter gestellt werden, heißt es in der Mitteilung des Ministeriums.
Mit Informationen von Massimo Bognanni, WDR, und Peter Hornung, NDR.