Coronavirus RKI prüft mit Handydaten Mobilität
Möglichst zu Hause bleiben - diesen Appell wiederholen Politiker und Experten täglich. Doch halten sich die Bürger daran? Das RKI nimmt dazu jetzt Handydaten der Telekom unter die Lupe. Die Infektionszahlen steigen weiter.
In Deutschland sind inzwischen 8198 Infektionen mit dem Coronavirus bestätigt. Das sind rund 1000 mehr als am Vortag, wie das Robert Koch-Institut (RKI) auf seiner täglichen Pressekonferenz bekannt gab. Die Johns-Hopkins-Universität in den USA, die alle Fälle weltweit erfasst, meldete für Deutschland bis zum Mittag 10.069 Fälle.
Angesichts sich rasant beschleunigender Infektionszahlen greift das RKI zur Überprüfung der Mobilität der Bürger nun auf Handydaten zurück. Der Marktführer Deutsche Telekom stellte den Wissenschaftlern erstmals anonymisierte Kundeninformationen zur Verfügung. Es gehe darum, zu ermitteln, ob die von der Bundesregierung beschlossenen Instrumente wirksam seien, sagte RKI-Chef Lothar Wieler.
Wenn die Menschen sich weiterhin so mobil verhalten würden, wie sie es bis vor einer Woche gemacht haben, dann werde es schwer, das Virus einzudämmen. Dann könnte es in wenigen Monaten bis zu zehn Millionen Infizierte geben. Wieler gab sich zuversichtlich, damit Prognosen für die Entwicklung der Infektionszahlen erstellen zu können.
Bewegungsströme und Prognosen
Wissenschaftler könnten mit den Informationen der 46 Millionen Mobilfunkkunden Bewegungsströme abbilden, um Prognosen über die Ausbreitung von Covid-19 in Deutschland zu treffen, sagte eine Telekom-Sprecherin. Die Informationen ließen sich auf Bundesländer, wie auch Kreisebene herunterbrechen.
Laut der Sprecherin wurden am Dienstagabend einmalig und unentgeltlich Daten im Umfang von fünf Gigabyte an das RKI übermittelt. Ob es weitere Datenlieferungen geben werde, müsse sich noch zeigen. Ob Vodafone und Telefonica Deutschland künftig auch Daten zur Verfügung stellen, war zunächst unklar.
Abstimmung mit Datenschützern
Das Verfahren zur Datenübergabe an das RKI wurde der Telekom zufolge zusammen mit den Datenschutzbehörden entwickelt und 2015 von der Bundesdatenschutzbeauftragten abgenommen. Es handelt sich demnach nicht um individuelle Informationen, sondern um Massendaten, die keine Rückschlüsse auf den einzelnen Nutzer oder auch Infizierten ermöglichen. Dies verbietet in Europa die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).
In Österreich gibt Branchenprimus A1, der zur Telekom Austria gehört, Daten bereits weiter. A1 biete gemeinsam mit Invenium, einem Spin Off der TU Graz, Bewegungsanalysen an, die aus vollständig anonymisierten Daten mittels Algorithmen errechnet würden, hieß es. Bisher wurden solche Informationen eher genutzt, um Verkehrsströme oder Staus abzubilden.
Schärfere Kontrollen in Asien
In Asien hingegen beobachten die Regierungen ihre Bevölkerung deutlich genauer. So werden in Südkorea GPS-Daten von Smartphones und Autos, Kreditkarteninformationen, Einreiseinformationen sowie Bilder von Überwachungskameras genutzt, um zu schauen, ob sich Infizierte an die strikten Kontaktregeln halten. Die Informationen werden teils auch öffentlich gemacht, damit sich andere Menschen mit Ansteckungsverdacht testen lassen können.
Israel setzt inzwischen Überwachungsmethoden ein, die sonst nur im Anti-Terrorkampf zur Anwendung kommen. Die Handys von Infizierten werden dort ständig darauf überprüft, ob Quarantäne-Vorgaben eingehalten werden.