Merkel zu Corona-Krise Exit-Datum? "Das ist heute nicht der Tag"
Quarantäne-Pflicht für Einreisende, Schutzkleidung made in Germany, Hilfen für EU-Staaten: Kanzlerin Merkel hat viel gesagt zur Corona-Lage, aber keinen Exit-Stichtag genannt. "Das ist heute nicht der Tag."
Die Infektionszahlen in Deutschland sinken laut Robert Koch-Institut leicht, die Kurve flacht sich ab - können da nicht die massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens langsam wieder aufgehoben werden? Bislang gelten sie bundesweit bis zum 19. April.
Viel Abstand: Pressekonferenz von Kanzlerin Merkel in Corona-Zeiten
Am Nachmittag gab Kanzlerin Angela Merkel eine Pressekonferenz - die erste seit ihrer Rückkehr aus der zweiwöchigen Quarantäne. Doch wer erwartet hatte, dass sie sich zu einer schrittweisen Rückkehr in den Alltag äußern würde, wurde zunächst einmal enttäuscht. Sie wäre eine schlechte Bundeskanzlerin, wenn sie falsche Hoffnungen wecken würde, sagte sie auf Nachfrage. "Das ist heute nicht der Tag." Die Zahl der Infektionen müsse so weit gesenkt werden, dass man sicher sei, dass das Gesundheitssystem nicht überfordert werde. Es werde ein Bündel von Kriterien geben, die es vor einer solchen Entscheidung zu beurteilen gelte.
"Wir leben weiter in der Pandemie", erinnerte sie. Natürlich denke die Bundesregierung intensiv darüber nach - "und auf jeden Fall wird es ein schrittweises Vorgehen sein." Am schlimmsten wäre, eine Lockerung anzuordnen und sie dann wieder zurücknehmen zu müssen, wenn es wieder mehr Tote gebe. Österreich will die Corona-Regeln ab dem 14. April schrittweise lockern.
"Sehr sehr harte Regeln"
Sie versicherte, sobald es die gesundheitliche Lage zulasse, werde das öffentliche Leben zum Zustand von vor der Krise zurückkehren. "Das ist überhaupt gar keine Frage." Man müsse aber immer im Blick haben, ob Menschenleben gefährdet seien.
Merkel erneuerte nochmal ihren Dank, dass so viele Menschen "diese sehr sehr harten Regeln" einhielten und damit Leben retteten. Gerade bei dem schönen Wetter sei die Einhaltung der Maßnahmen schwer.
Tipps zur Maskenpflege
Auf eine Frage nach der Nützlichkeit von Masken für die Bevölkerung verwies Merkel auf Experten, deren Meinung sich inzwischen Pro-Maske wandle. Wichtig sei aber der richtige Umgang mit Stoffmasken: "Unsachgemäßer Umgang wäre noch fataler", sagte sie. Wichtig sei, regelmäßiges Waschen, eine nicht zu lange Tragezeit, heißes Bügeln oder die Erwärmung im Backofen oder der Mikrowelle. Es könne sein, dass auch die Regierung für das Tragen werben werde, so weit sei es aber noch nicht. In Jena ist heute so eine Pflicht in Kraft getreten.
Die Kanzlerin informierte außerdem über die Beschlüsse des Corona-Kabinetts. In diesem Gremium tauscht sich Merkel derzeit zwei Mal pro Woche mit den Ministerinnen und Minister aus, die in besonderem Maße mit dem Krisenmanagement während der Pandemie befasst sind.
Quarantäne für Rückkehrer
Ein Beschluss ist die Quarantäne-Pflicht für Rückkehrer nach Deutschland. Deutsche, EU-Bürger und langjährig in Deutschland lebende Ausländer sollen künftig grundsätzlich für zwei Wochen in häusliche Quarantäne, wenn sie aus dem Ausland in die Bundesrepublik zurückkehren. Berufspendler sind von der Regelung ausgenommen. "Die ganze Welt ist mittlerweile ein Risikogebiet", sagte Merkel zur Begründung. Das Virus sei überall, daher verzichte das Robert Koch-Institut inzwischen auch darauf, einzelne Risikogebiete auszuweisen. Mit der Quarantäne-Pflicht reagiere Deutschland auf diese Entwicklung
Schutzkleidung made in Germany?
Als Konsequenz aus der Corona-Krise müsse Deutschland zudem eine eigene Produktion für Schutzbekleidung aufbauen. Dazu werde im Bundeswirtschaftsministerium ein eigener Stab eingerichtet, kündigte sie an. "Es ist wichtig, dass wir als eine Erfahrung aus dieser Pandemie lernen, dass wir hier auch eine gewisse Souveränität brauchen oder zumindest eine Säule der Eigenfertigung", sagte Merkel. "Das kann in Deutschland sein. Wir werden es aber auch versuchen, europaweit abzustimmen. Auf jeden Fall brauchen wir hier Fähigkeiten." Bislang wird Schutzkleidung überwiegend in Asien produziert. Krankenhäuser, Ärzte, Pflegeeinrichtungen und Behinderteneinrichtungen klagen seit Wochen über einen Mangel an Schutzbekleidung.
Pandemie ist "symmetrischer Schock" für EU
Ausführlich ging Merkel auf die Auswirkungen der Pandemie auf die Europäische Union als Gemeinschaft ein. Die Union stehe vor der größten Bewährungsprobe seit ihrer Gründung. Die Pandemie sei ein "symmetrischer Schock", der alle Staaten gleichermaßen betreffe. Es sei das Interesse aller EU-Staaten, auch Deutschlands, dass Europa stark aus dieser Bewährungsprobe hervorgehe. Dabei gehe es um finanzielle Hilfen an die Mitgliedsländer in der akuten Krise und auch ein Belebungsprogramm für die Wirtschaft: "Auch da ist Deutschland bereit, seinen Beitrag zu leisten."
Auf den Streit über gemeinschaftliche Anleihen, sogenannte Corona-Bonds, ging Merkel nicht ein. Die Bundesregierung hatte mehrfach ihr Nein zu dieser Idee der wirtschaftlichen Hilfe für Staaten wie Italien oder Frankreich deutlich gemacht. Stattdessen warb Merkel für das Drei-Säulen-Modell, das Finanzminister Olaf Scholz jüngst vorgeschlagen hatte. Im Mittelpunkt steht dabei der Krisenmechanismus ESM. Morgen schalten sich die Euro-Finanzminister per Videokonferenz zusammen, um über das Thema zu beraten.