DeutschlandTrend

ARD-DeutschlandTrend Mehrheit unterstützt deutschen Ukraine-Kurs

Stand: 03.03.2022 17:59 Uhr

Waffenlieferungen und höhere Verteidigungsausgaben - der Kurswechsel in der Sicherheitspolitik erhält laut ARD-DeutschlandTrend mehrheitlich Unterstützung. Der Krieg in der Ukraine macht den Menschen verschiedene Sorgen.

Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine gilt die Sorge der Deutschen in erster Linie den Menschen vor Ort: 89 Prozent machen sich sehr große oder große Sorgen um die Ukrainerinnen und Ukrainer.

77 Prozent der Befragten haben Angst, dass die Ukraine vollständig besetzt wird und gut zwei Drittel (69 Prozent) äußern die Sorge, dass es wieder zu einem großen Krieg in Europa kommt. Das ergab eine repräsentative Umfrage von infratest dimap für den ARD-DeutschlandTrend.

Große Zustimmung für Maßnahmen gegen Russland

Die Reaktion der Bundesregierung auf die Situation in der Ukraine bewerten 53 Prozent der Befragten als angemessen, einem guten Viertel gehen die deutschen Reaktionen nicht weit genug und für 14 Prozent gehen sie zu weit.

Unter den Parteianhängern sind einzig die Anhänger der AfD mehrheitlich der Ansicht, dass die deutsche Politik überzogen reagiert hat. Auch im Einzelnen finden die Maßnahmen, an denen Deutschland beteiligt war, in der Gesamtbevölkerung mehrheitlich Zustimmung - am meisten der Ausschluss wichtiger russischer Banken vom internationalen Zahlungsverkehr SWIFT (82 Prozent), aber auch der Stopp des Genehmigungsverfahrens für die russische Erdgas-Pipeline NordStream 2 (67 Prozent).

Claudia Müller, WDR, mit dem ARD-DeutschlandTrend zum Ukraine-Krieg

tagesthemen, tagesthemen, 03.03.2022 22:30 Uhr

Zwar äußert eine Mehrheit der Menschen auch die Sorge, dass sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland verschlechtern oder es zu Engpässen bei der Energieversorgung kommen könnte. Aber rund zwei Drittel der Befragten würden Maßnahmen gegen Russland nach eigener Aussage auch dann unterstützen, wenn es zu derartigen Energie-Engpässen oder höheren Lebenshaltungskosten kommt.

Stimmungsumschwung bei Waffenlieferungen

Der russische Einmarsch in die Ukraine hat zu einer sicherheitspolitischen Neupositionierung Deutschlands geführt, die offensichtlich eine Mehrheit in der deutschen Bevölkerung mitträgt. So wird die Verlegung von zusätzlichen Bundeswehr-Einheiten in osteuropäische NATO-Staaten (68 Prozent) begrüßt. Auch die Aufnahme eines Kredits von 100 Milliarden Euro zur Anschaffung moderner Waffen für die Bundeswehr bezeichnen 65 Prozent als richtig.

Uneins sind sich die Deutschen darüber, ob die Bundesregierung militärische Hilfen für Kiew zu lange hinausgezögert hat: 45 Prozent stimmen dem zu, 46 Prozent nicht.

Noch Anfang Februar sprachen sich lediglich 20 Prozent der Befragten dafür aus, dass Deutschland Waffen an die Ukraine liefern soll. Mit der russischen Invasion hat sich diese Einschätzung offenbar komplett geändert: Die Waffenlieferungen erhalten mittlerweile von 61 Prozent Zuspruch.

Sieben von zehn Deutschen halten es zudem für richtig, dass die jährlichen Verteidigungsaufgaben Deutschlands für die kommenden Jahre auf mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes angehoben werden sollen. Dabei sagt die Mehrheit der Befürworter, dass sich ihre Haltung durch den russischen Einmarsch verändert habe.

19 Prozent finden die geplante Erhöhung der Verteidigungsausgaben falsch. Die größte Unterstützung für die geplanten Ausgabensteigerungen signalisieren die Anhänger von Union, FDP und SPD. Die Anhänger von AfD und Linken sind in der Frage jeweils gespalten.

Zustimmung für EU-Beitritt der Ukraine

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Anfang der Woche einen sofortigen EU-Beitritt seines Landes gefordert. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bekräftigte daraufhin, dass sie die Ukraine langfristig als Teil der Europäischen Union sehe.

Auch die Deutschen sind mehrheitlich der Auffassung (63 Prozent), dass die Ukraine langfristig in die Europäische Union aufgenommen werden sollte. Die Wahrnehmung der Ukraine hat sich bei den Deutschen in der aktuellen Krise zudem schlagartig geändert. Bei derzeit instabiler Lage im Land versteht eine Mehrheit (63 Prozent) die Ukraine als Partner, dem man vertrauen kann. Das sind 33 Prozentpunkte mehr als noch im Januar.

Zugleich fällt das Ansehen Russlands bei den Deutschen auf einen Tiefstand. Gerade einmal 6 Prozent sehen Russland derzeit als vertrauenswürdigen Partner Deutschlands (-11). Gefestigt präsentiert sich in der aktuellen sicherheitspolitischen Krise die Beziehung der Deutschen zur NATO. 83 Prozent unterstreichen in diesen Tagen die Bedeutung des Militärbündnisses für den Frieden in Europa.

Der Einmarsch in die Ukraine lässt rückblickend jedoch viele an der bisherigen deutschen Russland-Politik zweifeln. Zwei Drittel (68 Prozent) sind der Meinung, die Bundesrepublik sei in den vergangenen Jahren zu nachsichtig gegenüber Wladimir Putin gewesen.

Zufriedenheit mit Bundesregierung steigt

Die Bundesregierung hat mit ihrem aktuellen Agieren in der Ukraine-Krise offenbar Vertrauen der Deutschen zurückgewonnen. Derzeit sind 56 Prozent der Wahlberechtigten mit der Arbeit der Koalition zufrieden (+18 im Vgl. zu Februar). 41 Prozent sind damit unzufrieden. Dies spiegelt sich auch in deutlichen Popularitätsgewinnen der Koalitionsspitzen wider.

Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, käme die SPD auf 25 Prozent (+3). Die CDU/CSU käme auf 26 Prozent (-1) und wäre damit knapp stärkste Kraft. Die Grünen erreichen in der Sonntagsfrage wie im Vormonat 16 Prozent. Die FDP büßt einen Prozentpunkt ein und käme auf 9 Prozent. Auch die AfD verliert einen Prozentpunkt und landet bei 11 Prozent. Die Linke würde wie im Vormonat 5 Prozent erreichen. Auf alle anderen Parteien entfielen 8 Prozent der Stimmen.

Untersuchungsanlage

Grundgesamtheit: Wahlberechtigte in Deutschland
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Telefon*- und Online-Befragung
*davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk
Erhebungszeitraum: 28. Februar bis 02. März 2022
Fallzahl: 1.320 Befragte (863 Telefoninterviews und 457 Online Interviews)

Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und
Rückerinnerung Wahlverhalten
Schwankungsbreite: 2* bis 3** Prozentpunkte
* bei einem Anteilswert von 10 Prozent ** bei einem Anteilswert von 50 Prozent

Durchführendes Institut: infratest dimap

Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle eine Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete B24 Aktuell am 03. März 2022 um 18:04 Uhr.