DeutschlandTrend

ARD-DeutschlandTrend Mehrheit zeigt sich in Umfrage offen für mehr Schulden

Stand: 06.03.2025 18:00 Uhr

Mehr Geld für Infrastruktur und Verteidigung - das findet im ARD-DeutschlandTrend breite Zustimmung. Dass dafür mehr Schulden in Kauf genommen würden, hat auch mit Trump zu tun: Das Vertrauen in die USA ist auf einem Tiefpunkt. 

"Whatever it takes" - mit diesen Worten hat CDU-Chef Friedrich Merz am Dienstag den Plan für milliardenschwere Investitionen in Verteidigung und Bundeswehr präsentiert. Auf den haben sich CDU, CSU und SPD geeinigt, noch ehe sie sich überhaupt auf eine gemeinsame Regierung verständigt haben.

"Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent", so Merz, solle für die Verteidigung künftig das Motto "was auch immer nötig ist" gelten. Dafür wollen CDU, CSU und SPD Ausnahmen bei der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse durchsetzen. Zusätzlich soll ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro für Investitionen in die Infrastruktur her, um die Wirtschaft anzukurbeln. Für beides wird eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag benötigt. 

Unter den Bürgerinnen und Bürgern würden die Vorstöße eine solche Zwei-Drittel-Mehrheit erreichen. Laut dem repräsentativen ARD-DeutschlandTrend, für den infratest dimap seit dem späten Dienstagnachmittag 1.325 Wahlberechtigte in Deutschland befragt hat, finden 66 Prozent eine Erhöhung der Ausgaben für Verteidigung und Bundeswehr richtig. Jeder Fünfte (20 Prozent) würde in diesem Bereich etwa gleich viel ausgeben wie bislang. 11 Prozent sprechen sich für eine Senkung der Ausgaben für Verteidigung und Bundeswehr aus.

Noch klarer ist das Bild bei den Investitionen in die Infrastruktur: Fast vier von fünf Deutschen (78 Prozent) sprechen sich dafür aus, hierfür künftig mehr Geld auszugeben. Mehrheiten dafür finden sich über alle Anhängerschaften hinweg. 

59 Prozent für mehr Schulden

Dass deutlich mehr Schulden gemacht werden sollten, um die anstehenden Aufgaben bewältigen zu können, sieht auch eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger so: Sechs von zehn Deutschen (59 Prozent) fänden das richtig, jeder Dritte (33 Prozent) fände das falsch.

Union und SPD buhlen besonders um die Stimmen der Grünen, um ihre Vorhaben noch vor Konstituierung des neuen Bundestages in der kommenden Woche durch den alten zu bringen. Interessant: Unter Anhängern der Grünen (82 Prozent) ist die Zustimmung für deutlich mehr Schulden zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben am größten. Auch unter Anhängern von SPD (79 Prozent), Linke (76 Prozent) und Union (68 Prozent) zeigt sich jeweils mindestens eine Zwei-Drittel-Mehrheit offen dafür.

Allerdings ist nur knapp jeder dritte AfD-Anhänger (31 Prozent) dafür, 62 Prozent sind dagegen. Noch deutlicher ist die Ablehnung unter Anhängern des Bündnis Sahra Wagenknecht, das den Einzug in den Bundestag haarscharf verpasst hat: Knapp zwei Drittel (64 Prozent) sind dagegen, nur jeder Fünfte (21 Prozent) ist dafür. 

Dass es überhaupt eine Mehrheit in der Bevölkerung gibt, die sich offen für eine deutliche Erhöhung der Schulden zeigt, ist deshalb bemerkenswert, weil es in repräsentativen Befragungen zur Schuldenbremse in der jüngeren Vergangenheit stets eine leichte Mehrheit für das Lager "bewahren" gegenüber dem Lager "lockern" gab.

Nur noch wenige halten USA für vertrauenswürdigen Partner

Eine gewachsene Offenheit fürs Schuldenmachen hat möglicherweise auch mit einer rasanten Entwicklung der weltpolitischen Situation zu tun. Drei Viertel der Deutschen glauben, dass sich NATO-Partner auf den Schutz der USA gegenwärtig nicht verlassen können und sind besorgt, dass die Sicherheit in Europa bedroht ist. Zwei Drittel sind besorgt, dass wir Trump und Putin schutzlos ausgeliefert sind. Und nur noch jeder Sechste hält die USA für einen vertrauenswürdigen Partner - das ist ein neuer Tiefstand im ARD-DeutschlandTrend, der jene Werte aus Trumps erster Amtszeit noch unterbietet. 

So gibt es bei den Bürgerinnen und Bürgern ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass Deutschland und Europa die eigene Sicherheit stärker selbst in die Hand nehmen müssen. Eine knappe Mehrheit (54 Prozent) ist der Meinung, wir sollten uns von der NATO unabhängiger machen und ein europäisches Militärbündnis aufbauen.

Die Zustimmung zur Bildung einer immer wieder einmal diskutierten Armee der EU-Staaten ist in den vergangenen Jahren gewachsen. Vor knapp zwei Jahren hatte sich im Juni 2023 gut jeder Zweite (53 Prozent) dafür ausgesprochen. Vor einem Jahr waren es im April 2024 bereits 59 Prozent. Jetzt sind es sieben von zehn Deutschen (71 Prozent). 

Bundeswehrsoldaten für Friedenssicherung?

Nicht erst unter Donald Trump haben die USA klar gemacht, dass sie in Sicherheitsfragen mehr Verantwortung von Europa erwarten. Allerdings hat er den Druck dafür seit seiner Amtsübernahme im Januar mit verschiedenen Maßnahmen erhöht. Seit Anfang der Woche pausieren die militärischen Hilfen der USA an die Ukraine. Die EU diskutiert bei einem Sondergipfel auch darüber, inwiefern Europa diese Lücke füllen kann. Unter den Deutschen sieht jedoch nur gut jeder Vierte (28 Prozent) die europäischen Länder in der Lage dazu, ausbleibende US-Hilfen an die Ukraine zu ersetzen. Eine Mehrheit von 60 Prozent traut das Europa nicht zu. 

Auch für den Fall, dass es zu einem Waffenstillstandsabkommen zwischen Russland und der Ukraine kommt, hat Trump klare Erwartungen an Europa formuliert. In der Frage, ob sich Deutschland in diesem Fall mit Bundeswehrsoldaten an der Friedenssicherung in der Ukraine beteiligen sollten, sind die Bürgerinnen und Bürger geteilter Meinung: 43 Prozent sprechen sich grundsätzlich dafür aus, 46 Prozent grundsätzlich dagegen.

Auch hier ist der Blick auf verschiedene Parteianhänger spannend: Vier von fünf AfD- und BSW-Anhängern (je 79 Prozent) lehnen eine Beteiligung an einer Ukraine-Friedensmission mit deutschen Soldaten ab. Bei Anhängern der Linken überwiegt leicht die Ablehnung (47 Prozent dagegen, 42 Prozent dafür), bei Anhängern der Union leicht die Zustimmung (50 Prozent dafür, 39 Prozent dagegen). Mehrheitliche Zustimmung gibt es unter Anhängern der Grünen (73 Prozent) und der SPD (60 Prozent). 

In der kommenden Woche wird sich zeigen, inwiefern Union und SPD für ihre milliardenschweren Finanzpakete auch Mehrheiten im Bundestag erzielen können - und das, noch ehe sie sich überhaupt auf eine gemeinsame Regierung geeinigt haben. Aktuell gehen dafür die Sondierungsgespräche weiter. Auch darauf schauen die Deutschen nicht frei von Sorgen: Weiterhin jeden Zweiten treibt die Sorge um, dass wir nach der Bundestagswahl keine stabile Regierung bekommen. Im Vorfeld der Wahl hatten jedoch noch sieben von zehn diese Sorge geäußert. 

Untersuchungsanlage
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte in Deutschland
Erhebungsmethode: Zufallsbasierte Online- und Telefon-Befragung (davon 60 Prozent Festnetz, 40 Prozent Mobilfunk)
Erhebungszeitraum: 04. bis 05. März 2025
Fallzahl: 1.325 Befragte (790 Telefoninterviews und 535 Online-Interviews)
Gewichtung: nach soziodemographischen Merkmalen und Rückerinnerung Wahlverhalten
Schwankungsbreite: 2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent, 3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent
Durchführendes Institut: infratest dimap


Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle einer Erhebung mit 1.000 Befragten bei großen Parteien rund drei Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa einen Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird keine Partei unter drei Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.