ARD-DeutschlandTrend Mehrheit unterstützt Transitzonen
Die Koalition hat sich gerade gegen Transitzonen an den Grenzen entschieden, die Mehrheit der Bundesbürger befürwortet jedoch dieses Konzept zur Begrenzung des Flüchtlingszuzugs. Außerdem im ARD-DeutschlandTrend: Kanzlerin Merkel verliert weiter an Zustimmung.
Die Koalition hat lange darüber gestritten, wie die Zuwanderung nach Deutschland wirksam begrenzt werden kann - die Deutschen hingegen haben da recht klare Ansichten: 69 Prozent finden Transitzonen an der Grenze richtig, um Flüchtlinge ohne Asylanspruch direkt zurückweisen zu können. Das hat eine Umfrage von infratest dimap für den ARD-DeutschlandTrend ergeben.
Wenn man diese Zustimmung nach Parteienpräferenz aufteilt, ergibt sich ein interessantes Bild: 93 Prozent der Anhänger der Alternative für Deutschland sprechen sich für solche Transitzonen aus. Bei den FDP-Anhängern sind es 84 Prozent, bei der Union 77 Prozent. Erstaunlicherweise ist auch eine Mehrheit (54 Prozent) der SPD-Anhänger für die Einrichtung von Transitzonen an der Grenze - eine Forderung, die die SPD-Spitze ablehnt. Auch bei den Anhängern der Linke sprechen sich 53 Prozent für Transitzonen aus, nur bei den Anhängern der Grünen ist die Minderheit (39 Prozent) für Transitzonen - die Mehrheit (53 Prozent) ist dagegen.
Grenzzaun wird abgelehnt
Die Union möchte auch den Familiennachzug für zwei Jahre einschränken, unter anderem für Bürgerkriegsflüchtlinge. Das finden nur 36 Prozent der Befragten richtig, eine Mehrheit von 56 Prozent hingegen lehnt solche Beschränkungen ab. Den Bau eines Zaunes an der Grenze zu Österreich halten nur 17 Prozent für richtig, 78 Prozent sind dagegen.
Bei der Bewertung weiterer Maßnahmen in der Flüchtlingspolitik würden 75 Prozent der Befragten ein Gesetz befürworten, das regelt, wie man Zuwanderer auf deutsche Grundwerte verpflichtet. Die Einführung einer Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen finden 71 Prozent richtig. Zugleich würde eine Mehrheit von 63 Prozent unterstützen, dass mehr Geld für die bessere Integration von Flüchtlingen bereitgestellt wird.
Flüchtlingszahlen verunsichern viele
50 Prozent der Deutschen sagen, dass es ihnen Angst macht, dass viele Flüchtlinge zu uns kommen. 48 Prozent hingegen macht dies keine Angst. Dies stellt eine Stabilisierung der Verhältnisse im Vergleich zum Vormonat dar: Damals gaben 51 Prozent an, verunsichert zu sein; 47 Prozent verneinten dies.
Wenn man diejenigen, die Angst haben, nach den genauen Gründen für diese Angst fragt, zeigt sich, dass die Beweggründe sehr vielschichtig sind: 87 Prozent derer, die Angst haben, befürchten, dass rechte Parteien an Zulauf gewinnen. 85 Prozent befürchten, dass die Verschuldung der öffentlichen Haushalte steigt - 79 Prozent, dass die Konkurrenz auf dem Wohnungsmarkt größer wird. 78 Prozent sorgen sich, dass der Einfluss des Islam in Deutschland zu stark wird.
Nicht so starke Motive sind Sorgen, die sich auf die persönliche wirtschaftliche Situation der Befragten beziehen: 53 Prozent derer, denen die Zahl der Flüchtlinge Angst macht, fürchten dass der Wohlstand in Deutschland bedroht wird; 49 Prozent machen sich Sorgen, dass es zu einer größeren Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt kommt.
Merkels Beliebtheit sinkt
Horst Seehofer, der von Anfang an eine Begrenzung der Zuwanderung nach Deutschland gefordert hat, steigt in der Beliebtheitsskala weiter nach oben: 45 Prozent sagen, dass sie mit seiner Arbeit zufrieden sind, 6 Punkte mehr als im Vormonat. Damit macht der bayerische Ministerpräsident Boden gut im Vergleich zu Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit deren Arbeit 49 Prozent zufrieden sind, 5 Punkte weniger als im Vormonat. Merkel hat damit seit April dieses Jahres insgesamt 26 Prozentpunkte an Zustimmung eingebüßt.
Die Liste der beliebtesten Politiker führt Finanzminister Wolfgang Schäuble an mit 68 Prozent Zufriedenheit (+4 im Vergleich zum Oktober). Auf Platz 2 folgt Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit 67 Prozent (+2). Es folgt Angela Merkel mit 49 Prozent (-5), Horst Seehofer mit 45 Prozent (+6) und Peter Altmaier mit 43 Prozent (+1 im Vergleich zu Oktober 2012 in seinem Amt als Umweltminister).
Union verliert erneut
Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, dann käme die Union auf 37 Prozent, 3 Punkte weniger im Vergleich zum Vormonat. In den beiden vergangenen Monaten hat die Union damit insgesamt 5 Prozentpunkte verloren. Die SPD bleibt stabil bei 24 Prozent; die Grünen verbessern sich um einen Punkt auf 11 Prozent. Unverändert die Linke und die FDP, die bei 9 bzw. 5 Prozent landen. Die Alternative für Deutschland gewinnt 2 Punkte hinzu und erreicht 8 Prozent.
Grundgesamtheit: Wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland ab 18 Jahren
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl/ Dual Frame
(Relation Festnetz-/Mobilfunknummern 70:30)
Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews (CATI)***
Fallzahl: 1003 Befragte
Fragen zur Wirtschaftslage: ca. 500 Befragte
Erhebungszeitraum: 02. bis 03. November 2015
Sonntagsfrage: 1.503 Befragte
Erhebungszeitraum: 02. bis 04. November 2015
Fehlertoleranz: 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
*bei einem Anteilswert von 5 Prozent **bei einem Anteilswert von 50 Prozent
*** Die Ergebnisse sind auf ganze Prozentwerte gerundet, um falsche Erwartungen an die Präzision zu vermeiden. Denn für alle repräsentativen Befragungen müssen Schwankungsbreiten berücksichtigt werden. Diese betragen im Falle eine Erhebung mit 1000 Befragten bei großen Parteien rund 3 Prozentpunkte, bei kleineren Parteien etwa 1 Punkt. Hinzu kommt, dass der Rundungsfehler für kleine Parteien erheblich ist. Aus diesen Gründen wird deshalb in der Regel keine Partei unter 3 Prozent in der Sonntagsfrage ausgewiesen.
In der publizierten "Sonntagsfrage" werden hingegen alle Parteien aufgeführt, die aktuell im Parlament vertreten sind, die in einer Umfrage auf einen Anteilswert von mindestens 3 Prozent kommen oder solche Parteien oder Gruppierungen, die auch bei niedrigen Anteilswerten eine Chance auf ein Mandat besitzen (so etwa der SSW in Schleswig-Holstein, für den die 5-Prozent-Hürde nicht gilt).