Maßnahmen-Paket für Diesel Nachrüstung, Umtausch, Rückkauf?
Die Bundesregierung ringt um ein Paket von Maßnahmen in der Dieselkrise. Besonders zwei Punkte sind strittig: Wer übernimmt die Kosten für die Nachrüstung - und für welche Städte soll dies gelten?
An diesem Wochenende soll eigentlich Klarheit geschaffen werden - in einem seit Jahren ungelösten Streit. Dabei geht es vor allem um eine Kernfrage: Wie können künftig Fahrverbote zumindest zum Teil vermieden werden - und wer übernimmt welchen Anteil der Kosten für eine eventuelle Nachrüstung oder einen Umtausch der Diesel-Wagen?
Kanzlerin Angela Merkel will mit ihren Ministern eine gemeinsame Linie festlegen - am Montag sollen Spitzen von Union und SPD das Konzept im Koalitionsausschuss beschließen. Doch noch besteht gleich bei mehreren Punkten Gesprächsbedarf.
Streitthema Nachrüstung
Das Maßnahmenpaket von Verkehrsminister Andreas Scheuer sieht bisher die Möglichkeit von Hardware-Nachrüstungen für Dieselbesitzer in zehn Städten vor, daneben Umtausch- und Rückkaufprogramme.
Besonders strittig: Die Frage nach der Kostenübernahme für Nachrüstungen. Bei einer Einigung auf eine Hardware-Nachrüstung dürften die Hersteller 80 Prozent der Kosten übernehmen. Diese sollen je nach Fahrzeug bei durchschnittlich 3000 Euro liegen. Doch wer die verbleibenden 20 Prozent trägt - der Staat oder die Autohalter - ist weiterhin unklar. Die Hersteller sollen bisher nicht bereit sein, die Nachrüstungen zu 100 Prozent zu bezahlen. Und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat zuletzt deutlich gemacht, dass es für Diesel-Nachrüstungen kein Steuergeld geben soll.
Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" berichtete, dass die Hersteller Audi, Volkswagen, BMW und Mercedes-Benz Besitzern von Autos, die von Fahrverboten betroffen sind, Gutscheine für den Einbau von Teilen durch Zulieferer geben. Sie würden damit unverändert keine Herstellergarantie für diese Teile übernehmen. Und: Die Zusage bezieht sich nur auf 80 Prozent der Kosten - und nur für Euro-5-Modelle, die technisch umgerüstet werden können.
"Wir brauchen eine Flottenerneuerung"
Scheuer machte zuletzt noch einmal deutlich, dass er ohnehin nicht so viel von Hardware-Nachrüstungen hält. "Wir brauchen eine Flottenerneuerung", sagte Scheuer. Auch die Hersteller hätten durchweg Bedenken gegen Hardware-Nachrüstungen, also Umbauten am Motor.
Er setzt vor allem auf Anreize für einen Austausch alter Diesel gegen neue, sauberere Fahrzeuge. Der Wertverlust sollte von den Herstellern ausgeglichen werden. "Die Autohersteller haben jetzt die Chance, mit kundenfreundlichen Modellen Vertrauen zurückzugewinnen", so Scheuer.
Kurz vor dem Treffen sagte er dem TV-Sender n-tv, dass es "attraktive Tauschoptionen" für Dieselbesitzer geben soll - "wirklich attraktiv". Die seien "von der Prämiengestaltung höher (...) als jede Hardwarenachrüstung." Laut "Spiegel Online" soll Scheuer sogar ganz von Nachrüstungen abgerückt sein. Grund seien Haftungsfragen. Und auch Merkel sieht den Umtausch von älteren Fahrzeugen gegen neuere Modelle als ein "Hauptelement" der Maßnahmen.
Schulze warnt vor überzogenen Erwartungen
Die SPD beharrt hingegen bisher auf Hardware-Nachrüstungen. Umweltministerin Svenja Schulze hatte zuletzt vor überzogenen Erwartungen an die Umstiegsprämien gewarnt. "Es kann sein, dass der neue Euro-6-Diesel auf der Straße auch nicht weniger Stickoxide ausstößt als der zurückgegebene Euro-4- oder Euro-5-Diesel", sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Auf der sichereren Seite, was den Schutz vor Fahrverboten angeht, ist man nur mit dem neuesten Standard Euro-6d, der auch auf der Straße sauber ist." Doch wieviele Halter können sich dies auch leisten?
Und auch noch in einem weitere Punkt sind sich die Minister der Koalition uneinig: Für wie viele Städte und in welchem Radius kommen solche Nachrüstungen infrage? Scheuer hatte zehn Städte mit hoher Luftverschmutzung vorgeschlagen und jeweils einen Umkreis von 70 Kilometern. Umweltministerin Schulze soll dies zu wenig sein, hieß es in Koalitionskreisen. Auch darüber wird wohl noch intensiv gestritten werden.