Streit zwischen Bund und Ländern Kraftakt Digitalpakt
Wie kann der Digitalpakt nach der gestoppten Grundgesetzänderung umgesetzt werden? Aus Sicht der Länder gibt es andere Wege, die Milliarden für die Schulen freizugeben. Städte und Wirtschaft pochen auf eine rasche Einigung.
Weil sich die Bundesländer gegen eine Grundgesetzänderung ausgesprochen haben, wächst die Sorge, dass die damit verbundenen Gelder für die Digitalisierung von Schulen nicht wie geplant ausgezahlt werden können. Kommunen und Wirtschaft appellierten an Bund und Länder, sich noch rasch zu einigen.
"Die Enttäuschung bei Eltern sowie Schülerinnen und Schülern wäre riesengroß, wenn der Digitalpakt scheitern würde", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Bund und Länder müssten sich "unbedingt zusammenraufen".
Erste Hinweise, wie eine Annäherung zustande kommen könne, gebe es bereits, sagte Dedy. Er bezog sich damit auf den Vorschlag, über die Aufteilung von Kosten zwischen Bund und Ländern bei weiteren Projekten außerhalb des Digitalpakts ab 2020 erneut zu verhandeln.
Laptops, Notebooks, Tablets
Der Pakt umfasst fünf Milliarden Euro vom Bund für die Länder in den kommenden fünf Jahren und soll die Digitalisierung der Schulen vorantreiben. Gekauft werden sollen unter anderem Laptops, Notebooks und Tablets. Da Bildungspolitik Sache der Länder ist, hatte der Bundestag eine Grundgesetzänderung beschlossen, die der Bundesrat nun in der Form nicht mittragen will.
Die Ministerpräsidenten stören sich vor allem daran, dass ab 2020 Programme des Bundes für die Länder zur Hälfte durch diese mitfinanziert werden sollen. Dann könnten ärmere Länder, die ihren Anteil nicht aufbringen können, das Bundesgeld gar nicht beanspruchen, befürchten die Landesregierungen.
"Schnelle Einigung sehr wichtig"
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) unterstrich, wie wichtig die Freigabe der Gelder sei: "Für unsere Unternehmen, die sich bei der Ausbildung engagieren, ist eine schnelle Einigung beim Digitalpakt sehr wichtig. Denn insbesondere die Berufsschulen müssten lieber gestern als morgen ausgebaut werden", sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer der Deutschen Presse-Agentur.
Der DIHK sehe allein für Investitionen in den Berufsschulen einen Finanzierungsbedarf in Höhe von 2,5 Milliarden Euro - das sei die Hälfte der angekündigten fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung aller Schulen in Deutschland.
Aus Sicht der Länder besteht trotz der gestoppten Grundgesetzänderung die Möglichkeit, Gelder des Bundes für die Schulen auszuzahlen. "Es gibt heute schon im Grundgesetz eine Möglichkeit, aus den Gemeinschaftssteuern den Ländern das Geld zu geben, damit in den Schulen die Digitalisierung vorankommt", sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet in den tagesthemen.
Kultusministerkonferenz fordert Kompromiss
Die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann kritisierte die Rolle des Bundes in dem Streit. "Der Bund hat die Grundgesetzänderung angestrebt, weil er nicht nur Geld geben und Technologien fördern will, sondern weil er in die Bildungshoheit der Länder eingreifen will", sagte sie. Wichtig sei, dass jetzt schnelles Internet samt technischer Ausstattung an die Schulen komme.
Die Kultusministerkonferenz gab nach einem Treffen bekannt, dass sie den ausgehandelten Digitalpakt Schule begrüße. Aber der vom Bundestag verabschiedete Vorschlag für eine Änderung des Grundgesetzes in seiner vorliegenden Form sei keine tragfähige Basis für die weitere Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Die Verschiebung der bisherigen Finanzverteilung zu Lasten der Länder für alle künftigen gemeinsamen Projekte gefährde jede künftige Kooperation und die verfassungsrechtlich festgelegte Aufgabenverteilung zwischen Ländern und Kommunen. Der Vorsitzende der Kultusministerkonferenz, Thüringens Bildungsminister Helmut Holter, forderte von der Bundesregierung einen Kompromiss.
Ursprünglich sollte bei dem Treffen in Berlin eine Bund-Länder-Vereinbarung zum Digitalpakt unterzeichnet werden, dies fällt wegen des Streits aber aus. Am 14. Dezember wollen die Länder den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen.