Heroin, Kokain oder Crack So viele Drogentote wie noch nie
In Deutschland sind im vergangenen Jahr so viele Menschen nachweislich am Konsum illegaler Drogen gestorben wie noch nie. Der Bundesdrogenbeauftragte fordert eine bessere Präventionsarbeit.
Die Zahl der Drogentoten in Deutschland ist deutlich gestiegen. Wegen des Konsums illegaler Substanzen starben im vergangenen Jahr 2.227 Menschen und damit 237 mehr als 2022, wie der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert mitteilte. Dies sei die höchste bisher je registrierte Zahl. Darunter waren 1.844 Männer und 383 Frauen. Das Durchschnittsalter lag bei 41 Jahren und ist somit weiter angestiegen.
Blienert befürchtet, dass es in der Realität mehr Todesfälle gibt, die Dunkelziffer sei aber sehr hoch. Aus seiner Sicht gibt es zu wenige toxikologische Gutachten und Obduktionen. Von den 2.227 erfassten durch Drogenkonsum gestorbenen Menschen wurden in den Bundesländern 1.167 obduziert und in 882 Fällen toxikologische Gutachten erstellt.
"Für mich ist diese Situation extrem schmerzhaft. Hinter den blanken Zahlen verbirgt sich unendliches Leid für die Betroffenen, ihre Familien, das ganze Umfeld", so Blienert.
Oft ist Heroin im Spiel
Auch wenn nicht immer die genaue Todesursache bewiesen werden konnte, laut den Zahlen der Landeskriminalämter war bei 712 Todesfällen Heroin im Spiel. Damit ist Heroin immer noch die am häufigsten mit Todesfällen verbundene Substanz, aber das mit leicht rückläufiger Tendenz (Vorjahr: 749). Einen deutlichen Anstieg gab es demnach bei Toten in Zusammenhang mit Kokain und Crack, deren Zahl sich von zuvor 507 auf 610 erhöhte.
Was die Zahlen auch zeigen: Der Mischkonsum wird in Deutschland zu einem größeren Problem. Immer mehr Drogenkonsumenten nehmen verschiedene Drogen nebeneinander.
Global geht der Trend zu preiswerteren und stärker-wirksamen Opioiden und Stimulanzien, die von global agierenden Kartellen in die Märkte gedrückt werden. Gleichzeitig steigt das Angebot an Kokain in Deutschland und Europa stark an. Der Bundesdrogenbeauftragte fordert, dass die Präventions-, Beratungs- und Hilfesysteme ausgebaut werden. "Wir wissen ja, was zu tun ist!" Und Blienert weiter: "Wir müssen gerade besonders gefährdete Jugendliche früh und konsequent unterstützen und dürfen suchterkrankte Menschen nicht einfach abschreiben."
Drogenkonsumräume und Drug-Checking
Es gibt bereits niedrigschwellige Angebote in verschiedenen Städten. Der Bericht des Bundesdrogenbeauftragten nennt unter anderem Drogenkonsumräume wie die Berliner Birkenstube der vista gGmbH. Deren Geschäftsführerin Nina Pritszens meint: "Drogenkonsumräume erreichen drogengebrauchende Menschen in Notlagen, die auf kaum einem anderen Wege erreicht und versorgt werden."
Durch den kontrollierten Gebrauch sei es möglich, schnell medizinische Hilfe zu erhalten und so Todesfälle zu verhindern. Deswegen müsste es bundesweit mehr solcher Räume geben.
Pritszens fordert, auch sogenanntes Drug-Checking auszubauen. Eine entsprechende Regelung hatte der Bundestag im Juni 2023 beschlossen. Mit Drug-Checking können besonders gesundheitsschädliche Stoffe entdeckt und der Wirkstoffgehalt festgestellt werden. Konsumierende erhalten auch anonym eine Beratung. In Berlin wird das Testen von Drogen seit dem vergangenen Sommer angeboten. Die Bundesländer können nach dem Bundestagsbeschluss nun selbst entscheiden, ob sie Modellvorhaben erlauben.