Wahlen in Europa Eine Starköchin, eine Hundertjährige und ein Münzwurf
Fast 60 Prozent für die CSU, das Bundesland mit der höchsten Wahlbeteiligung schickt keinen Abgeordneten nach Brüssel, eine Starköchin vertritt die Grünen und in Spanien entscheidet ein Münzwurf - Europa von einer anderen Seite.
Auch wenn sich auf Bundesebene bei der Europawahl vieles verschoben hat - mancherorts verändert sich wenig. So erzielte die CSU im bayerischen Wahlkreis Straubing-Bogen 58,7 Prozent und legte damit noch um 2,0 Prozentpunkte zu. Es ist das beste Wahlkreis-Ergebnis für eine Partei im gesamten Bundesgebiet, wie aus den vom Bundeswahlleiter vorgelegten Statistiken zu den vorläufigen Ergebnissen hervorgeht. Andere Parteien haben es dort besonders schwer, so erzielte die FDP dort nur 1,8 Prozent. In München blieben die Christsozialen unverändert bei 26,9 Prozent.
Auch die CDU kann auf ihre Hochburgen setzen. Ihr bestes Ergebnis erzielte sie auf Wahlkreisebene im niedersächsischen Emsland mit immer noch 49,3 Prozent, musste dabei aber einen Verlust von 13,5 Punkten hinnehmen. Im katholischen Eichsfeld in Thüringen erlitt sie ein Minus von 9,1 Punkten, kam aber auch noch auf 41,8 Prozent. Der bundesweite Trend zu Verlusten wurde nur in sehr wenigen Wahlkreisen wie Suhl in Thüringen und Bremen durchbrochen, wo die CDU 0,4 und 0,3 Punkte zulegte.
Höchster Verlust in einem Wahlkreis für die SPD
Bei der SPD hingegen findet sich auf Wahlkreisebene gar kein Plus mehr. Ihr niedrigstes Ergebnis erzielte sie im schon erwähnten bayerischen Wahlkreis Straubing-Bogen mit 4,4 Prozent, dort verlor sie 7,0 Punkte.
Den größten Verlust erlebten die Sozialdemokraten in Gelsenkirchen mit 20,5 Punkten, dort erhielt sie noch 25,7 Prozent der Wählerstimmen. Den höchsten Stimmenanteil erreichten sie in Emden mit 29 Prozent, aber auch dort war der Absturz tief: 16,4 Punkte gingen dort im Vergleich zur Europawahl vor fünf Jahren verloren.
Während die CSU auch bei der Europawahl noch auf ihre Hochburgen setzen konnte, erlebte die CSU überall Verluste.
Grüne erzielen überall Zuwächse
Ganz anders hingegen bei den Grünen: Sie blicken durchgängig auf Zuwächse. Sogar im Kyffhäuser-Kreis mit dem schlechtesten Ergebnis von 4,7 Prozent verzeichneten sie noch ein Plus von 1,9 Punkten. Die meisten Stimmen gewannen sie aber in Flensburg hinzu - dort steigerten sie ihr Ergebnis um 19,7 Punkte auf 37,1 Prozent, diese Zahl wurde noch einmal getoppt, und zwar in Freiburg im Breisgau, wo die Grünen mit 38,5 Prozent ihr bestes Ergebnis erzielten.
Es ist allerdings noch nicht der höchste Zuwachs, den eine Partei für sich verzeichnen konnte. In Bautzen und im Wahlkreis Spree-Neiße legte die AfD jeweils um 21,3 Punkte auf 32,1 und 30,9 Prozent zu. In Münster hingegen hatte es die Alternative für Deutschland schwer, dort kam sie mit 4,0 Prozent auf ihren niedrigsten Wert.
Ungewöhnlichere Ergebnisse finden sich auf kleineren Gebietsebenen, so im Hamburger Stadtteil St. Pauli. Dort kam zum Beispiel Die Partei auf 11,3 Prozent und lag damit weit vor der CDU mit 4,2 Prozent.
Saarland: Trotz höchster Wahlbeteiligung kein Abgeordneter in der EU
Bitter ist auch der Ausgang der Europawahl für das Saarland: Obwohl das Bundesland mit 66,4 Prozent der Berechtigten und sogar mit 74,4 Prozent im Wahlkreis St. Wendel die höchste Wahlbeteiligung im gesamten Bundesgebiet erreicht, wird kein Politiker von dort mehr im Europaparlament in Brüssel und Straßburg vertreten sein. Der langjährige SPD-Abgeordnete Jo Leinen schaffte aufgrund des schlechten Abschneidens seiner Partei den Wiedereinzug nicht. Auch der CDU-Spitzenkandidat Roland Theis erhielt kein Mandat. Nach 2014 entsendet die CDU damit bereits zum zweiten Mal keinen Abgeordneten in das Europaparlament. 2014 hatte das Saarland noch zwei Politiker entsandt.
Das kleinste Bundesland schickt keine Abgeordneten ins Europaparlament.
Katalanischem Wahlsieger droht Festnahme
Der spanische Politiker Carles Puigdemont hingegen kann sich zwar über ein Mandat freuen, muss aber auf dem Weg ins Europaparlament mit seiner Festnahme rechnen. Dem katalanischen Separatistenführer drohen in Spanien wegen Rebellion ein Prozess und bis zu 30 Jahre Haft. Bevor er sein Mandat in Brüssel beziehungsweise Straßburg antreten kann, muss er laut spanischen Wahlrecht in Madrid auf die Verfassung schwören. Am Wahlabend ließ Puigdemont bei Auftritten vor den Medien in Brüssel keinen Zweifel daran, dass er sein Mandat antreten will. Die Bedingung des spanischen Wahlrechts will er vor dem Europäischen Gerichtshof anfechten.
Starköchin, Ex-Basketballprofi, Satiriker
Vor dergleichen Problemen steht die österreichische Fernsehköchin Sarah Wiener nicht. Sie wird für die Grünen in das Europaparlament einziehen. Sie setzt sich für Tierschutz, Öko-Landwirtscahft und soziale Gerechtigkeit ein.
Star-Köchin Sarah Wiener setzt sich nun im Europaparlament für Öko-Landwirtschaft ein.
Litauen schickt eine Basketball-Legende nach Brüssel. Sarunas Marciulionis gewann als Polit-Neuling ein Mandat für den Bund der Bauern und Grünen. Er war einst der erste Spieler in der US-Profiliga NBA aus dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion.
Deutschland schickt zum zweiten Mal den Satiriker Martin Sonneborrn ins Europaparlament, diesmal zusammen mit dem Kabarettisten Nico Semsrott, der aus der ZDF-Satiresendung "heute show" bekannt ist. Die Partei legte aufgrund solcher Ergebnisse wie in St. Pauli um 1,8 Prozentpunkte zu und stellt damit zwei Abgeordnete.
Mit 100 Jahren in die Politik
Bei den gleichzeitig abgehaltenen Kommunalwahlen im rheinland-pfälzischen Kirchheimbolanden schaffte es die 100 Jahre alte Kandidatin Lisel Heise in den Stadtrat.
Die ehemalige und im Ort hoch angesehene Lehrerin habe die meisten Stimmen der Liste "Wir für Kibo" erhalten, teilte die Wählergruppe mit. Sie nehme das Mandat an. Die begeisterte Schwimmerin setzt sich dafür ein, dass Kirchheimbolanden wieder ein Freibad bekommt. Das alte Bad war vor acht Jahren geschlossen worden.
Lisel Heise zieht mit 100 Jahren in den Stadtrat ein.
Münzwurf entscheidet über Bürgermeister
Vor einem anderen Problem steht die spanische Gemeinde Tolox in Andalusien, in der ebenfalls am Sonntag eine Kommunalwahl abgehalten wurde. Dabei erhielten die Kandidaten der Sozialisten und der konservativen Volkspartei exakt die gleiche Anzahl an Stimmen. Nun soll ein Münzwurf über den Bürgermeister für die 2000 Einwohner entscheiden. Allerdings herrscht noch Unklarheit über einen Stimmzettel, den die Wahlbehörde noch als ungültig einstufen könnte. Dann würden die Sozialisten das Amt übernehmen.