Markenstreit vor EuGH "Fack ju Göhte" und die guten Sitten
Darf der Filmtitel "Fack ju Göhte" als Marke eingetragen und so geschützt werden oder verstößt das gegen die "guten Sitten"? Darüber verhandelt heute der Europäische Gerichtshof in Luxemburg.
Wenn man sich beruflich viel durch Gerichtsurteile und amtliche Verlautbarungen wühlt, kann man eines mit Fug und Recht sagen: Die Worte "fuck you" stehen da relativ selten drin. Anders beim Urteil des Europäischen Gerichts in Luxemburg, das nun in zweiter Instanz überprüft wird. Was sollen die Richter auch machen, wenn es um den deutschen Kinohit "Fack ju Göhte" geht? Im Mittelpunkt des Films: Ein falscher Lehrer mit seinen eher bildungsfernen und schulgefrusteten Schülerinnen und Schülern. Inzwischen gibt es drei Teile davon auf den Leinwänden.
Goethes Nachlassverwalter hat keine Einwände
Warum hier ein Gericht im Spiel ist? Hat etwa Goethes Familie posthum geklagt, weil sie die Ehre des Dichterfürsten gefährdet sieht? Mitnichten. Der Nachlassverwalter Goethes, Prinz Michael von Sachsen-Weimar-Eisenach, hat kein Problem mit dem Film. Auf den Rechtsstreit angesprochen, sagt er: "Natürlich fand ich den Film ganz gut. Vor allem kann man sich dem Film nicht entziehen, wenn die Jugend ihn gut findet. Ich habe Kinder aus allen Gesellschaftsschichten erlebt, die durchgängig begeistert waren."
Geschmacklos, vulgär und sittenwidrig
Die Gerichte kamen ins Spiel, weil hier nicht nur die Kinokasse klingeln soll. Die Constantin-Filmgesellschaft möchte nämlich ihr Erfolgsprojekt auch anderweitig zu Geld machen, Stichwort "Merchandising". Kleidung, Bier, Waschmittel, Lehr- und Unterrichtsmaterial mit dem Schriftzug "Fack ju Göhte" - das alles und noch viel mehr möchte sie auf den Markt bringen. Geld verdienen kann man damit aber nur, wenn nicht jeder beliebige Dritte den Schriftzug auch für seine Produkte benutzt. Um das zu verhindern, muss man sich eine Marke eintragen lassen. Für einen EU-weiten Markenschutz geht man dafür zum "Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum" mit Sitz im spanischen Alicante.
Doch dort hörte beim F-Wort der Spaß auf. Geschmacklos, vulgär und sittenwidrig - Anmeldung zurückgewiesen, lautete die Entscheidung des Amtes in Kurzfassung. Die Prüfer verwiesen auf Artikel 7 der einschlägigen EU-Verordnung. Dort heißt es: "Von der Eintragung ausgeschlossen sind (…) Marken, die gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen (…)."
Mit dem "Fack ju Göhte" würde "(…) ein hochangesehener Schriftsteller wie Johann Wolfgang von Goethe posthum in herabwürdigender und vulgärer Weise verunglimpft (…), noch dazu in fehlerhafter Rechtschreibung (…)".
Verstößt ''Fack ju Göhte'' gegen die öffentliche Ordnung? Darüber will der EuGH urteilen. (Foto: Filmszene)
EU-Gericht sieht Verstoß gegen die "guten Sitten"
Die Filmgesellschaft zog vor das Gericht der Europäischen Union. Der Filmtitel sei nicht als vulgäre Beleidigung gemeint wie der englische Kraftausdruck "fuck you", sondern als Scherz, den man nicht für bare Münze nehmen dürfe. Gerade die fehlerhafte Schreibweise mache das deutlich. Auch die Millionen Kino-Zuschauer hätten das so verstanden.
Das EU-Gericht verstand allerdings keinen Spaß, und urteilte, dass die Ablehnung der Wortmarke "Fack ju Göhte" in Ordnung war. "Fack ju" und der gleich klingende englische Ausdruck "fuck you" sei "durch eine ihm innewohnende Vulgarität geprägt (…)".
Es sei nicht entscheidend, was zum Beispiel die Kinobesucher von "Fack ju Göhte" halten oder Jugendliche. Entscheidend sei, was der normale Durchschnittsverbraucher denke, wenn er diesen Schriftzug zum Beispiel auf einem Waschmittel oder auf einem T-Shirt sieht. Und da fand das Gericht: Dieser Ausdruck sei so vulgär, dass der normale Durchschnittsverbraucher davon schockiert sei. Die Filmgesellschaft will sich den Spaß aber nicht verderben lassen. Jetzt überprüft der Europäische Gerichtshof (EuGH), den Fall, also das höchste Gericht der EU. Heute wird im Luxemburger Gerichtssaal verhandelt.
Kommerz rund um Goethe an der Tagesordnung
Nun ist es keinesfalls so, dass mit dem guten alten Goethe keine Werbung betrieben würde. Vor allem in Weimar. Dort findet man in den Geschenkeläden etwa Goethe-Tassen, Goethe-Spardosen oder Goethe-Quitscheentchen. Der absolute Verkaufsschlager sei derzeit das Goethe-Playmobilmännchen, das man schon bis nach Shanghai geschickt habe, hört man aus den Souvenirshops dort. Wie geschmackvoll das alles ist, darüber lässt sich sicher streiten. Genau wie über "Fack ju Göhte" und den umstrittenen Verstoß gegen die guten Sitten.
Wie wohl der große Goethe selbst den Fall entschieden hätte? Der ja bekanntermaßen "nun, ach! (…) Juristerei (…) durchaus studiert" hat, und zwar "mit heißem Bemühn". Wir wissen es nicht. Nur eines ist sicher: Im abschließenden EuGH-Urteil in einigen Monaten wird wieder ziemlich häufig das F-Wort vorkommen. Mit "u" und auch mit "a".