Der Rechtsterrorismus der NSU Die Anwälte der Angeklagten
Zehn Anwälte stehen den fünf Angeklagten im NSU-Prozess zur Seite, allein Beate Zschäpe hat drei Verteidiger. Wer sind diese Anwälte, welche Rechte haben sie? Und gibt es eine einheitliche Strategie der Verteidigung?
Von Frank Bräutigam und Kolja Schwartz, SWR
Wer sind die Anwälte von Beate Zschäpe?
Beate Zschäpe hat drei Verteidiger: Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm. Die drei Anwälte sind erfahrene Strafverteidiger. Anja Sturm hat schon Erfahrungen mit der Staatsschutzkammer des OLG München gemacht. Im Prozess um die so genannte "Globalen Islamischen Medienfront" war sie in München aufgetreten. Wolfgang Heer hat unter anderem schon vor der Staatsschutzkammer des Landgerichts Stuttgart verteidigt. Alle drei stehen nicht in dem Verdacht, rechte Szeneanwälte zu sein. Eine ideologische Nähe zur Angeklagten besteht nicht.
Was sind Pflichtverteidiger und wer bezahlt sie?
Die drei Verteidiger sind inzwischen als so genannte "Pflichtverteidiger" bestellt. In bestimmten Fällen hat ein Angeklagter ein Recht auf einen Verteidiger, zum Beispiel wenn er sich in Untersuchungshaft befindet, wenn ihm ein Verbrechen zur Last gelegt wird oder wenn die Hauptverhandlung vor einem Oberlandesgericht stattfindet. In diesen Fällen muss dem Angeklagten mindestens ein Verteidiger, wenn das Verfahren kompliziert ist, auch mehrere Verteidiger beigeordnet werden. Bei Beate Zschäpe liegen gleich mehrere Gründe für eine notwendige Verteidigung vor.
Pflichtverteidiger können ihre Gebühren zunächst gegenüber der Staatskasse abrechnen. Im Falle einer Verurteilung werden den Angeklagten in der Regel die Kosten des Verfahrens auferlegt, also auch das Honorar für die Pflichtverteidiger. Ob die Angeklagten die Kosten aber jemals aufbringen können, ist oft fraglich. Nicht selten bleibt der Staat darauf sitzen. Dennoch ist es für ein rechtsstaatliches Verfahren zentral, dass Angeklagte angemessen verteidigt werden.
Wer sind die Anwälte der weiteren Angeklagten?
Auch die anderen Angeklagten neben Beate Zschäpe haben Pflichtverteidiger. André E. wird von Rechtsanwalt Herbert Hedrich verteidigt, Holger G. von den Rechtsanwälten Stefan Hachmeister und Pajam Rokni-Yazdi, Ralf Wohlleben von der Rechtsanwältin Nicole Schneiders und dem Rechtsanwalt Olaf Klemke. Carsten S. wird von den Rechtsanwälten Jacob Hösl und Johannes Pausch verteidigt. Nur bei der Anwältin Nicole Schneiders kann man wohl von einer so genannten "Szeneanwältin" sprechen. Nicole Schneiders war selbst stellvertretende Kreisvorsitzende der NPD in Jena und soll ihren Mandanten Ralf Wohlleben aus dieser Zeit kennen.
Gibt es eine einheitliche Strategie der Verteidiger?
Es ist in einem Strafprozess nicht ungewöhnlich, dass die Verteidiger der Angeklagten unterschiedliche Strategien verfolgen. So wird es wohl auch im NSU-Prozess sein. Nach aktuellem Stand wird Beate Zschäpe von ihrem Recht zu Schweigen Gebrauch machen. Holger G. und Carsten S. haben bereits im Ermittlungsverfahren ausführliche Angaben gemacht, auf denen die Anklage zu großen Teilen beruht. Jeder Verteidiger wird versuchen, für seinen Mandanten/seine Mandantin das Beste herauszuholen.
Welche Rechte hat die Verteidigung?
Alle Verteidiger haben dieselben Rechte. Sie können Beweisanträge stellen und die geladenen Zeugen befragen. Ob der Verteidiger ein so genannter "Szeneanwalt" ist, spielt dabei keine Rolle. Der Vorsitzende Richter kann nach der Strafprozessordnung ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen zurückweisen. Gut möglich ist auch, dass die Verteidiger gleich am ersten Tag noch vor Verlesung der Anklage Befangenheitsanträge gegen das Gericht stellen oder dessen Besetzung rügen.