Nancy Faeser

Flüchtlingsgipfel Faeser will Kommunen mit Immobilien helfen

Stand: 11.10.2022 11:22 Uhr

Bundesinnenministerin Faeser hat den Kommunen zur Bewältigung der Flüchtlingslage mehr Geld und Immobilien in Aussicht gestellt. Die Bundesländer kritisieren offene Fragen bei der Finanzierung und weitere Aufnahmeprogramme für Migranten.

Der Bund möchte Kommunen bei der Versorgung von Geflüchteten vor allem aus der Ukraine auch mit Bundesimmobilien unterstützen. Das sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser vor dem geplanten Flüchtlingsgipfel im ARD-Morgenmagazin. Zu solchen Immobilien gehörten beispielsweise Kasernen. Der Umgang mit Geflüchteten sei eine Gemeinschaftsaufgabe und eine "gemeinsame Kraftanstrengung", bei der jeder seinen Beitrag leisten müsse. Gleichwohl trügen die Städte und Gemeinden die Hauptlast und müssten daher unterstützt werden. Sie wolle regelmäßig über die Lage informieren, um den Kommunen mehr Planbarkeit zu geben.

"Wir müssen uns alle unterhaken", Nancy Faeser, SPD, Innenministerin, zu Migrationsgipfel

Morgenmagazin

Faeser hält Streit über Finanzen für unangemessen

Bundesinnenministerin Faeser hält einen Streit über die Finanzen für unangemessen. "Es geht darum, dass wir jetzt unterhaken, dass Bund, Land und Kommunen die Lage gemeinsam bewältigen", sagte sie im ARD-Morgenmagazin. Bislang sei das gut gelungen. Auf Kritik der Länder, die bislang zur Verfügung gestellten zwei Milliarden Euro reichten nicht, sagte Faeser, es werde zu dem Thema Anfang November eine zweite Runde geben. Dann werde geschaut, wie hoch die Kosten seien und wo der Bund noch unterstützen könne.

In der Debatte um den Sozialleistungsbezug von Geflüchteten aus der Ukraine sagte die Innenministerin, dass eine mögliche unzulässige Leistungsbeanspruchung nicht festzustellen sei. Aktuell müsse geschaut werden, wie das Kriegsland "winterfest" gemacht werden könne. Menschen müssten ein Dach über dem Kopf haben, was auch dazu beitrage, dass sie nicht fliehen müssten. Das sei gerade ein Thema auf europäischer Ebene.

Beuth: "Es muss endlich die Kostenfrage geklärt werde"

Hessens Innenminister Peter Beuth forderte vor dem Flüchtlingsgipfel konkrete Zusagen vom Bund für die Kommunen. Das Zugangsgeschehen nach Deutschland habe in den vergangenen Wochen wieder deutlich zugenommen, sagte Beuth der Nachrichtenagentur dpa. Dabei handele es sich weniger um Geflüchtete aus der Ukraine, sondern wieder vermehrt um Migration aus dem Nahen und Mittleren Osten. Auch die hessischen Kommunen signalisierten, dass sie nunmehr an ihre Leistungsgrenze stoßen.

"Die Bundesinnenministerin hat einiges angekündigt, nur passiert ist bislang nichts", kritisierte der CDU-Politiker. "Dabei hat der Bund hier eine zentrale Koordinierungsfunktion, von der noch immer nichts zu spüren ist." Er erwarte daher von dem Treffen, dass die Bundesinnenministerin den Kommunen konkrete Zusagen macht. "Es muss nun endlich die Kostenfrage geklärt werden. Der Bund hatte bereits im April eine Kostenbeteiligung angekündigt. Jetzt müssen dieser Ankündigung auch endlich Taten folgen."

Herrmann: "Ernst der Situation noch nicht erkannt"

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann kritisierte: Für ihn sei es nicht nachvollziehbar, "dass die Bundesregierung in Zeiten ohnehin hoher Zugangszahlen zusätzliche freiwillige Aufnahmeprogramme für Flüchtlinge startet oder mit Leistungsverbesserungen für Asylbewerber, bei der Reform des Bürgergeldes oder mit der Einführung des Chancen-Aufenthaltsrechts noch mehr Anreize setzt, ins Land zu kommen", sagte der CSU-Politiker der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Es könne nicht sein, dass der Bund immer mehr Flüchtlinge aufnehmen möchte, die Länder aber dann im Stich lasse.

"Unsere Kommunen sind bei der Unterbringung am Anschlag", sagte Herrmann. "Die Zugangszahlen nach Bayern sowohl von Asylsuchenden als auch von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine liegen in diesem Jahr mit weit mehr als 200.000 Personen bereits jetzt über dem Niveau von 2016, dem Jahr der sogenannten Flüchtlingskrise", sagte er. Der Bund scheine aber "den Ernst der Situation noch nicht erkannt zu haben" und sende "ausschließlich Signale für mehr Zuwanderung".

Der Bund müsse "seiner Finanzierungsverantwortung gerecht" werden, sagte Herrmann. "Das betrifft sowohl die ungedeckten Kosten für Ukraine-Flüchtlinge wie auch die bislang fehlenden inhaltlichen Aussagen zu einer künftigen Bundesbeteiligung an den flüchtlingsbezogenen Kosten sowie den Aufwendungen für Integration."

Städte- und Gemeindebund warnt vor angespannter Lage

Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, bezeichnete die Lage im Deutschlandfunk als angespannt. Insgesamt laufe die Hilfe zwar deutlich besser als 2015, sagte er. Viele Kommunen seien aber wieder dazu gezwungen, Turnhallen und andere Räume bereit zu stellen, weil die Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder nicht ausreichten. Landsberg forderte die Bundesregierung auf, dort zusätzliche Kapazitäten zu schaffen.

Migrationsbeauftragte: "Nach wie vor große Solidarität"

Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, forderte Vorbereitungen auf mögliche neue Fluchtbewegungen aus der Ukraine. Zurzeit seien die Zahlen der neu ankommenden Geflüchteten aus der Ukraine mit rund 150 pro Tag zwar weiter rückläufig, "aber ein harter Kriegswinter kann das ändern", sagte Alabali-Radovan dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Vor dem Flüchtlingsgipfel nannte die SPD-Politikerin die Aufnahme und Unterbringung Geflüchteter "eine große gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen". 

Es gebe "in Deutschland nach wie vor eine große Solidarität" gegenüber Geflüchteten aus der Ukraine, sagte sie. Gleichzeitig warnte sie: "Es gibt immer wieder unsägliche Kampagnen gegen Geflüchtete, auch aus russischen Propaganda-Schleudern. Dem müssen wir entschieden entgegentreten."

Bei den Beratungen soll es um die bundesweite Steuerung und Verteilung sowie die Unterbringung gehen. Neben dem Deutschen Städtetag sollen an dem Treffen auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund, der Deutsche Landkreistag, der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius als Vertreter der SPD-geführten Länder und der hessische Innenminister Beuth als Vertreter der unionsgeführten Länder teilnehmen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das ARD-Morgenmagazin am 11. Oktober 2022 um 07:09 Uhr.