Frachter-Kollision in der Nordsee Sorge um Vermisste und vor Umweltkatastrophe
Nach der Kollision zweier Frachter auf der Nordsee nahe Helgoland ist die Suche nach vier vermissten Seeleuten erst einmal eingestellt worden. Unterdessen mehren sich die Sorgen vor einer Umweltkatastrophe.
Nach dem Zusammenstoß zweier Frachtschiffe auf der Nordsee nahe Helgoland werden vier Seeleute noch immer vermisst. Die Suche wurde am späten Abend erst einmal eingestellt - ob sie im Laufe des Tages fortgesetzt wird, ist unklar. Zusätzlich gab es auch vermehrt Sorgen vor einer Umweltkatastrophe.
NDR-Reporterin Laura Albus berichtete aus Helgoland, sie hätte am Abend die Information bekommen, dass bei dem Unfall Marinediesel ausgetreten sei, der jetzt an der Meeresoberfläche treibe.
"Die Frage ist jetzt: Wo treibt es hin?", so Albus bei tagesschau24. Welche Folgen die Kollision also für die Umwelt, etwa das Wattenmeer, hat, sei noch nicht abzusehen. Das Havariekommando habe klargestellt, dass das Öl am Abend "auf gar keinen Fall" mehr bekämpft werden könne.
Suche eingestellt
Die Suche nach den vier Vermissten sei am Abend um 22:45 Uhr eingestellt worden, teilte ein Sprecher des Havariekommandos der Nachrichtenagentur dpa in der Nacht mit. Es könne nur darüber spekuliert werden, ob die vermissten Personen noch gefunden werden könnten.
Im Laufe des Vormittags solle entschieden werden, wie es mit der Suche weitergehen werde. "Wir gucken dann, wie es weitergeht und was wir da noch machen können", sagte der Sprecher.
Zwei Seeleute lebend geborgen, ein weiterer starb
Nachdem einer der Frachter am Dienstagmorgen infolge des Zusammenstoßes gesunken war, hatten Rettungskräfte zwei Seeleute aus dem Wasser retten können. Für einen weiteren Seemann kam dagegen jede Hilfe zu spät. Vier Menschen der siebenköpfigen Besatzung des Frachters "Verity" gelten weiter als vermisst. Niemand wisse, wie die vermissten Seeleute ausgerüstet seien, sagte DGzRS-Geschäftsführer Ippich.
Mehrere Behörden an Suche beteiligt
Drei Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) suchten am Abend auch bei völliger Dunkelheit nach den Vermissten. Auch ein Bundespolizeischiff, ein Zollboot, ein Schiff der Wasserschutzpolizei und ein Lotsentender seien noch im Einsatz gewesen, teilte das Havariekommando am Abend mit. Sie setzen bei ihrer Suche Wärmebildkameras und Nachtsichtgeräte ein. Darüber hinaus beteiligten sich laut der Behörde die Deutsche Marine mit drei Hubschraubern, das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie mit einem Forschungsschiff und die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes mit einem Mehrzweckschiff.
Taucher hatten zuvor nach Lebenszeichen auf dem Wrack des infolge der Kollision gesunkenen Frachters "Verity" in rund 30 Metern Tiefe gesucht - ohne Erfolg. Eine einsetzende starke Strömung machte weitere Versuche zunächst unmöglich, hieß es.
Die Bedingungen an der Unglücksstelle waren laut dem Havariekommando schwierig. "Der Wind weht mit etwa fünf bis sechs Windstärken, die Wellenhöhen liegen zwischen einem und zwei Metern", teilte die Behörde in Cuxhaven weiter mit.
Unfallursache weiter unklar
Indes bleibt weiter unklar, warum das Massengutschiff "Polesie" und das Küstenmotorschiff "Verity" bei völliger Dunkelheit in der Deutschen Bucht zusammenstießen. Fotos vom Unglücksort zeigten, wie Lichtkegel von Suchscheinwerfer des Kreuzfahrtschiffes "Iona", das zufällig in der Nähe unterwegs war, kurz nach der Havarie am frühen Morgen die dunkle Wasseroberfläche an der Unglücksstelle absuchten.
Gegen 5:20 Uhr sei das Signal der "Verity" verloren gegangen, sagte Michael Ippich von der DGzRS-Geschäftsführung. "Man musste davon ausgehen, dass zu diesem Zeitpunkt das Schiff gesunken ist." Gut eine Stunde später sei der erste Seenotrettungskreuzer von Helgoland am Unglücksort gewesen. Kurz darauf wurden erste Wrackteile gefunden.
Besatzung der "Polesie" blieb unverletzt
Die unter der Flagge Großbritanniens fahrende 91 Meter lange "Verity" hatte laut dem Havariekommando sogenannte Stahl-Coils geladen, also Rollen aus großen Blechen. Das Schiff der britisch-niederländischen Reederei Faversham Ships war auf dem Weg von Bremen nach Immingham, einem Hafen an der englischen Nordseeküste. Es hatte auch rund 130 Kubikmeter Dieselkraftstoff an Bord. Deswegen rückte auch ein Mehrzweckschiff zu der Unfallstelle aus, um möglichen ausgelaufenen Kraftstoff vom Wasser aufnehmen zu können.
Der andere Frachter, die mit 190 Metern Länge größere "Polesie", war unter der Flagge der Bahamas auf dem Weg von Hamburg nach La Coruña in Spanien unterwegs. 22 Seeleute waren an Bord des Frachters, der zu der polnischen Reederei Polsteam Group gehört. Sie blieben alle unverletzt, wie das Havariekommando am Aabend bestätigte. Der Frachter sollte noch im Laufe der Nacht aus eigener Kraft Cuxhaven anlaufen.
Der Unfall ereignete sich rund 22 Kilometer südwestlich der Hochseeinsel Helgoland und 31 Kilometer nordöstlich der ostfriesischen Insel Langeoog - in einem der meistbefahrenen Seegebiete weltweit.
In einer früheren Version dieser Meldung haben wir von rund 1.300 Kubikmetern Dieselkraftstoff an Bord der "Verity" geschrieben, tatsächlich sind es rund 130 Kubikmeter. Zudem hieß es zuvor, dass Marinediesel ein Kraftstoff ist, dem Schweröl beigemischt ist. Das ist falsch. Wir haben beides entsprechend korrigiert.
Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen