Schülerin zu Klimademos "Wir werden nicht aufhören, zu protestieren"
Die Schülerin Lina Gobbelé hat die Proteste in Aachen mitorganisiert. Bei tagesschau24 spricht sie über die Ziele, die Solidarisierung mit "Ende Gelände" - und darüber, wie lange sie noch auf die Straße gehen will.
tagesschau24: Es wird ja keine leichte Aufgabe gewesen sein, diese Großdemo organisiert zu haben - neben der Schule, wohlgemerkt. Wie groß ist denn Ihre Erleichterung, dass es jetzt endlich losgeht?
Lina Gobbelé: Sehr groß, wir freuen uns auch alle riesig.
tagesschau24: Warum machen Sie das international? Es gibt ja regionale "Fridays-for-Future"-Proteste, die werden mittlerweile quasi in jeder größeren Stadt organisiert. Warum wollten Sie es so groß aufziehen?
Gobbelé: Wir müssen irgendwie zeigen und verdeutlichen, dass die Lösungen nicht nur auf nationaler oder regionaler Ebene her müssen, sondern eben auch auf globaler.
tagesschau24: Deswegen kommen dann tatsächlich Schülerinnen und Schüler aus 16 Nationen. Das Interesse ist groß: Ihre Demo ist heute quasi das innerdeutsche Nachrichtenthema des Tages. Ist denn damit schon einmal eines ihrer Ziele erreicht, weiter für Aufsehen und für Gesprächsstoff zu sorgen?
Gobbelé: Es ist natürlich ein Zwischenziel, für Aufsehen und Gesprächsstoff zu sorgen. Aber unser endgültiges Ziel ist eigentlich, dass sich tatsächlich etwas verändert und nicht nur darüber geredet wird.
tagesschau24: Wofür genau gehen Sie und die anderen Schülerinnen und Schüler da heute in Aachen auf die Straße?
Gobbelé: Im Groben: Einmal dafür, dass wir es schaffen, das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten, was tatsächlich einfach notwendig ist. Und wir haben ja auch einen konkreten Forderungskatalog aufgestellt. Da geht es beispielsweise darum, dass alle Kohlekraftwerke nicht erst 2038 abgeschaltet sein müssen, sondern dass 2030 Schluss mit der Kohleenergie sein muss. Und ein Viertel dieser Kohleenergie sollte eigentlich schon dieses Jahr abgeschaltet werden. Ich finde, an diesem Beispiel sieht man sehr gut, wie sehr wir im Verzug sind.
"Letztendlich kommt es auf das Ziel an"
tagesschau24: Sie wollen morgen noch mit den Braunkohle-Gegnern von "Ende Gelände" protestieren. Da gab es viele Diskussionen, die Aachener Polizei nennt "Ende Gelände" eine gewaltbereite Gruppierung. Trotzdem hat sich "Fridays for Future" mit diesen Aktivisten ausdrücklich solidarisiert. Warum haben Sie das getan?
Gobbelé: Weil wir letztendlich alle für das Gleiche kämpfen. Es geht uns darum, dass unser Klima geschützt wird, und natürlich gibt es verschiedene Formen des Aktivismus. Aber letztendlich kommt es auf das Ziel an. Wir sind eine friedliche Protestbewegung. Dementsprechend verhalten wir uns auch. Wir solidarisieren uns in den Punkten mit "Ende Gelände", dass es eben eine Veränderung in der Klimapolitik geben muss.
tagesschau24: Sollte es jetzt aber doch zu gewaltsamen Aktionen kommen morgen, wovor die Polizei Angst hat, haben Sie dann nicht die Sorge, dass die Stimmung vielleicht auch kippt?
Gobbelé: Die Sorge ist natürlich immer da. Aber letztendlich kennen wir die "Ende-Gelände"-Leute größtenteils. Wir haben gute Kontakte zu ihnen und zur Polizei. Es ist im Prinzip alles abgesprochen. Wir haben nicht die Sorge, dass uns da irgendwas im Nachhinein nachstehen wird.
tagesschau24: Als es losging mit "Fridays for Future", da haben viele - vor allem Erwachsene - gesagt: Na, schauen wir mal, wie lange die Schüler das wohl durchhalten. Jetzt haben Sie schon sehr lange durchgehalten. Haben Sie Sorge, dass "Fridays for Future" irgendwann die Luft ausgeht?
Gobbelé: Generell machen wir uns natürlich immer darüber Gedanken, wie wir das Thema möglichst lange möglichst präsent in den Medien und in der Öffentlichkeit halten. Dafür gibt es über die Sommerferien tatsächlich verschiedene Aktionen, die über das reine Protestieren hinausgehen - beispielsweise ein Sommerkongress, wo wir uns einfach einmal alle "face to face" begegnen. Man kennt sich ja sonst meistens nur aus den WhatsApp-Gruppen. Und da wird eben auch konkretisiert, wie es nach den Sommerferien weitergeht. Ich kann jetzt schon sehr sicher sagen, dass wir nicht aufhören werden zu protestieren, auch nicht nach den Sommerferien.
tagesschau24: Und wann ist dann Schluss?
Gobbelé: Letztendlich gehen wir so lange auf die Straße, wie unsere Zukunft auf dem Spiel steht. Ich glaube, dazu muss man nicht viel mehr sagen. Solange nicht gesichert ist, dass ich in 20 oder 30 Jahren noch eine lebenswerte Zukunft habe, die auch für meine Kinder und meine Enkel gesichert ist, so lange werde ich versuchen, etwas dagegen zu tun. Und ich glaube, das geht den meisten anderen in dieser Bewegung auch so.
Das Interview führte Jan Malte Andresen, ARD-aktuell.