Zugunglück in Oberbayern Zahl der Todesopfer steigt auf fünf
An der Unglücksstelle in Oberbayern ist ein weiteres Todesopfer gefunden worden. Ministerpräsident Söder sprach bei einem Besuch vor Ort von einem "unfassbaren Ereignis". Auch Bundespräsident und Kanzler drückten ihr Mitgefühl aus.
Nach dem schweren Zugunglück in Oberbayern ist nach Polizeiangaben ein weiteres Todesopfer gefunden worden. Damit steigt die Zahl der Toten auf fünf. Die Person sei männlich, über das Alter wurde offiziell bislang nichts mitgeteilt.
Insgesamt gestalten sich Bergungsarbeiten an den entgleisten Waggons schwierig. Zwei Versuche, umgestürzte Waggons anzuheben, waren in der Nacht gescheitert. Mittlerweile konnten Kräne einen Waggon anheben - dort fanden die Einsatzkräfte laut Polizei das fünfte Opfer.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hatte bereits zuvor gesagt, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich unter den umgekippten Waggons noch Tote befinden. Ein Polizeisprecher sagte, die Waggons seien "verdreht und verwunden". "Das macht die Bergung so schwierig. Man muss Schritt für Schritt vorgehen."
Mindestens 44 Verletzte
Bei den vier bereits gestern gefundenen Todesopfern handelte es sich laut Herrmann um erwachsene Frauen. Drei von ihnen waren unter einem Waggon gefunden worden, die vierte sei auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben. Es werden zudem noch "etwa sieben Menschen" vermisst, sagte Herrmann. Die Polizei erhöhte auch die Zahl der Verletzten auf 44, mindestens drei von ihnen seien schwer verletzt worden.
Mehrere Waggons der Regionalbahn auf dem Weg nach München waren am Freitag entgleist, einige stürzten um, rutschen eine Böschung hinab und blieben direkt neben einer Bundesstraße liegen. Noch ist unklar, wie es zu dem Unglück kam. Experten gehen bislang von einem technischen Defekt am Zug oder am Gleis aus, sagte ein Sprecher des bayerischen Verkehrsministers. Ermittler vernahmen mittlerweile den Lokführer, teilten aber nichts über den Inhalt der Vernehmung mit.
Bundes- und Landespolitiker am Unglücksort
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder war heute am Unglücksort, Bundes- und Landespolitiker drückten ihre Bestürzung aus.
Söder sprach von einem "unfassbaren Ereignis", das einem einen "Stich ins Herz" versetze. Mit dem Zug fuhren viele Schüler. "Man muss sich das jetzt so vorstellen: Es ist kurz vor den Ferien, im Zug ausgelassene Stimmung, in einer der schönsten Regionen, die Bayern ja hat - und dann passiert so was und verändert möglicherweise ein Leben komplett", sagte Söder.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier kondolierten. "Meine Gedanken sind bei den Verletzten und allen Angehörigen in diesen schweren Stunden. Allen Polizei- und Rettungskräften danke ich für ihren unermüdlichen und wichtigen Einsatz", sagte Steinmeier.
Das fünfte Todesopfer war während des Besuchs von Bundesverkehrsminister Volker Wissing und Bahnchef Richard Lutz geborgen worden. "Es ist ergreifend, hier zu stehen und zu sehen, welche dramatischen Ausmaße dieser Zugunfall genommen hat", sagte Wissing. "Die Sache wird jetzt weiter aufgeklärt und umfangreich aufgearbeitet." Auch Lutz äußerte sich erschüttert, "weil hier Menschen gestorben sind, junge Menschen, die noch ein ganzes Leben vor sich hatten, Familien zerrissen wurden und auch viele Menschen verletzt, teils schwer verletzt wurden."
Ökumenische Gedenkfeier in Planung
Führende Kirchenvertreter hatten ebenfalls ihre Betroffenheit ausgedrückt. Er denke jetzt zuallererst an die Toten, die Verletzten und die Angehörigen, sagte der bayerische evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm dem Evangelischen Pressedienst epd. Das Unglück treffe sie in einer Situation, in der sie sich auf das Pfingstwochenende oder zwei Wochen Pfingstferien gefreut haben. Diese Vorfreude sei nun jäh unterbrochen worden.
Ich hoffe, dass sie spüren, wie viele Menschen jetzt an sie denken und Anteil nehmen an ihrem Leid. Ich bete für sie.
Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx sagte, er sei "schockiert und traurig, dass bei diesem schlimmen Unfall Menschen aus der Mitte des Lebens gerissen, getötet oder teilweise schwer verletzt wurden". Der Verlust, den die Angehörigen der Verstorbenen zu erleiden hätten, sei "schwer erträglich und mit Worten nicht begreifbar zu machen".
Die Ortsgemeinden und Kirchen sind nach epd-Informationen bereits in den Planungen für eine ökumenische Gedenkfeier für Angehörige und Einsatzkräfte. Der zunächst angedachte Termin am 11. Juni steht aber noch mal zur Diskussion.
Der Bahn-Konzern hat eine Hotline für Angehörige eingerichtet.