Umzug aufs Land Viele Menschen verlassen die Großstädte
Immer mehr Menschen ziehen aufs Land oder in kleinere Städte. Dadurch haben deutsche Großstädte 2021 so stark an Bevölkerung verloren wie zuletzt 1994. Die Stadtflucht betrifft vor allem Familien, sagt eine Studie.
Durch Umzüge haben deutsche Großstädte 2021 so stark an Bevölkerung verloren wie zuletzt 1994. Die Zahl der Fortzüge in kleinere Städte und ländliche Regionen stieg im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 um 1,8 Prozent, wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) in Wiesbaden mitteilte. Im gleichen Zeitraum sei die Anzahl der Zuzüge in kreisfreie Städte, die mehr als 100.000 Einwohner haben, um 5,4 Prozent gesunken.
Die Wanderungsverluste durch Umzüge innerhalb Deutschlands seien über Kreisgrenzen hinweg für die größten deutschen Städte größer gewesen als die Wanderungsgewinne, erläuterte ein BiB-Sprecher. "Damit ist der Binnenwanderungssaldo der Großstädte auf einem so niedrigen Niveau wie seit 30 Jahren nicht mehr."
2019 als Vergleich - wegen Corona
Die BiB-Experten zogen das Jahr 2019 als das letzte Jahr vor Corona zum Vergleich heran, da das Umzugsverhalten während der Pandemie in besonderer Weise beeinflusst wurde. So seien 2020 unter anderem die Zahl der berufsbedingten Umzüge wegen Neueinstellungen oder wegen eines Studiums zurückgegangen, erläuterte ein Sprecher. "Daher ist der Vergleich von 2021 mit dem Vorjahr problematisch."
Unter dem Strich zogen 2021 laut BiB 128.507 mehr Menschen aus kreisfreien Großstädten weg als aus dem Inland dorthin zuzogen. 2019 - also vor der Pandemie - gab es ein Minus von 60.554 Personen.
Nicht eingerechnet sind bei dieser Statistik nach BiB-Angaben Faktoren wie internationale Migration sowie die Entwicklung von Geburten und Sterbefällen, es geht also nur um die Binnenwanderung innerhalb Deutschlands. Es können folglich keine Rückschlüsse auf die Entwicklung der Gesamtbevölkerung der Großstädte gezogen werden.
Knapper Wohnraum und hohe Preise
Wieder im Vergleich zu 2019 zogen im Jahr 2021 vor allem 30- bis 49-Jährige (plus 3,7 Prozent) sowie Minderjährige (plus 8,9 Prozent) aus den Großstädten weg. "Die Zahlen deuten darauf hin, dass sich die Suburbanisierung von Familien, die wir schon vor der Pandemie beobachtet haben, in 2021 weiter verstärkt hat", erklärte BiB-Experte Tamilwai Kolowa.
Mögliche Gründe seien veränderte Vorlieben beim Wohnen, Wohnungsknappheit und anhaltend hohe Wohnungspreise. Suburbanisierung wird häufig auch Stadtflucht genannt.
Bereits 2020 hätten die Großstädte Bevölkerungsverluste verzeichnet, die jedoch vor allem mit der insgesamt sinkenden Mobilität der Bevölkerung im ersten Pandemiejahr zu tun gehabt hätten, erläuterte das BiB. Von dem deutlichen Anstieg der Fortzüge 2021 profitierten vor allem das städtische Umland, aber auch kleinere Städte und sogar ländliche Gebiete.