Ministerpräsidentenkonferenz Kommission gegen Antiziganismus eingesetzt
Immer häufiger gibt es Angriffe auf Sinti und Roma - 2023 hat sich die Zahl der Vorfälle im Vorjahresvergleich verdoppelt. Nun setzen Bund und Länder eine Kommission ein, um die Minderheit mehr zu unterstützen.
Bund und Länder setzen eine gemeinsame Kommission ein, um Sinti und Roma vor Diskriminierung zu schützen. Das haben Bundeskanzler Olaf Scholz und die Regierungschefs der Bundesländer bei der Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin beschlossen.
Die neue Kommission soll unter anderem den Austausch zwischen Bund und Ländern sowie international über entsprechende Maßnahmen pflegen. Sie soll die Gesellschaft für Antiziganismus sensibilisieren sowie Empfehlungen etwa zu Prävention oder Erinnerungsarbeit abgeben. Zudem soll sie sich damit befassen, wie Sinti und Roma in Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft sichtbar gemacht werden können.
Antiziganismus bezeichnet eine Form des Rassismus, die sich gegen die Minderheit der Sinti und Roma richtet.
"Meilenstein im Kampf gegen Antiziganismus"
Der Antiziganismus-Beauftragte der Bundesregierung, Mehmet Daimagüler, sagte, die Kommission sei ein "Meilenstein im Kampf gegen Antiziganismus". Sie diene der Abstimmung von Bund und Ländern und habe "die Anerkennung von Sinti und Roma als gleichberechtigten und wertvollen Teil unseres Landes" zum Ziel.
Auch der Geschäftsführer der Melde- und Informationsstelle Antiziganismus MIA, Guillermo Ruiz Torres, bezeichnete die Entscheidung als einen wichtigen Schritt. "Denn viele Bereiche, in denen es dringend Veränderungen geben muss, fallen in die Zuständigkeit der Bundesländer." Als Beispiele nannte er den Bildungsbereich und die Landespolizeien.
Bundesfamilienministerin Lisa Paus würdigte die Einsetzung der Kommission als starken Schulterschluss von Bund und Ländern. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erklärte, er habe die Bund-Länder-Kommission seit langem gefordert. Der Vorsitzende des Zentralrats, Romani Rose, sagte, deren Einsetzung mache deutlich, "dass die Bundesregierung auch die Gefahren des Antiziganismus verstärkt in den Fokus nimmt".
Zahl antiziganistischer Vorfälle hat sich verdoppelt
Daimagüler wird die Kommission mit einem jeweils wechselnden Co-Vorsitzenden aus den Ländern leiten. Der Antiziganismus-Beauftragte sagte, die jüngsten Zahlen der Melde- und Informationsstelle Antiziganismus, wonach doppelt so viele Angriffe auf die Minderheit im vergangenen Jahr im Vergleich zum Vorjahr gemeldet wurden, sprächen eine deutliche Sprache.
Nach dem veröffentlichten Bericht der MIA wurden vergangenes Jahr 1.233 antiziganistische Vorfälle dokumentiert. Darunter waren zehn Fälle von extremer Gewalt, 40 Angriffe, 27 Sachbeschädigungen, 46 Bedrohungen, 502 Fälle von Diskriminierung sowie 600 Fälle von verbaler Stereotypisierung - also von Äußerungen, die Betroffene direkt diffamieren und herabwürdigen.
Staatliche Stellen, darunter auch die Polizei, seien für etwa ein Viertel der Diskriminierungsfälle verantwortlich gewesen. Mehr als 17 Prozent der dokumentierten Fälle ereigneten sich in Bildungseinrichtungen, hieß es. "Rassistische Diskriminierung von Sinti und Roma ist auch 80 Jahre nach dem Völkermord immer noch Alltag in Deutschland", beklagte Daimagüler, der seit Mai 2022 als erster Antiziganismus-Beauftragter der Bundesregierung im Amt ist.