Lagebericht des BKA für 2022 17.000 Kinder wurden Opfer sexualisierter Gewalt
Das Bundeskriminalamt hat seinen ersten Lagebericht zu Sexualdelikten an Minderjährigen vorgelegt. Mehr als 18.400 Kinder und Jugendliche wurden im vergangenen Jahr Opfer sexualisierter Gewalt. Das wahre Ausmaß scheint sogar größer zu sein.
Im Jahr 2022 hat die Polizei in Deutschland knapp 17.200 Kinder unter 14 Jahren als Opfer sexualisierter Gewalt erfasst. In fast jedem siebten Fall seien die Opfer sogar jünger als sechs Jahre gewesen, teilte das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden mit.
In mehr als der Hälfte der Fälle kannten sich Opfer und Tatverdächtige, weil sie beispielsweise miteinander verwandt sind oder in irgendeiner Art befreundet waren. Außerdem wurden 1.211 Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren als Opfer sexualisierter Gewalt gezählt.
Insgesamt ermittelte die Polizei in rund 15.500 Fällen mit Opfern, die jünger als 14 Jahre alt waren - mancher Fall betraf dabei mehr als ein Opfer. Diese Zahl liegt in etwa auf dem Niveau einer kriminalstatistischen Erhebung aus dem Jahr 2021 (plus 0,1 Prozent).
Viele Fälle in Nordrhein-Westfalen
Etwa ein Viertel der Taten aus dem Jahr 2022 entfiel allein auf Nordrhein-Westfalen. In dem Bundesland leben zwar auch die meisten Menschen - etwa 18 Millionen -, doch wurden dort einige größere Missbrauchsfälle aufgedeckt. Das BKA nannte als Beispiele die Ermittlungskomplexe zu Lügde, Bergisch Gladbach und Münster.
Bei Ermittlungen zu Verbreitung, Erwerb und Besitz kinder- und jugendpornografischer Inhalte stieg die Zahl der Fälle im Vergleich zu 2021 um 7,5 Prozent auf rund 42.100. Als Grund für den Anstieg verwies das BKA unter anderem auf vermehrte Hinweise der US-amerikanischen Organisation National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) sowie "in der stark gestiegenen, oftmals unbedachten Verbreitung entsprechender Darstellungen durch Kinder und Jugendliche über soziale Medien".
Erster Lagebericht des BKA
Das BKA veröffentlichte erstmals ein Lagebild "Sexualdelikte zum Nachteil von Kindern und Jugendlichen", in dem die bekannt gewordenen Fälle des sexualisierten Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen registriert sind. Zuvor wurden diese Zahlen als Teil einer Kriminalstatistik veröffentlicht und vorgestellt. Ähnliche Lagebilder gibt es bereits zu Themen wie Organisierte Kriminalität, Menschenhandel und Cybercrime.
Dabei geht das Amt für das Kriminalitätsfeld der sexualisierten Gewalt gegen Kinder und Jugendliche von einem noch weit größeren Ausmaß aus. Die Zahl der aufgedeckten Fälle hängt unter anderem davon ab, wie häufig diese überhaupt angezeigt werden und wie intensiv die Polizei in diesem Bereich aktiv ist.
Faeser: "Kein Täter darf sich sicher fühlen"
"Das Bundeslagebild zeigt deutlich das entsetzliche Ausmaß von sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Man müsse alle Mittel des Rechtsstaats nutzen und optimieren, um junge Menschen besser zu schützen. "Kein Täter darf sich sicher fühlen, kein Opfer ohne Hilfe bleiben."
BKA-Präsident Holger Münch sagte, das neue Lagebild solle dazu beitragen, Bekämpfungs- und Präventionsstrategien passgenau entwickeln zu können.