Neue Corona-Variante Was über Omikron bekannt ist
Die Corona-Variante Omikron bereitet Experten Sorgen. Was ist bisher über B.1.1.529 bekannt? Wo sind Fälle aufgetaucht? Was macht Omikron so besonders? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie gefährlich ist Omikron?
Zum jetzigen Zeitpunkt ist noch unklar, welche Folgen die Variante tatsächlich hat. Der Leiter der Virologie an der Berliner Charité, Christian Drosten, sagt: "Keiner kann im Moment sagen, was da auf uns zukommt." Die Fachleute können bisher nicht sicher sagen, ob die Variante wirklich ansteckender ist als etwa die Delta-Variante. Dafür ist die Datenlage noch zu dünn, auch wenn einiges darauf hindeutet.
Unklar ist auch, wie schwerwiegend die Fälle werden. Die Vorsitzende des südafrikanischen Ärzteverbands, Angélique Coetzee, sagte der BBC, dass die Symptome der neuen Variante zwar ungewöhnlich, aber mild seien. Allerdings seien die Untersuchungen zu dieser Variante noch in einem sehr frühen Stadium. "Die Patienten klagen meist über einen schmerzenden Körper und Müdigkeit, extreme Müdigkeit, und wir sehen es bei der jüngeren Generation, nicht bei den älteren Menschen", sagte sie. Es handele sich nicht um Patienten, die direkt in ein Krankenhaus eingeliefert würden, sagte Coetzee. Dem "Telegraph" sagte sie, man müsse sich aber Sorgen machen, dass die neue Variante ältere Menschen, die zusätzlich an Diabetes oder Herzkrankheiten litten, viel härter treffen könnte.
Berichte über milde Verläufe hätten noch nicht sehr viel Substanz angesichts von nur gut 1000 Fällen, schränkt Drosten aber ein. "Ich bin schon ziemlich besorgt im Moment", so der Virologe im ZDF-"heute journal".
Bei Forschern in Hongkong löst Besorgnis aus, dass die beiden dort infizierten Personen eine sehr hohe Viruslast aufweisen, was wiederum eine Übertragung des Erregers erleichtert. In Hongkong hat ein positiv auf die Omikron-Variante Getesteter in einem Quarantäne-Hotel eine Person im gegenüberliegenden Zimmer angesteckt, weil er bei der Essensannahme an seiner Hoteltür möglicherweise keinen ausreichenden Mundschutz getragen hat.
Wo ist die Variante bisher aufgetaucht?
Das erste Mal nachgewiesen wurde die Variante B.1.1.529 - die von der Weltgesundheitsorganisation die Bezeichnung "Omikron" erhielt - vor Kurzem in Botswana. Seitdem scheint sie sich vor allem in Südafrika verbreitet zu haben, besonders viele Fälle wurden in der Provinz Gauteng nachgewiesen.
In zahlreichen Ländern, darunter auch in Deutschland, wurden schon Omikron-Fälle festgestellt. Viele Länder haben bereits Reisebeschränkungen verhängt.
Japan will wegen der Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus die Einreise von Ausländern verbieten.
Wieso ist die Sorge so groß?
Die Wissenschaftlerin Susan Hopkins vom Imperial College in London bezeichnet die neue Variante als "die besorgniserregendste, die wir je gesehen haben." Der Grund: In den vergangenen Wochen waren die Infektionszahlen in Südafrika auf einem relativ niedrigen Niveau, doch vor allem in der Provinz Gauteng stiegen die Fallzahlen in kurzer Zeit sehr stark an. Durch Sequenzierungen wurde klar: Fast alle Proben aus dieser Region stammten von der neuen Variante B.1.1.529. Wie in Europa war auch in Südafrika die Delta-Variante vorherrschend. Sie gilt als deutlich ansteckender als alle vorherigen Varianten des Coronavirus.
Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe "Evolution von Viren und Bakterien" an der Universität Basel, erklärt, es sei durchaus vorstellbar, dass die neue Omikron-Variante sehr übertragbar sei. "Die Variante scheint sich in Südafrika gegen Delta durchzusetzen. Allerdings sind in Südafrika die Fallzahlen derzeit recht niedrig, was die Interpretation erschwert. Unter welchen Bedingungen sich diese Variante schneller überträgt als Delta, ist im Moment nicht klar. Die nächsten Tage werden hier hoffentlich mehr Antworten liefern." Die Variante sei unerwartet gekommen, die Kombination an Mutationen in ihrem Genom sind laut dem Forscher "bemerkenswert".
Wie unterscheidet sich die Omikron-Variante von den anderen?
Mit Sorge schauen Fachleute vor allem auf die genetischen Veränderungen des Virus. Denn die neue Omikron-Variante unterscheidet sich deutlich von den bisherigen: Es wurden allein mehr als 30 Mutationen am Spike-Protein auf der Oberfläche des Virus ausgemacht. Das Spike-Protein spielt eine wichtige Rolle, damit das Virus in die menschlichen Zellen eindringen und sie so infizieren kann. Mutationen am Spike-Protein machten bereits die Delta-Variante ansteckender. Hinzu kommen laut Robert Koch-Institut viele Mutationen, deren Bedeutung noch unklar ist.
Ein weiteres Problem: Durch die aktuell zugelassenen Impfstoffe wird das Immunsystem darauf trainiert, das Spike-Protein zu erkennen. Wenn sich dieses Protein jedoch stark verändert, könnte das die Wirksamkeit der Impfungen reduzieren.
Was ist mit dem Impfschutz?
"Das Einzige was man wirklich mit Sicherheit sagen kann, es ist besser, wenn man geimpft ist. Es ist noch besser, wenn man geboostert ist", sagt Drosten. Doch die Sorge ist groß, dass man es mit der Omikron-Variante mit einer wirklichen "Immunescape-Variante" zu tun habe. Immunescape bedeutet, Omikron könnte eine gegen andere Sars-CoV-2-Varianten aufgebaute Immunabwehr umgehen. Die Genom-Veränderungen bei dem Erreger weisen laut Drosten darauf hin, dass Omikron sich der Immunabwehr entziehen könnte. "Veränderungen im Genom sind aber allein nicht ausreichend, um von einer besorgniserregenden Situation zu sprechen", erklärte Drosten. Zusätzlich müsse klar sein, dass das Virus sich schneller verbreite oder andere veränderte Eigenschaften habe, beispielsweise einen schwereren Krankheitsverlauf.
Der Immunologe Watzl sagt dazu, dass man einige der Mutationen bei Omikron schon aus anderen Varianten kenne, die seien den Impfstoffen etwas entgangen. Das bedeute, dass der Schutz vor einer Infektion gegen Omikron vielleicht etwas abgeschwächt sein könnte. Der Schutz vor einer schweren Erkrankung sei aber wahrscheinlich immer noch sehr hoch.
Richard Neher von der Universität Basel geht davon aus, dass auch gegen die Omikron-Variante ein Impfschutz bestehen wird, da die Impfstoffe gegen alle bisherigen Varianten effizient sind. "Gerade die T-Zell-Antwort sollte gegenüber den Veränderungen robust sein. Allerdings ist es durchaus vorstellbar, dass es vermehrt zu Durchbruchsinfektionen kommt, so dass eine dritte Dosis umso wichtiger wird."
Die Münchner Virologin Ulrike Protzer sagte, möglich sei, dass Antikörper die neu entdeckte Variante nicht mehr so effizient neutralisieren könnten. Frisch nach einer Impfung gebe es aber viele Antikörper - das reiche dann aus, um auch Varianten "wegzuneutralisieren". Und wenn die Impfung eine Weile her sei, könnten Auffrischungsimpfungen das Immunsystem "hochpushen". Ob man später eine weitere Impfung brauche oder einen angepassten Impfstoff, könne man jetzt noch nicht sagen.
Warum heißt die Variante Omikron?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist für die Benennung zuständig. Dabei achtet sie nach eigener Auskunft darauf, Missverständnisse und Stigmatisierungen zu vermeiden. Seit einiger Zeit werden neue Varianten deshalb anhand des griechischen Alphabets benannt.
Vor Omikron wären nun aber noch die Buchstaben Ny und Xi an der Reihe gewesen. Ny, das auf Englisch Nu heißt, klinge zu sehr nach "new" (deutsch: "neu") und wäre daher missverständlich gewesen, hieß es dazu von der WHO. "Xi wurde nicht verwendet, weil es ein verbreiteter Nachname ist", erklärte die WHO.
Virus-Bezeichnungen sollten keine ethnischen oder regionalen Gruppen verletzen, argumentierte die UN-Organisation. Den Namen Xi gibt es zwar in China und in Ländern mit Han-chinesischer Bevölkerung, häufig kommt er dort jedoch nicht vor. Es gibt aber einen sehr gewichtigen Namensträger: Den chinesischen Staatschef Xi Jinping.