ICE der Deutschen Bahn am Bahnhof Paris Est

Deutsch-französisches Ticket Mon Dieu, die Bahn kommt

Stand: 01.07.2023 07:37 Uhr

Per Bahn zum Nachbarn: Deutschland und Frankreich spendieren jungen Menschen 60.000 kostenlose Bahntickets, um die deutsch-französische Freundschaft zu stärken. Ex-Staatschef Hollande sagt: "Der Weg ist das Ziel."

Das Angebot klang verlockend, der Start war holprig: Bereits kurz nachdem die Website zum Freundschaftspass Mitte Juni online gegangen war, ging gar nichts mehr. Zu viele Menschen hatten versucht, sich zu registrieren. Denn es galt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Jeweils 30.000 Fahrkarten wurden auf deutscher und französischer Seite vergeben.

Mit der Umsetzung des Tickets waren nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums die Deutsche Bahn und das französische Pendant SNCF beauftragt. Die wiederum hatten die Aufgabe, Eurail als Partnerunternehmen von Europas Bahnen für Interrail-Tickets übertragen.

Ein Ministeriumssprecher erklärt die Überlastung:

Nach Angabe der Unternehmen wurden mit Öffnung der Registrierung am Montag, 12.06.23, um 10 Uhr, innerhalb weniger Minuten 5,9 Mio. Seitenaufrufe verzeichnet. Die enorme Nachfrage hat bedauerlicherweise zu massiven technischen Schwierigkeiten auf der Homepage des beauftragten Dienstleisters geführt.

Die Überlastung der Server sei ärgerlich gewesen und dürfe nicht passieren. Das Kontingent für Deutschland in Höhe von 30.000 Pässen sei innerhalb von nur 30 Minuten ausgeschöpft gewesen.

Ein bisschen wie Interrail

Das Prinzip des Bahntickets erinnert an das Interrail-Ticket. Es richtet sich an junge Menschen zwischen 18 und 27 Jahren. Bis Ende Dezember können Deutsche in Frankreich und Franzosen in Deutschland den Pass einen Monat lang nutzen, an sieben frei wählbaren Tagen. Das Angebot gilt für Züge des Nah- und Fernverkehrs und richtet sich nicht an Pendler, sondern an Menschen, die das Nachbarland bereisen wollen.

Mit dem Angebot möchte die Politik die deutsch-französische Freundschaft stärken. Das Ticket wurde Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 60-jährigen Jubiläum des Élysée-Vertrags im Januar aus der Taufe gehoben.

Das Bundesverkehrsministerium bewirbt das Ticket als "ein tolles Angebot für junge Menschen, das deutsch-französische Freundschaftsjubiläum zu begehen". Die aktuellen Geschehnisse in Europa zeigten, wie wichtig der gegenseitige Austausch für das Fortbestehen eines friedlichen und demokratischen Europas sei. Von deutscher Seite seien fünf Millionen Euro Bundesmittel bereitgestellt worden.

Ex-Staatspräsident Hollande lobt das Ticket

Der ehemalige französische Staatspräsident François Hollande betont im Interview mit tagesschau.de, wie wichtig diese Initiative ist: "Wenn wir wollen, dass die deutsch-französische Freundschaft weiterhin besteht, müssen wir uns kennenlernen, auch wenn die Sprache ein Hindernis bleibt. Dazu brauchen wir solche Reisen." Man brauche mehr Austausch zwischen den Jugendlichen, um ein Gefühl von Zusammengehörigkeit zu entwickeln: "Das Ticket ist also eine gute Idee." Wichtig sei, dass es auch wirklich die Jugendlichen erreicht, die benachteiligt seien. Wenn es aber dazu führe, dass die Jugendlichen, die ohnehin schon reisen, durch den Pass einfacher reisen, habe es sein Ziel verfehlt, so Hollande.

Gemeinsame Treffen, etwa bei den deutsch-französischen Städtepartnerschaften, hätten sich ich den vergangenen Jahren "ein bisschen verloren". Hollande wünscht sich eine Neubelebung der deutsch-französischen Beziehungen und hofft, dass es nicht nur bei dem deutsch-französischen Bahnticket bleibt: "Hier ist wirklich der Weg das Ziel." Es gehe nicht nur um das Reiseziel an sich oder das günstige Verreisen. Man sollte gleichzeitig auch die Möglichkeit haben, die Kultur zu entdecken. Es müsse etwas nach dem Bahnpass geben, zum Beispiel einen Kultur- oder einen Sportpass.

Ein europäisches Ticket?

Denn der Bahnpass, der vom 1. Juli an gilt, ist zunächst eine einmalige Aktion vor dem Hintergrund des deutsch-französischen Freundschaftsjubiläums. Es könnte aber Folgemodelle geben, heißt es aus dem Bundesverkehrsministerium, etwa eine Ausweitung des 49-Euro-Tickets. Verkehrsminister Volker Wissing schlug vor, dass Bahntickets länderübergreifend anerkannt werden könnten. Deutschland und Frankreich könnten einen Anfang machen und andere europäische Länder mitziehen.

Bislang ist das nur eine Idee. Allein die Streitigkeiten bei der Finanzierung des 49-Euro-Tickets in Deutschland zeigen, wie schwierig die Umsetzung einer kostengünstigen Möglichkeit des Bahnfahrens ist. Eine "europäische Lösung" wäre sicher wünschenswert, aber eine Herkulesaufgabe.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 10. Juni 2023 um 15:06 Uhr.