Leitsatzentscheidung des BGH Rückwärtsfahren ist in Einbahnstraßen verboten
In Einbahnstraßen darf man bekanntlich nur in eine Richtung fahren. Der Bundesgerichtshof entschied zudem, dass sogar kurzes Rückwärtsfahren nicht erlaubt ist. Er lässt nur zwei Ausnahmen gelten.
In dem zugrundeliegenden Fall war es zu einem Verkehrsunfall zwischen zwei Autos gekommen. Eine Autofahrerin fuhr in einer Einbahnstraße einige Meter rückwärts, um Platz für ein ausparkendes Fahrzeug vor ihr zu machen. Anschließend wollte sie in die freiwerdende Parklücke einparken. Beim Rückwärtsfahren kam es jedoch zum Zusammenstoß mit dem Fahrzeug eines Mannes, der gerade selbst aus einer Grundstückseinfahrt auf die Einbahnstraße fahren wollte.
BGH hebt Landgericht-Entscheidung auf
Das Gericht der Vorinstanz (Landgericht Düsseldorf) sah in dem Fahrverhalten der Autofahrerin keinen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung: Es wies die Klage des Mannes auf Schadenersatz ab. Das Rückwärtsfahren sei eine Behelfsmaßnahme und daher auf Einbahnstraßen auf kurzer Strecke zulässig.
Die Richterinnen und Richter des Bundesgerichtshofs sahen das aber anders. Sie hoben die Düsseldorfer Entscheidung wegen Rechtsfehlern auf. Das Landgericht muss also erneut verhandeln.
Laut BGH kommt es grundsätzlich nicht auf die Stellung des Fahrzeugs im Verhältnis zur vorgeschriebenen Fahrtrichtung an, sondern in welche Richtung das Auto tatsächlich fährt. Anders gesagt: Entscheidend ist nicht, in welche Richtung das Auto zeigt, sondern in welche es sich bewegt.
Zwei Ausnahmen sind erlaubt
Von diesem Grundsatz gibt es aber zwei Ausnahmen: Das unmittelbare Rückwärtseinparken ("Rangieren") ist ebenso wie das Rückwärtseinfahren aus einem Grundstück auf die Einbahnstraße erlaubt.
Der BGH stellt aber klar: Man darf nicht rückwärtsfahren, um überhaupt erst zu einer freien oder frei werdenden Parklücke zu gelangen. Entsprechendes gilt, wenn das Rückwärtsfahren wie im konkreten Fall dazu dient, einem Fahrzeug die Ausfahrt aus einer Parklücke zu ermöglichen, um anschließend selbst in diese einfahren zu können.
Erste Entscheidung des BGH in dieser Frage
Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem jetzt veröffentlichten Urteil erstmals zu dieser Frage geäußert. Obwohl die zugrundeliegende Verkehrssituation sehr alltäglich ist, haben bisher nur Gerichte unterhalb des BGH hierzu geurteilt.
Teilweise haben Gerichte, wie das Landgericht Düsseldorf im vorliegenden Fall, anders entschieden als das oberste deutsche Zivilgericht. Mit der jüngsten Leitsatzentscheidung des BGH ist diese Frage jetzt aber höchstrichterlich geklärt.
(Az. VI ZR 287/22)