Hochwasser in Deutschland Keine Entwarnung - stattdessen mehr Regen
Die Hochwasserlage in Teilen Deutschlands dürfte angespannt bleiben. An vielen Orten wird erneut Regen erwartet. Aber es gibt auch Besserungen: Der Wasserstand der Elbe bei Dresden sinkt.
In den Hochwassergebieten bleibt die Lage bedrohlich. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) sagte zum Teil ergiebige Regenfälle voraus. "Es kommt bis Samstag noch mal ein ordentlicher Schwung rein, allerdings regnet es nicht mehr in so großen Mengen", sagte der Meteorologe Christian Herold vom DWD. Danach schwäche es ein wenig ab.
Am meisten Regen in Nordrhein-Westfalen
Die größten Regenmengen werden am Freitag und Samstag laut Herold im Norden von Nordrhein-Westfalen erwartet. Insbesondere vom Bergischen Land bis zum Sauerland und nördlich davon vom Weserbergland bis zum Harz sind laut dem Meteorologen Schauer vorhergesagt. Besonders viel Regen werde im Harz fallen.
Im Norden im Raum Bremen und Hamburg erwartet der Meteorologe weniger Niederschläge. In Thüringen sei vor allem der Norden von Schauern betroffen. "Da könnte es dann auch ein kleines bisschen mehr werden. Aber wahrscheinlich wird es dort auch nicht über zehn Liter pro Quadratmeter gehen", erläuterte Herold. Auch in Sachsen-Anhalt sei zunächst noch mit Schauern zu rechnen. Für Niedersachsen wird laut Herold besonders im Süden Regen vorhergesagt.
An Silvester bekommt laut DWD eher der Südwesten von Deutschland Regen ab. Im Norden gibt es dann Herold zufolge nur noch kurze schauerartige Niederschläge.
Niedersachsen bittet Bundeswehr um Unterstützung
Aber auch ohne neuen Regen sind in vielen Teilen Deutschlands noch Feuerwehren im Einsatz. Niedersachsen hat inzwischen auch die Bundeswehr um Unterstützung gebeten. Es sei bereits am Donnerstagabend ein Amtshilfeersuchen eingegangen, sagte ein Sprecher des Territorialen Führungskommandos der Streitkräfte. Er bestätigte damit einen Bericht des "Spiegel", wonach sechs Hubschrauber in Bereitschaft versetzt wurden. Bislang sei aber noch keine Unterstützung aufgrund der Anfrage erfolgt.
"In erster Linie geht es um die Sicherung von Deichen", sagte der Sprecher. Möglich seien aber auch Personal- und Materialtransporte sowie wenn nötig auch Evakuierungen gefährdeter Menschen. Diese letzte Anforderung sei aber zunächst nur vorsorglich erfolgt. Im "Spiegel" hieß es, wenn Deiche aufgeweicht seien oder gar brechen, sollten die Helikopter Textilbehälter abwerfen, die mit Baumaterial gefüllt sind. So sollten die Deiche stabilisiert und der Wasserfluss gebremst werden. Vielerorts seien diese bereits durch die Wassermassen so stark aufgeweicht, dass Helfer sie mit Fahrzeugen nicht mehr erreichen können.
Keine Sturmflut an der Küste
Nach starken Regenfällen und teilweise auch aufgrund von Schneeschmelze im Harz führen viele niedersächsische Flüsse derzeit Hochwasser. Es gehe derzeit etwa vom Harz Richtung der Landkreise Celle und Oldenburg, sagte Landesbranddirektor Dieter Rohrberg in Hannover. Die Küste sei bislang nicht so stark betroffen. Befürchtungen einer Sturmflut hätten sich bislang nicht bestätigt.
In sechs Landkreisen sowie der Stadt Oldenburg sei weiterhin ein sogenanntes außergewöhnliches Ereignis festgestellt worden. Dabei geht es laut Rohrberg um die Landkreise Celle, Oldenburg, Emsland, Osterholz, Verden sowie den Heidekreis. Durch das sogenannte außergewöhnliche Ereignis können Landkreise beispielsweise einfacher auf Hilfskräfte zugreifen.
Angespannte Lage an der Weser
Betroffen sind Gebiete an den Flüssen Aller, Leine und Weser im südlichen und mittleren Landesteil. Der am Morgen gemessene Wasserstand übersteigt in zahlreichen Gebieten die höchste Meldestufe. Flussabwärts der Weser würde das Wasser noch weiter ansteigen, hieß es in einem Lagebild des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Insbesondere im unteren Verlauf der Mittelweser könne daher noch nicht von einer Entspannung gesprochen werden.
"Wir haben eine sehr, sehr angespannte Lage", sagte die niedersächsische Innenministerin, Daniela Behrens (SPD), im Deutschlandfunk. Die rund 100.000 Kräfte von unter anderem Feuerwehr und Technischem Hilfswerk (THW) seien im Einsatz.
Kein Feuerwerk in Lilienthal, Appell der Innenministerin
Weiter angespannt bleibt die Hochwasserlage laut Verwaltung auch in der niedersächsischen Gemeinde Lilienthal. Die Stadtverwaltung verbot dort mithilfe einer Allgemeinverfügung das Abbrennen von Feuerwerk an Silvester und Neujahr - um die Einsatzkräfte vor zusätzlichen Einsätzen zu schützen.
Die Einsatzkräfte in Niedersachsen befürchten eine Doppelbelastung durch die Silvesternacht und die aktuelle Hochwasserlage. "Jeder unnötige Einsatz stellt eine weitere Belastung für unsere Einsatzkräfte dar - das gilt grundsätzlich, aber in diesen Tagen ganz besonders", erklärte Behrens. Jeder Bürger könne zu einem ruhigen Silvesterabend beitragen, indem er etwa auf privates Feuerwerk verzichte.
Die Ministerin legte außerdem nah, den Notruf 112 nur zu betätigen, wenn es sich tatsächlich um einen Notfall handle. "Zum gesellschaftlichen Zusammenhalt gehört es auch, sich gerade in Notsituationen zusammen zu reißen und seinen Egoismus hinten an zu stellen", ermahnte die Ministerin. Sie appellierte an die Menschen in Niedersachsen, die Einsatzkräfte ihre Arbeit tun zu lassen. Sie opferten ihre freien Feiertage für andere. Probleme der Hochwasserhelfer seien Katastrophentourismus, Diebstahl von Sandsäcken und Beleidigung und Behinderung im Einsatz.
Serengeti-Park bereitet weitere Evakuierungen vor
Mit einem Notfallplan bereitet sich der Serengeti-Park Hodenhagen auf weitere Evakuierungen von Tieren vor. Sorgen bereite vor allem das von Wasser umschlossene Haus der Antilopen und Giraffen, sagte eine Sprecherin des Tierparks nördlich von Hannover. "Diese Tiere müssten für eine Evakuierung narkotisiert werden, das ist ein großes Risiko." Für den Notfall werde auch überlegt, wie die Tiere unter Narkose überhaupt durch die Wassermassen transportiert werden könnten.
Mit Lastwagen und Pritschen seien die Wege dorthin nicht mehr befahrbar. Das Haus der Antilopen und Giraffen werde derzeit mit Sandsäcken geschützt, berichtete die Sprecherin. Außerdem hätten Mitarbeiter des THW in der Nacht dort eine weitere Wasserpumpe eingerichtet.
Weite Teile des Parks überflutet
Zuvor wurden bereits Lemuren, Varis, Präriehunde und Erdmännchen evakuiert und in andere Stallungen auf dem Gelände gebracht. Weite Teile des Geländes sind nach Parkangaben überflutet und teilweise gar nicht oder nur noch mit Unimogs oder Traktoren zu erreichen.
Für das ganze Gelände musste der Strom abgestellt werden. Nun behilft sich der Park mit mehreren Notstromaggregaten, um die Stallungen beheizen und Trinkwasser aufbereiten zu können. Park-Mitarbeiter sowie Einsatzkräfte von Feuerwehr und THW schütteten provisorische Dämme auf, um die Stallungen der Tiere abzusichern.
Weil: Hat es zuvor nicht gegeben
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte am Donnerstag, ein Hochwasser dieses Ausmaßes habe es zuvor nicht gegeben. "Experten warnen seit Langem davor, dass die immer häufigeren Wetterextreme mit dem Klimawandel zusammenhängen", sagte er.
Laut Innenministerium wurde in sechs Landkreisen sowie der Stadt Oldenburg ein sogenanntes außergewöhnliches Ereignis festgestellt. Mit dieser Maßnahme können Landkreise beispielsweise einfacher auf Hilfskräfte zugreifen.
Niedersachsens Ministerpräsident Weil besuchte Hodenhagen an der Aller.
Häuser ohne Strom
Auch rund um Bremen gibt es noch keine Entwarnung. Nach Angaben der Behörden vom Donnerstagabend sind entlang der Wümme im Bereich Katrepel zahlreiche Häuser von Wasser umschlossen und ohne Strom. Die meisten Bewohnerinnen und Bewohner hätten dieses Gebiet verlassen.
Im Ortsteil Timmersloh stehe das Wasser an den Deichen. Straßen und Felder seien überschwemmt. Den Angaben der Innenbehörde nach mussten bereits mehrmals Maßnahmen zur Deichsicherung erfolgen.
Lage an Elbe in Dresden entspannt sich
An der Elbe in Dresden entspannt sich die Hochwasserlage ein wenig. Seit der Nacht sinkt der Pegel der Elbe wieder, wie aus Daten des Landeshochwasserzentrums hervorgeht. Kurzzeitig hatte die Elbe einen Stand von 5,95 Metern erreicht.
Dresdens Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) erklärte am Morgen im Deutschlandfunk, dass Alarmstufe 3 im Laufe des Freitags zurückgefahren werden solle. Alle Schutzmaßnahmen hätten gegriffen, es habe bislang keine größeren Schäden gegeben.
Die Stadt hatte die zweithöchste Warnstufe vorzeitig ausgerufen, weil mit einem Wasserstand von mehr als sechs Metern gerechnet wurde. Bis zum Sonntag rechnet die Stadt damit, dass das Wasser unter den Richtwert der Alarmstufe 2 auf unter fünf Meter sinkt.
Wasser wird umgeleitet
Flussabwärts in Magdeburg und Schönebeck in Sachsen-Anhalt öffnete der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft am Donnerstag das Pretziener Wehr. Damit wird etwa ein Drittel des Elbe-Wassers an den beiden Städten vorbei durch einen Umflutkanal und über Wiesen und Felder geleitet, ehe es wieder in die Elbe fließt.
Im Norden Thüringens richten sich die Blicke auf die Talsperre Kelbra, von der Wasser abgelassen wurde. Um die Hochwassergefahr an der Landesgrenze zwischen Thüringen und Sachsen-Anhalt zu bannen, ist ein Deich des Flusses Helme kontrolliert geöffnet worden. Das Wasser fließe jetzt auf Felder ab, teilte der Landkreis Kyffhäuserkreis in der Nacht zu Freitag mit.
Die Öffnung sei notwendig gewesen, weil aus dem überlasteten Stausee Kelbra seit mehreren Tagen gezielt Wasser abgelassen werde und die Helme dadurch viel Wasser führe.