Vor allem im Osten und Norden Hochwasserlage bleibt vielerorts angespannt
Das Hochwasser hält Einsatzkräfte und Einwohner in Teilen Deutschlands weiter in Atem. Besonders betroffen ist Lilienthal bei Bremen. Für Dresden wird der Höchststand des Elbe-Pegels erst noch erwartet. Hessen signalisiert derweil leichte Entspannung.
Nach dem Dauerregen über die Weihnachtsfeiertage sorgen die Wassermassen und hohe Pegel in Teilen Deutschlands weiter für eine angespannte Lage. Zwar beruhigte sich die Situation in einigen Regionen etwas. Doch vor allem im Norden und Osten geht der Kampf gegen die Folgen von Hochwassers weiter.
In der Gemeinde Lilienthal bei Bremen riss Angaben der örtlichen Feuerwehr zufolge ein Deich. Der betroffene Bereich sei von den Einsatzkräften evakuiert worden, teilte die Feuerwehr Lilienthal über Facebook mit. Die Anwohner würden mit einem Shuttle-Service in eine Notunterkunft in einer Turnhalle gebracht.
In der niedersächsischen Gemeinde Winsen mussten wegen des Aller-Hochwassers noch am Abend etwa 300 Menschen ihre Wohnungen verlassen. In den Siedlungen Westohe und Südohe sei der Wasserstand auf den Straßen auf rund 40 bis 50 Zentimeter gestiegen, teilte der Landkreis Celle mit. Aus Sicherheitsgründen wurde der Strom abgestellt. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, die Deiche nicht mehr zu betreten. "Sie sind stark aufgeweicht und es besteht die Gefahr des Bruchs", hieß es.
Vorstufe zum Katastrophenalarm in Osterholz
Wegen der angespannten Situation stellte der niedersächsische Landkreis Osterholz am Nachmittag das sogenannte "außergewöhnliche Ereignis" fest. Dies ist eine Vorstufe des Katastrophenalarms. Auf diese Weise könnten jetzt überörtliche Einsatzkräfte angefragt und eingesetzt werden, teilte die Behörde mit. Die Zuständigkeit bleibe bei der Gemeinde Lilienthal, der Landkreis unterstütze. Eine Straßenbahnlinie fährt wegen der Nähe zu dem Einsatzgebiet nicht mehr. Für sie gibt es einen Schienenersatzverkehr. Das gefährdete Gebiet darf nicht betreten werden.
Nach Angaben der Gemeinde Lilienthal war auch eine Straße ohne Gas- und Stromversorgung. Anwohnern wurde geraten, einen Schlafplatz bei Freunden, Verwandten oder Bekannten zu suchen. Die Notunterkünfte sollten als letzte Möglichkeit in Anspruch genommen werden. Lilienthal im Landkreis Osterholz grenzt direkt an das Bremer Stadtgebiet. In Bremen ist die Hochwasserlage im Stadtteil Borgfeld ähnlich angespannt. Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) will sich dort am Donnerstag ein Bild von der Lage machen.
75-Jähriger in Hannover vom Wasser mitgerissen
In Hannover kam es in Zusammenhang mit dem Hochwasser zu einem Zwischenfall. Ein Radfahrer setzte sich in der niedersächsischen Hauptstadt über eine hochwasserbedingte Straßensperrung hinweg und stürzte im tiefen Wasser. Der 75-Jährige sei weggespült worden, habe sich aber an einem Baum festkrallen können und selbst den Notruf gewählt, sagte ein Feuerwehrsprecher. Letztlich habe er mit Drohnen geortet und aus seiner Notlage befreit werden können. Der Mann sei dem Rettungsdienst übergeben worden.
Die Feuerwehr warnt immer wieder vor dem Betreten der wegen Hochwassers gesperrten Gebieten. Der Einsatz sei deshalb besonders ärgerlich, sagte der Feuerwehrsprecher. Der Mann habe sich selbst und die Helfer in Gefahr gebracht. Zudem hätten Schaulustige die Arbeit der Helfer gestört und sich selbst gefährdet.
Lage in Dresden "angespannt"
Auch Ostdeutschland kämpfte weiter mit den Wassermassen. In Sachsen bleibt die Lage vor allem an der Elbe angespannt. An anderen Flüssen wie der Mulde und der Weißen Elster gingen die Wasserstände dagegen zurück. Nach dem Dauerregen über die Weihnachtsfeiertage sagte der Deutsche Wetterdienst bis zum Freitag kaum noch Niederschläge voraus. An der Elbe galt am Pegel Schöna an der Grenze zu Tschechien die zweithöchste Alarmstufe.
In Dresden wurde der dafür maßgebliche Pegelstand von sechs Metern zunächst noch nicht erreicht. Am Mittag wurden nach Angaben des Landeshochwasserzentrums 5,87 Meter gemessen. Das Überschreiten der Sechs-Meter-Marke wurde für Donnerstagmorgen vorhergesagt. Die Stadt Dresden hatte die dritte Alarmstufe bereits Dienstagabend ausgerufen. Die Lage sei "angespannt", habe aber nicht die Dimension vergangener Fluten, sagte Umweltbürgermeisterin Eva Jähnigen (Grüne) bei einem Ortstermin.
Der Wasserstand der Elbe in der sächsischen Landeshauptstadt lag bei knapp unter sechs Metern.
Rückkehr nach Windehausen möglich
In Teilen Sachsen-Anhalts können die Menschen zwar vorsichtig aufatmen - an der Elbe steigen die Wasserstände jedoch ebenfalls weiter. Im Landkreis Mansfeld-Südharz, wo der Stausee Kelbra nach ungewöhnlich heftigen Regenfällen vollgelaufen ist, werden keine Überflutungen von Orten erwartet. Es würden voraussichtlich auch keine weiteren Evakuierungen notwendig, teilte der Landkreis mit.
Den rund 180 Bewohnerinnen und Bewohnern der Ortschaft Thürungen war am Vortag geraten worden, ihre Häuser zu verlassen. An der Helme gilt weiter die vierte - und höchste - Hochwasseralarmstufe. Entspannung gibt es laut dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft im Norden des Landes sowie im Harz.
Einzelne Bewohner des wegen Hochwassers evakuierten Ortes Windehausen in Nordthüringen können nach ihren Häusern sehen und sollen die Keller öffnen. Das sagte Matthias Marquardt, Bürgermeister der Stadt Heringen, zu der Windehausen gehört, nach Beratungen eines Krisenstabs. Geplant sei, dass zunächst die Bewohner zweier Straßenzüge im Ort ihre Keller öffneten, damit dort das Abpumpen beginnen könne.
Leichte Entspannung in Hessen
Die Lage in Nordrhein-Westfalen blieb ebenfalls angespannt. Trotz örtlicher Regenpausen führten zahlreiche Bäche und Flüsse nach wie vor Hochwasser. Am stärksten betroffen war auch nach den Weihnachtstagen die Weser im Osten des Landes, wie das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz mitteilte.
Die Wasserstände in Hessen sinken hingegen vielerorts weiterhin. "Mit einer allgemeinen Wetterberuhigung tritt heute allmählich auch eine leichte Entspannung der Hochwasserlage in Hessen ein", teilte das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie mit. Am Main hingegen komme es noch zu einem geringen Anstieg der Wasserstände. In Rheinland-Pfalz war die Lage ähnlich: "An den Oberrheinpegeln fallen die Wasserstände", hieß es von der Hochwasservorhersagezentrale Rheinland-Pfalz.