Deutscher Katholikentag Krieg, Klimawandel, Corona - und Kirche
Die multiplen globalen Krisen stehen im Fokus des Katholikentags in Stuttgart. Aber auch die Befassung mit hausgemachten Problemen steht auf der Tagesordnung. Der Bundespräsident mahnt Reformen an.
Aufrufe zu Frieden in der Welt und Gedenken an die Opfer des Ukraine-Kriegs bestimmen den Katholikentag in Stuttgart. Die Landesfarben der Ukraine, Blau und Gelb, sind allgegenwärtig. Man bete für die Opfer des Konflikts, sagte der Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart und Gastgeber des Treffens, Gebhard Fürst, beim zentralen Himmelfahrtsgottesdienst. Für morgen ist eine Friedenskundgebung geplant; parallel sollen in allen katholischen Kirchen Stuttgarts Glocken läuten.
Bereits gestern hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei seiner Rede zum Auftakt des Treffens an die russische Regierung appelliert, die Kampfhandlungen in der Ukraine einzustellen. Papst Franziskus schickte eine Grußbotschaft, in der er erklärte: "So sind wir in diesen Tagen mit unseren Gedanken bei den Menschen in der Ukraine, und wir beten für alle Menschen, deren Leben bedroht und beeinträchtigt ist."
Steinmeier ruft zur Versöhnung auf
Auch die anderen großen globalen Krisen - Klimawandel und Pandemie - stehen auf der Tagesordnung. Und nicht zuletzt der Zustand der eigenen Kirche beschäftigt Teilnehmende und Redner gleichermaßen. So betonte Bundespräsident Steinmeier heute, die Gesellschaft brauche eine starke Kirche, die relevant sei. "Deshalb hoffe ich, dass Sie in Ihren Anstrengungen für Kirchenreformen vorankommen." Steinmeier informierte sich auf der Katholikentagsmeile unter anderem an den Ständen von Missbrauchsopfern und des Reformvorhabens Synodaler Weg.
Im Hinblick auf Corona und die teilweise tief empfundene Ablehnung, mit der sich Befürworter und Gegner der Pandemie-Maßnahmen begegneten, rief Steinmeier zur Versöhnung auf. "Diese Pandemie hat Spuren hinterlassen", so das Staatsoberhaupt. Er sei erstaunt, wie solch eine "Unversöhnlichkeit in der Sprache" hineingekommen sei. Die Pandemie habe eine Dynamik entfacht, "mit der ich selbst nicht gerechnet habe", sagte Steinmeier. Die Menschen müssten sich gegenseitig verzeihen, wenn die Pandemie einmal vorbei sei.
Warnung vor "Umzug der Menschheit"
Trotz des Ukraine-Kriegs und Corona dürfe der Klimawandel nicht vergessen werden, mahnte der Bundespräsident. Viele vulnerable Regionen in der Welt - zum Beispiel in Afrika - litten bereits unter den Veränderungen des Klimas.
An einer Podiumsdiskussion zum Thema nahm auch der Klimafolgenforscher Hans Joachim Schellnhuber teil. Der Wissenschaftler warnte, im schlimmsten Fall könnten drei Milliarden Menschen ihren Wohnraum verlieren und deshalb in andere Regionen ziehen. "Wir reden vom Umzug der Menschheit", betonte der frühere Direktor des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung.
Treffen geht noch bis Sonntag
Zum Katholikentag, dessen Motto "leben teilen" lautet, haben sich nach Angaben des Veranstalters rund 25.000 Menschen angemeldet. Neben Gottesdiensten, Diskussionsrunden und einem geistlichen und spirituellen Angebot erwartet die Besucher und Besucherinnen auch ein Kulturprogramm. Bis Sonntag gibt es insgesamt etwa 1500 Veranstaltungen. Der Katholikentag wird in der Regel alle zwei Jahre vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken organisiert.