Soziale Netzwerke Wie der Anschlag in Magdeburg wahrgenommen wurde
Welche Begriffe waren rund um den Anschlag in Magdeburg in den sozialen Netzwerken besonders präsent? Eine Datenauswertung zeigt: "Islam" wurde nur am Anfang viel verwendet, "AfD" dagegen auch später noch häufig.
Nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt laufen die Ermittlungen noch immer auf Hochtouren. Die Debatte über die Konsequenzen der Tat für Politik und Gesellschaft ist medial derzeit sehr präsent.
Recherchen des MDR fokussierten nun die Auswirkungen der Berichterstattung in den sozialen Netzwerken. Eine Analyse von mehr als 60.000 Social-Media-Kommentaren, die im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Tat vorwiegend im Netzwerk Facebook, aber auch bei X, TikTok und Instagram gepostet worden sind, waren Grundlage einer Erhebung.
Dafür wurden im Zeitraum einer Woche, unmittelbar nach dem Anschlag vom 20. Dezember bis zum 27. Dezember, die Social-Media-Kommentare der zehn reichweitenstärksten Medienkanäle analysiert. Zu den Kanälen zählen zum Beispiel "Bild", tagesschau, n-tv, Spiegel oder Focus. Die Kommentare wurden auf darin verwendete Begriffe untersucht, wie beispielsweise "Islam", "Opfer", "Migration" oder auch "Angehörige", "Beileid", "AfD", "Die Grünen".
Tenor der Kommentare kaum verändert
Die Analyse ergab: In jedem zehnten Kommentar wurde ein Zusammenhang des Inhalts zur AfD hergestellt beziehungsweise der Begriff "AfD" verwendet. Der Begriff "Opfer" hingegen nur in jedem 26. Kommentar genannt, der Begriff "Beileid" nur in jedem 36. Kommentar. Auffällig ist auch, dass am Tag nach den Weihnachtsfeiertagen Politikernamen und Parteien besonders häufig genannt wurden.
Der Begriff "Islam" oder auch die Begriffe "Islamist" oder "Islamismus" wurden in den ersten 24 Stunden in 5,1 Prozent der Kommentare verwendet, der Anteil nahm in den folgenden Tagen jedoch ab. Daran lässt sich erkennen, dass die Themen und die Nennung der AfD den Diskurs um die Tat vor allem im direkten zeitlichen Umfeld stark beeinflussen und prägen.
Auch die bereits kurze Zeit nach der Tat bekannt gewordenen Details zum Täter und seiner politischen Gesinnung änderten den Tenor in den Kommentaren des untersuchten Zeitverlaufs nicht.
AfD überdurchschnittlich oft genannt
Florens Mayer, Meinungsforscher und Director Politik beim Berliner Meinungsforschungsunternehmen Civey, sagt dazu: "Dieser Gedanke, dass der Attentäter AfD-Positionen nahestand, das schadet der AfD nicht, weil die Anhänger der Partei dieses Argument sozusagen ablehnen, oder dem gar keinen Glauben schenken. Für die ist es eher so, dass sie sich bestätigt sehen, dass Asylpolitik schiefläuft."
Insgesamt ergab die Analyse der Kommentare, dass die AfD auch im direkten Vergleich zu anderen Parteien überdurchschnittlich häufig genannt wurde.
Gesellschaft "dünnhäutig und reizbar"
Die gesellschaftliche Stimmungslage nach dem Anschlag von Magdeburg und vor der Bundestagswahl im Februar 2025 ist dynamisch. Mayer sieht vielfältige Gründe dafür: "Es ist einfach eine Vielzahl an Krisen, die die Menschen derzeit durchlebt. Wenn man sich zurückerinnert, von der Pandemie bis heute, dann gab es eigentlich nie eine Phase der Regeneration."
Die Gesellschaft sei dünnhäutig und reizbar geworden, sagt Mayer. "Und wenn in solchen Situationen dann politische Performance vielleicht sich nicht so entwickelt, wie sich die Menschen das erwarten, dann reagieren sie darauf noch einmal mit mehr Gereiztheit und Frustration. Und das kann man dann zum Beispiel auch an der Wahlurne sehen."
Mehr zu diesem Thema sehen Sie in der MDR-Dokumentation "3 Minuten. Der Anschlag von Magdeburg".