Nachfahren der Widerstandskämpfer "Lasst uns aus der Geschichte lernen"
Mehr als 280 Nachfahren von NS-Widerstandskämpfern appellieren in einem Schreiben an die Wähler in Deutschland. Sie rufen dazu auf, aus der Geschichte Deutschlands zu lernen - und der Neuen Rechten "die Stirn zu bieten".
Nachkommen und Verwandte der deutschen Widerstandskämpfer in der NS-Zeit haben zum Schutz der Demokratie gegen den Rechtsextremismus aufgerufen. "Es waren unsere Eltern, Großeltern und Urgroßeltern, die sich dem NS-Unrecht damals als Widerstandskämpfer entgegengestellt haben", heißt es in einem Appell, den die Zeitungen der Funke Mediengruppe im Wortlaut veröffentlichten.
"Deshalb melden wir uns als Angehörige und Nachkommen heute zu Wort und fordern alle Mitbürger dazu auf, der Neuen Rechten in unserem Land und europaweit die Stirn zu bieten." Alle sollten sich dafür verantwortlich fühlen, die liberale und rechtsstaatliche Demokratie zu bewahren und zu verteidigen.
"Wir haben schon einmal erlebt, wohin das führen kann"
Das Schreiben mit dem Titel "Aus der Geschichte lernen, die Demokratie stärken!" wurde von mehr als 280 Frauen und Männern unterzeichnet, unter anderem den Nachfahren von Dietrich Bonhoeffer, Claus Schenk Graf von Stauffenberg und Carl Friedrich Goerdeler.
Sie schreiben, dass Populisten und Feinde der Demokratie in vielen Ländern an Zustimmung gewännen. "Sie schüren Ängste: vor sozialem Abstieg, vor Fremden, vor allem Neuen. Sie schüren Misstrauen und Hass: auf die Medien, auf die Regierung, auf 'Eliten', auf Minderheiten, auf alle, die 'anders' sind." In Krisenzeiten seien Menschen für solche Botschaften besonders empfänglich. "Wir haben in Deutschland schon einmal erlebt, wohin das führen kann."
Wörtlich heißt es in dem Appell: "Wenn selbst Bundestagsabgeordnete von millionenfacher 'Remigration' sprechen, wenn rechtsextreme Parteien in mehreren Bundesländern die Umfragen anführen und demokratische Parteien hilflos zwischen Anbiederung, abgrenzender Arroganz und Verbotsfantasien schwanken, dann müssen bei allen Anhängern der offenen Gesellschaft die Alarmglocken schrillen."
Demos ermutigendes Zeichen - doch es brauche mehr
Demokratische Strukturen und Institutionen könnten zusammenbrechen, wenn die Bürger nicht hinter ihnen stünden. Notwendig sei deswegen ein stärkeres Engagement der Demokratinnen und Demokraten. Die Massendemonstrationen gegen Rechtsextremismus der vergangenen Wochen bezeichnen sie als ermutigendes Zeichen. "Aber Demonstrationen allein reichen nicht aus."
Noch wichtiger sei es, wählen zu gehen. "Bei der Europawahl am 9. Juni steht aufgrund zu niedriger Beteiligung zu befürchten, dass vor allem rechte Parteien zu den Gewinnern in Europa zählen könnten", schreiben sie. Auch die Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen dürften nicht zugunsten der AfD ausgehen. Neben der Stimme bei der Wahl sei auch die Debatte mit Freunden, Bekannten, Kollegen und in den Medien gefragt. "Lasst uns aus der Geschichte lernen und die Demokratie stärken!"