Propalästinensische Proteste an Unis Buschmann ruft zu sachlicher Auseinandersetzung auf
Propalästinensische Proteste gibt es seit Wochen auch an deutschen Hochschulen. In Berlin wurden nun Teile der Humboldt-Uni von der Polizei geräumt. Justizminister Buschmann kritisierte die Proteste und nahm die Dozenten in die Pflicht.
Angesichts der propalästinensischen Proteste an deutschen Universitäten hat Bundesjustizminister Marco Buschmann zu einer Auseinandersetzung mit Argumenten aufgerufen und die Dozenten in die Pflicht genommen. "Es darf keine Bedrohung, keine Beleidigung, keine Billigung von Straftaten stattfinden", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Ich persönlich würde mir wünschen, dass Dozenten ihre Studenten dazu ermutigen, Argumente vorzutragen. Gerade an Universitäten sollte das stärkere Argument zählen - und nicht das lautere Geschrei."
Deutschland habe eine besondere Verantwortung gegenüber Israel, unterstrich der Justizminister. Für das Leid im Gazastreifen trage die palästinensische Terrororganisation Hamas die Verantwortung. Selbstverständlich könne sich auf die Meinungsfreiheit auch berufen, wer mit dieser Haltung nicht einverstanden sei. "Die Grenze ist dort erreicht, wo Gewalt ausgeübt oder zu ihr aufgestachelt wird, wo Persönlichkeitsrechte verletzt oder Kennzeichen terroristischer Organisationen verwendet werden", sagte Buschmann.
Er empfinde manche Begleiterscheinungen der Proteste an den Universitäten besonders schmerzhaft, sagte der FDP-Politiker. "Denn dort sollen junge Menschen Konflikte austragen - und zwar mit rational überprüfbaren Argumenten. Nicht, indem andere niedergebrüllt oder mit der Faust bedroht werden."
Humboldt-Universität geräumt
Immer wieder gibt es an deutschen Universitäten Proteste gegen das Vorgehen Israels im Gaza-Krieg und Aktionen von Studierenden für die Solidarität mit den Palästinensern. Am Donnerstag hatte die Polizei die Besetzung von Teilen der Berliner Humboldt-Universität (HU) durch rund 150 propalästinensische Aktivisten beendet und die Hochschule geräumt.
Dort waren am Mittwoch den Angaben zufolge rund 320 Personen zu einer nicht angezeigten Kundgebung zusammengekommen. Anschließend besetzten einige Aktivisten Räume der Hochschule.
Teilnehmer der Gruppe namens "Student Coalition Berlin" warfen Israel in einer Mitteilung "Völkermord" und "laufende Massenmorde" vor. Es gehe um die "bedingungslose Solidarität mit dem palästinensischen Volk". Von Berliner Hochschulen forderten sie unter anderem, dass diese sich für einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand einsetzen und Druck auf die deutsche Regierung ausüben. Diese solle ein Waffenembargo gegen Israel verhängen und alle militärischen, finanziellen und diplomatischen Hilfen an Israel beenden.
Verbotene Symbole und Parolen
Laut Polizei zeigten einige Aktivisten unter anderem Symbole verbotener Organisationen und skandierten verbotene Parolen. So waren laut Nachrichtenagenturen Rufe wie "Intifada Revolution, there is only one solution" oder "From the River to the Sea, Palestine will be free" zu hören - eine Parole, die als ein Aufruf zur Auslöschung Israels verstanden wird.
In Verbindung mit der Protestaktion leitete die Berliner Polizei nach eigenen Angaben 25 Strafermittlungsverfahren ein. 169 Menschen seien zudem am Donnerstagabend kurzzeitig festgenommen worden, um deren Identität festzustellen, sagte eine Sprecherin. Sechs weitere "freiheitsbeschränkende Maßnahmen" habe es bei einer anschließenden Kundgebung gegeben sowie sechs weitere Anzeigen.
HU-Präsidentin für Dialog
Die Universitätsleitung hatte die Proteste zunächst geduldet. Die Räumung erfolgte nach Angaben von HU-Präsidentin Julia von Blumenthal in Rücksprache mit dem Berliner Senat. Zuvor hatte sie am Nachmittag noch Gespräche mit den Demonstranten geführt. Im rbb verteidigte sie die Duldung der Proteste. "Wir waren (...) in der Situation dort in einem Dialog, und aus unserer Sicht hätten wir noch etwas Zeit gebraucht, um zu sehen, ob wir selbst diesen Dialog zu einem Ergebnis führen können oder nicht. (...) so mussten wir den Dialogversuch abbrechen." Über den Zeitpunkt für den Polizeieinsatz sei schließlich "von oben" entschieden worden.
Die propalästinensischen Protestbewegungen an Universitäten im Zusammenhang mit dem Krieg in Nahost breiten sich international aus. Besonders an den Hochschulen in den USA war es zuletzt zu Auseinandersetzungen von Demonstranten und Gegendemonstranten sowie mit der Polizei gekommen.
In Deutschland war bereits vor wenigen Wochen eine Besetzung an der Freien Universität Berlin von der Polizei aufgelöst worden. Protestcamps und Besetzungen von Räumen gab es auch an anderen Universitäten etwa in Frankfurt am Main, Bremen oder Leipzig.
Justizminister Buschmann verteidigte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe Polizeieinsätze in diesem Zusammenhang. "Universitäten sind besondere Orte - aber sie stehen nicht außerhalb des Rechts. Demonstrationen auf dem Uni-Campus unterliegen den gleichen Regeln wie andere Demonstrationen auch", sagte er. "Deshalb ist es natürlich richtig, wenn die Polizei einschreitet, wenn es zu Rechtsverstößen kommt."