Ansteckende Krankheiten Weniger Kinder werden geimpft
Kinder und Jugendliche werden seltener gegen Keuchhusten, Diphterie und Co. geimpft. Der Trend hat sich laut der DAK in der Coronapandemie verstärkt. Die Krankenkasse und Ärzte warnen vor den Folgen.
Während der Coronapandemie sind in Deutschland deutlich weniger Kinder und Jugendliche gegen andere ansteckende Krankheiten geimpft worden. Im vergangenen Jahr sank der Anteil der Kinder, die wenigstens eine Schutzimpfung erhielten, im Vergleich zu 2019 um elf Prozent, wie die Krankenkasse DAK in Hamburg mitteilte.
Hochgerechnet auf die Bevölkerung wurden damit rund 680.000 weniger Mädchen und Jungen geimpft. Bei der Vierfachimpfung gegen Diphtherie, Keuchhusten, Tetanus und Kinderlähmung ging die Quote der Gesamtimpfungen um 23 Prozent zurück. Damit wurden 2021 rund 166.000 weniger Kinder und Jugendliche geimpft.
Rückgang bei Dreifachimpfung durch Vierfachimpfung ausgeglichen
Gegen Meningokokken C, die eine Hirnhautentzündung oder Blutvergiftung (Sepsis) verursachen können, wurden 200.000 oder 19 Prozent weniger Kinder und Jugendliche geimpft als im Jahr vor der Pandemie. Auch bei HPV-Impfungen zur Krebsvorsorge sanken die Impfzahlen um 13 Prozent, bei der Impfung gegen Pneumokokken um neun Prozent.
Bei der Dreifachimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln ging die Impfquote im vergangenen Jahr ebenfalls um 18 Prozent zurück. Gleichzeitig stieg allerdings die Vierfachimpfung gegen Masern, Mumps, Röteln und zusätzlich Windpocken um 18 Prozent, so dass der Rückgang ausgeglichen wurde. Dies führen Kinder- und Jugendärzte auf die Masernimpfpflicht zurück.
Auch die Zahl der Arztbesuche nahm der Analyse zufolge um vier Prozent ab. Bundesweit gingen hochgerechnet rund 1,3 Millionen weniger Mädchen und Jungen in die Praxen als vor der Pandemie.
Erst-, Zweit-, Dritt- und Auffrischungsimpfungen | Anteil DAK-Versicherte +/- | |
---|---|---|
Diphtherie, Keuchhusten, Tetanus, Kinderlähmung | - 23 Prozent | |
Meningokokken C | - 19 Prozent | |
Humane Papillomviren (HPV) | - 13 Prozent | |
Pneumokokken | - 9 Prozent | |
Masern-Mumps-Röteln | - 18 Prozent | |
Masern-Mumps-Röteln-Windpocken | + 18 Prozent | |
Quelle: DAK-Kinder- und Jugendreport 2022 |
Bedrohung durch "fast ausgerottete Krankheiten"
Für die Analyse ließ die Kasse ambulante Behandlungsdaten von allen DAK-versicherten Kindern und Jugendlichen aus dem Jahr 2021 untersuchen und mit Zahlen aus dem Vor-Pandemie-Jahr 2019 vergleichen. DAK-Vorstandschef Andreas Storm und der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte, der die Analyse-Ergebnisse bestätigte, warnten vor den Folgen. "Wir müssen die Impflücken jetzt schließen", sagte Verbands-Präsident Thomas Fischbach.
"Wir beobachten schon länger einen Rückgang der Impfquoten bei Kindern und Jugendlichen. In der Coronapandemie hat sich dieser negative Trend verstärkt", sagte Storm. Es gebe jetzt "akuten Handlungsbedarf", andernfalls werde die Gesundheit vieler junger Menschen "plötzlich wieder durch Krankheiten bedroht, die als fast ausgerottet galten". Storm forderte eine Aufklärungskampagne.