Europäischer Vergleich Deutschland beim Verpackungsmüll ganz vorn
227,55 Kilogramm pro Kopf - so viel Verpackungsmüll hat im Jahr 2019 jeder Bürger in Deutschland verursacht. Das sind 50 Kilogramm mehr als der europäische Mittelwert. Ohne Gesetz gelingt keine Besserung, meinen Umweltschützer und -amt.
Noch schnell einen Cappuccino für unterwegs, das Sushi für den Abend und, ach ja, das Paket ist auch gekommen - eine ganze Menge Müll kommt da bei Einweg-to-go zusammen. Jeder Deutsche hat 2019 statistisch gesehen einen Rekordwert von 227,55 Kilogramm Verpackungsmüll verursacht. Damit liege Deutschland 50 Kilogramm über dem europäischen Mittelwert beim Pro-Kopf-Verbrauch von 177,38 Kilogramm, erklärte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) unter Berufung auf Zahlen des Umweltbundesamtes.
Die Gesamtmenge an Verpackungsmüll von 18,91 Millionen Tonnen in 2019 stelle einen europäischen Spitzenplatz dar. Gegenüber dem Jahr zuvor nahm die Menge laut Umwelthilfe um nochmals 47.000 Tonnen oder 0,2 Prozent Abfall zu - gegenüber dem Jahr 2010 waren es gar 18,1 Prozent.
Befeuert werde der Trend zu immer mehr Verpackungen durch Einweg-to-go-Produkte, den wachsenden Onlinehandel und immer kleinere Verpackungsgrößen, erklärte die Umwelthilfe.
Appell an Ampel-Parteien
Sie forderte die Ampel-Parteien auf, schnellstmöglich gegenzusteuern. Hierfür seien die Einführung eines Abfallvermeidungsziels, die Umsetzung der Mehrwegquote für Getränkeverpackungen von 70 Prozent und die Umlage der Plastiksteuer auf die verantwortlichen Unternehmen notwendig.
"Es führt kein Weg mehr an einem gesetzlich festgeschriebenen Vermeidungsziel vorbei", forderte die DUH. "Wenn Unternehmen nicht zur Vermeidung von Abfällen verpflichtet werden, dann tun sie es auch nicht", sagte die stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Bis 2025 müsse Deutschland den Verpackungsmüll halbieren. Dabei sieht die Organisation vor allem Handel und Supermärkte in der Pflicht, denn nur so könnten sich Kundinnen und Kunden umweltfreundlich verhalten.
Forderung nach deutlich mehr Mehrwegangeboten
Auch das Umweltbundesamt UBA appellierte an Unternehmen, "ihre Verpackungen zu überprüfen und systematisch ökologisch zu optimieren". Das schließe auch deren Recyclingfähigkeit mit ein. Zudem müssten deutlich mehr Mehrwegangebote eingeführt werden, neben Getränkeverpackungen auch in Bereichen wie dem Versandhandel und dem Verzehr to go.
Laut UBA lag der Mehrweganteil für Getränkeverpackungen mit zuletzt 41,8 Prozent im Jahr 2019 deutlich unter dem gesetzlich vorgesehenen Ziel von 70 Prozent. "Dieses Ziel kann ohne die Einführung zusätzlicher Maßnahmen offenbar nicht erreicht werden", lautet auch das Fazit dieser Behörde.
In 2020 mehr Verpackungsmüll verwertet
Das UBA gab allerdings auch bekannt, dass im Jahr 2020 - und damit ein Jahr nach der hier beschriebenen Statistik - der Verpackungsmüll privater Verbraucher in größerem Umfang verwertet wurde. "50,5 Prozent der in gelben Tonnen und Säcken gesammelten Abfälle ... wurden im vergangenen Jahr dem Recycling zugeführt", teilte das Amt mit. Das Verpackungsgesetz verlange 50 Prozent.
Auch bei anderen Verpackungsmaterialien wurden die gesetzlich festgeschriebenen Quoten 2020 eingehalten. So seien 93 Prozent der bei den dualen Systemen beteiligten Eisenmetallverpackungen ins Recycling gegangen. Kunststoffverpackungen wurden zu etwa 60 Prozent werkstofflich verwertet. "Dem Märchen, es werde sowieso alles verbrannt, was in gelber Tonne oder gelbem Sack lande, kann ich in aller Deutlichkeit widersprechen", sagte Lilian Busse, Präsidentin des Umweltbundesamtes.