Urteil zu Google-Suche Recht auf Löschung nur im Einzelfall
Dürfen Menschen, über die negativ berichtet wurde, Links auf solche Artikel aus Suchmaschinen löschen lassen? Mit dieser Frage musste sich der Bundesgerichtshof befassen - und antwortete mit einem "Jein".
Über das Recht auf Vergessenwerden im Internet wird schon seit Jahren gestritten. Mit Spannung wurde deshalb auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs gewartet, der sich mit zwei Klagen gegen den US-Suchmaschinen-Betreiber Google befassen musste. Die beiden Kläger waren in der Vergangenheit wegen ihrer geschäftlichen Tätigkeit Gegenstand negativer Berichterstattung geworden und wollten, dass die Artikel nicht mehr in der Trefferliste der Suchmaschine auftauchen.
Die Bundesrichter erklärten: Es kommt auf den Einzelfall an, ob Suchmaschinen auf bestimmte Internetseiten verweisen dürfen. Im ersten Fall gaben sie Google recht, den zweiten Fall reichten sie an das oberste EU-Gericht, den Europäischen Gerichtshof (EuGH), weiter.
Die Privatsphäre geht nicht immer vor
Bei einem Kläger aus Hessen, der wollte, dass Google nicht mehr zu bestimmten Presseartikeln verlinkt, entschied Deutschlands oberstes Zivilgericht: Nein, die Artikel dürfen im Suchergebnis aufgelistet werden. Der Mann war Geschäftsführer eines regionalen Arbeiter-Samariterbundes gewesen. 2011 hatte die "Frankfurter Rundschau" online darüber berichtet, dass sein Verband verschuldet sei und dass er sich kurz vorher krankgemeldet habe.
Die Bundesrichter wägten ab: Einerseits werde hier zwar über etwas ziemlich Privates berichtet, nämlich über den Gesundheitszustand des Klägers. Andererseits seien die Angaben aber sehr allgemein gewesen. Und ganz wichtig: Die Artikel hätten sich mit den Schulden eines Wohlfahrtsverbandes beschäftigt. Das sei eine für die Öffentlichkeit wichtige Frage gewesen. Noch sei nicht so viel Zeit vergangen, dass die Sache aus Rücksicht auf die Privatsphäre des Mannes gesperrt werden müsste. Hierbei handelt es sich also um eine entscheidende Klarstellung des BGH: Die Privatsphäre geht nicht immer vor. Die Interessen von allen Seiten müssen abgewogen werden.
Streit über Wahrheitsgehalt von Berichten
Im zweiten Fall hatten deutsche Unternehmer geklagt, über die auf der Webseite eines US-Unternehmens mehrere kritische Artikel erschienen waren - und zwar mit Fotos der betroffenen Personen. Im Gegensatz zum ersten Fall besteht hier Streit über den Wahrheitsgehalt der Berichte. Deshalb legten die deutschen Richter die Sache dem EuGH vor. Der muss nun entscheiden, wie sich Suchmaschinen verhalten sollen, wenn nicht klar ist, ob die Informationen überhaupt stimmen und wann und wie die Suchmaschine Bilder der Betroffenen zeigen darf.
(Az. VI ZR 405/18 und VI ZR 476/18)
Mit Informationen von Gigi Deppe, ARD-Rechtsredaktion