Konsequenz aus Plagiatsaffäre Minister Guttenberg erklärt seinen Rücktritt
Zwei Wochen nach den ersten Plagiatsvorwürfen wegen seiner Doktorarbeit ist Verteidigungsminister zu Guttenberg von allen politischen Ämtern zurückgetreten. "Das ist der schmerzlichste Schritt meines Lebens", sagte der 39-jährige CSU-Politiker. "Überfällig" nannte die SPD den Rücktritt, in Bayern äußerte man sich "geschockt". Die Nachfolgedebatte beginnt bereits.
Knapp zwei Wochen nach Beginn der Plagiatsaffäre hat Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) seinen Rücktritt von allen politischen Ämtern bekanntgegeben. Er wolle damit "politischen Schaden" abwenden, sagte Guttenberg in Berlin. "Wenn es auf dem Rücken der Soldaten nur noch um meine Person gehen soll, kann ich dies nicht mehr verantworten." Vor Journalisten im Verteidigungsministerium sprach er vom "schmerzlichsten Schritt" seines Lebens.
Außer dem Amt des Verteidigungsministers war zu Guttenberg Kreisrat im Kreistag Kulmbach und Beisitzer im CSU-Präsidium. Sein Mandat als Bundestagsabgeordneter ist zunächst von dem Rücktritt von allen Ämtern nicht betroffen, da es sich um kein Amt handelt. In diesem Zusammenhang sagte der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer, es werde noch darüber zu reden sein, wie Guttenbergs angekündigter Rückzug "von allen politischen Ämtern" zu definieren sei. Er werde "persönlich alles dafür tun, damit Guttenberg der deutschen Politik und auch der Christlich-Sozialen Union erhalten bleibt".
Von der Rücktrittserklärung zu Guttenbergs konnten wir Ihnen leider keine Live-Bilder zeigen. Der Grund: Bei dem Statement des bisherigen Bundesverteidigungsministers waren keine Live-Kameras zugelassen. Deshalb konnten die Bilder erst anhand des aufgezeichneten Materials gesendet werden.
Zu Guttenberg sagte zur weiteren Begründung seiner Entscheidung, er ziehe die Konsequenz, die er auch von anderen verlangt habe. Er stehe zu seinen Schwächen und Fehlern. Zudem kündigte er an, sich schnell den staatsanwaltlichen Ermittlungen zu den Plagiatsvorwürfen stellen zu wollen. Er habe Respekt vor all jenen, die die Vorgänge strafrechtlich überprüft sehen wollen. "Es würde daher nach meiner Überzeugung im öffentlichen wie in meinem eigenen Interesse liegen, wenn auch die staatsanwaltlichen Ermittlungen etwa bezüglich urheberrechtlicher Fragen nach Aufhebung der parlamentarischen Immunität, sollte dies noch erforderlich sein, zeitnah geführt werden können."
Dass er nicht schon früher zurücktrat, begründete er damit, dass er zuerst die getöteten Soldaten in Würde habe zu Grabe tragen wollen. Das sei eine Frage des Anstands. Er machte auch deutlich, dass er sich mit seinem Rücktritt schwer getan habe. Man gebe nicht leicht ein Amt auf, "an dem das Herzblut hängt".
Es sei ihm nicht mehr möglich, den in ihn "gesetzten Erwartungen gerecht zu werden", sagte der Minister weiter. Er sei immer bereit gewesen, zu kämpfen. "Ich habe aber nun die Grenzen meiner Kräfte erreicht."
Merkel vorab informiert
Zuvor hatte der CSU-Politiker sein Rücktrittsgesuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel eingereicht. Auch das Bundespräsidialamt war über Guttenbergs Schritt bereits vorab informiert worden.
Wegen der Affäre um seine in großen Teilen wohl abgeschriebene Doktorarbeit waren in den vergangenen Tagen die Rücktrittsforderungen an Guttenberg immer lauter geworden. Ein Sturm der Entrüstung kam aus der Wissenschaft, doch auch Opposition und zuletzt auch aus den eigenen Reihen wurde die Kritik am Verteidigungsminister immer lauter. Auch Kanzlerin Merkel stand zunehmend in der Kritik, weil sie sich wiederholt schützend vor ihren Minister gestellt hatte.
CSU-Mann Söder: "geschockt"
Während die Kanzlerin den Rücktritt Guttenbergs zunächst nicht kommentieren wollte, äußerten sich andere Politiker aus Union und von der Opposition. "Wir sind echt geschockt", sagte der bayerische Umweltminister Markus Söder (CSU). Es tue ihm persönlich "sehr leid".
FDP-Frau Hoff: "überrascht"
Überrascht reagierte die FDP-Wehrexpertin Elke Hoff. Sie habe jedoch vollstes Verständnis für diesen Schritt, sagte sie der "Rhein-Zeitung". An ein Ende des Politikers Guttenberg glaubt Hoff indes nicht: "Karl-Theodor zu Guttenberg wird eine politische Zukunft haben - allerdings wird dies noch einige Zeit brauchen."
Respekt zollte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) seinem Kabinettskollegen. Den Rücktritt habe er "mit Bedauern" zur Kenntnis genommen. Von einer konsequenten Entscheidung sprach Außenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle. Nach den Vertretungsregeln der Bundesregierung übernimmt er den Geschäftsbereich Verteidigung nun zeitweilig mit.
Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) wertete den Rücktritt Guttenbergs als "folgerichtige und respektable Entscheidung". Das sah die Chefin der Linkspartei, Gesine Lötzsch, ähnlich. "Der Rücktritt war die einzige richtige Entscheidung. Alles andere hätte den Wissenschaftsstandort Deutschland weiter beschädigt", sagte sie der "tageszeitung".
SPD und Grüne: "Blamage für Merkel"
Überfällig und unausweichlich war der Rücktritt Guttenbergs nach Ansicht des Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD im Bundestag, Thomas Oppermann. "Minister Guttenberg hat endlich die Konsequenzen gezogen", sagte er. Für Merkel komme dieser Rücktritt allerdings zu spät: "Sie hat sich kräftig blamiert, ihre Glaubwürdigkeit ist beschädigt, sie hat dem Ruf der Politik Schaden zugefügt."
Das sehen die Grünen genauso. Sie sprechen von einer "Riesenblamage" für Merkel. Die Kanzlerin habe bis zuletzt geglaubt, "sich durch diese peinliche Affäre lavieren zu können", erklärten die Fraktionschefs der Grünen, Renate Künast und Jürgen Trittin.
Und wer folgt Guttenberg im Amt des Verteidigungsministers? Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wohl nicht. Zumindest sagte er das der "Rheinischen Post". "Das mute ich meiner Familie nicht zu", antwortete Ramsauer auf die entsprechende Frage. Seine Familie habe ihn dringend gebeten, unter keinen Umständen eine derartige drastische Erschwerung der Lebensumstände hinzunehmen. CSU-Chef Seehofer machte inzwischen klar, dass das CSU-Präsidium möglicherweise am Freitag entscheiden wolle, wer Guttenberg nachfolgen solle.
Zum Rücktritt von Verteidigungsminister zu Guttenberg sendet das Erste um 20.15 Uhr einen Brennpunkt.