Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, steht vor seinem Gespräch mit dem Minister für Handel und Industrie von Katar in einem Besprechungsraum.
Analyse

Habeck am Golf Überbleibsel einer "wertorientierten Außenpolitik"

Stand: 21.03.2022 13:06 Uhr

Lange haben grüne Politiker mit Blick auf autoritäre Staaten auf eine "wertorientierte Außenpolitik" gepocht. Auf der Suche nach neuen Energiepartnern stößt nun Wirtschaftsminister Habeck damit an Grenzen.

Eine Analyse von Martin Durm, SWR

Ausdrücklich hatte die deutsche Botschaft in Abu Dhabi um ein Treffen mit dem Kronprinzen gebeten, immerhin ist Robert Habeck Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland. Aber daraus wurde nichts. Mohammed bin Zayed, der de facto Herrscher der Vereinigten Arabischen Emirate, hat Wichtigeres zu tun. Am vergangenen Wochenende etwa ließ er für Syriens Machthaber Baschar al-Assad in Abu Dhabi den roten Teppich ausrollen. Assad, jahrelang als Kriegsverbrecher und Massenmörder geächtet, wurde vom Kronprinzen umarmt. Die Reise nach Abu Dhabi sollte beweisen: Er wird wieder in den Kreis der arabischen Brüder aufgenommen.

Assads politisches Comeback in der arabischen Welt, Habecks Bemühungen, eben dort "neue Energiepartnerschaften" zu schließen - das ist, wie Diplomaten sagen würden, "die Lage". Dabei hatte kurz vor der Abreise des grünen Wirtschaftsministers an den arabischen Golf die grüne  Außenministerin Annalena Baerbock noch einmal erklärt: "Wir dürfen uns nicht in vollständige wirtschaftliche Abhängigkeiten von anderen, gerade nicht autoritären, Ländern begeben, sondern müssen als liberale Demokratie auch die Sicherheit unserer Bürger schützen können."

Weg von Russland - ran an die arabische Welt

"Wertorientierte Außenpolitik", dafür haben vor allem die grünen Koalitionspartner immer und immer wieder plädiert. Nun aber, angesichts des Krieges in der Ukraine und der momentan alternativlosen Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas, stößt die "wertorientierte Außenpolitik" grüner Regierungspolitiker an ihre Grenzen. Um sich von Wladimir Putin zu lösen, bleibt einem Habeck nichts anderes übrig als die Bindung an andere Potentaten. Das ist Habecks Erfahrung in der arabischen Welt. 

Sie muss bitter sein, aber das kann er nicht offen sagen. Stattdessen benutzt er die Floskeln, die vor ihm schon so viele andere deutsche Spitzenpolitiker nutzten, egal ob in China, in Russland oder im Nahen Osten: "In allen Gesprächen habe ich das Thema Menschenrechte angesprochen und die Ermutigung, da weiter zu machen und voran zu gehen, ist durchaus offen angenommen worden."

Die andere Außenpolitik

Die Kronprinzen und Monarchen auf der arabischen Halbinsel hören sich die Ermutigungen westlicher Minister zwar gerne an und nicken sie ab. Doch im Grunde nehmen sie einen wie Habeck als Handlungsreisenden wahr - als Bittsteller, der kurzfristig nichts nötiger braucht als Flüssigerdgas aus Katar und langfristig grünen Wasserstoff aus den Emiraten.

Abseits der Geschäfte betreiben der Emir von Katar und der Kronprinz der Emirate ihre eigene Außenpolitik. Ihr politisches Weltbild hat wenig bis nichts mit westlichen Prinzipien oder Doktrinen zu tun. Der neue Energiepartner Katar blendet Besucher zwar mit hochmodernen Hochhaus-Fassaden. Doch dahinter steht ein streng konservatives System.

Katar sponsert seit mehr als einem Jahrzehnt islamistische Bewegungen wie die Muslimbrüder und unterstützt die Hamas. Die Vereinigten Arabischen Emirate wiederum sind Kriegspartei im Jemen und setzen alles daran, ihren politischen Einfluss in der Region durch militärische Stärke zu untermauern. Die verzweifelte Suche nach künftigen Energiepartnern hat Habeck zu lupenreinen Autokraten geführt.

Martin Durm, Martin Durm, SWR, 21.03.2022 12:23 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 21. März 2022 um 12:00 Uhr.