Parteitag in Wiesbaden Grüne wählen Habeck zum Spitzenkandidaten
Beim letzten Mal musste er noch Annalena Baerbock den Vortritt lassen, nun wird er das Gesicht der Grünen im Wahlkampf: Robert Habeck. Auf dem Parteitag in Wiesbaden wurde er mit mehr als 96 Prozent zum Spitzenkandidaten gekürt.
Mit mehr als 96 Prozent der Stimmen ist Robert Habeck zum Grünen-Spitzenkandidaten für die vorgezogene Bundestagswahl im kommenden Jahr gewählt worden. Auf dem Parteitag in Wiesbaden votierten 741 der 768 Delegierten für den bisherigen Vize-Kanzler und Wirtschaftsminister. 20 Mitglieder stimmten gegen ihn, sieben enthielten sich.
Habeck spricht vom Kanzleramt
Zuvor hatte Habeck zu den Delegierten gesprochen und um Zustimmung geworben. "Ich bewerbe mich mit dieser Rede dafür, euch im Wahlkampf anführen zu dürfen", sagte Habeck. Er wolle Verantwortung übernehmen "für die Menschen in Deutschland". Zudem fügte er hinzu: "Und wenn es uns ganz weit trägt, dann auch ins Kanzleramt."
Zu den Problemen, die er in den Mittelpunkt stellen wolle, gehörten die niedrige Erwerbsquote von Müttern und die angeblich noch zu restriktiven Regeln für ein Bleiberecht arbeitswilliger abgelehnter Asylbewerber. Der Bund müsse künftig mehr Möglichkeiten bekommen, um die Länder in der Bildungspolitik finanziell zu unterstützen.
Warnung vor neuer Regierung aus Union und SPD
Für die Zeit nach der Bundestagswahl warnte er vor einer Rückkehr zu einer Regierung aus Union und SPD. Die Große Koalition sei der "Grund für die Liebesaffäre mit dem Status quo. Sie ist der Grund für den Stillstand." So habe die Energiepolitik der Großen Koalition unter Bundeskanzlerin Angela Merkel das Land in eine Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen geführt. "Das ist die Ursache der Wirtschaftskrise der letzten Jahre", sagt Habeck. Schwarz-Rot habe Deutschland "wissentlich und willentlich in diese Abhängigkeit getrieben".
In der etwa einstündigen Rede räumte Habeck ein, zuletzt auch über einen Rückzug aus der Politik nachgedacht zu haben. Für die Niederlagen der Grünen etwa bei den Wahlen in Ostdeutschland sei auch seine Performance und die der Grünen in der Bundesregierung verantwortlich gewesen. "Ich weiß, dass auch ich Vertrauen verloren habe." Seine Antwort sei aber, "jetzt nicht zu kneifen, aus den Rückzugsgedanken keine Resignation werden zu lassen".
Baerbock wirbt für Habeck
Unterstützung bekommt Habeck von Annalena Baerbock. 2021 hatte sie sich im Kampf um die Kanzlerkandidatur der Grünen durchgesetzt. Die Partei schnitt dann deutlich schlechter ab als zwischenzeitlich angesichts starker Umfragewerte erhofft. Nun sagte sie auf dem Parteitag: "Lieber Robert, ich will genau das: Dich als Kanzler."
Als Wirtschaftsminister habe er in Krisenzeiten Kurs gehalten und Deutschland aus der Abhängigkeit vom Energielieferanten Russland befreit. Habeck sei bereit, "gerade wenn es schwierig wird, voranzugehen, ja: zu führen" - und zwar "nicht wie andere einsam vorneweg", sondern "im Team", hob Baerbock hervor. Für den Wahlkampf sagte sie ihm ihre Unterstützung zu.
Annalena Baerbock will Robert Habeck im Wahlkampf untersützen.
Niedriges Niveau in Umfragen
In Umfragen liegen die Grünen derzeit hinter dem Ergebnis der Bundestagswahl von 2021. Im ARD-Deutschlandtrend kam die Partei zuletzt auf zwölf Prozent und damit auf den vierten Platz nach CDU/CSU, AfD und SPD.